Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 96/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht - Tarifierung: Einreihung von Waschbecken und Badewannen aus Mineralguss

 

Leitsatz (amtlich)

Waschtische und Waschbecken aus einem im Mineralgussverfahren hergestellten Verbundstoff aus ca. 45-50 GHT Kunststoffharzen (Acrylpolymere) und ca. 50-55 GHT mineralischen Stoffen (Kalziumkarbonat) werden nach der AV 3 b) KN nach dem Bestandteil eingereiht, der der Ware ihren wesentlichen Charakter verleiht. Dies ist bei den in Rede stehenden Waren der Kunststoff, weil er maßgeblich für die Formgebung und die Wareneigenschaften verantwortlich ist.

 

Normenkette

KN Position 6810; KN Position 3922; KN AV 3 b

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einreihung von Badewannen und Waschbecken aus Mineralguss.

Die Klägerin meldete am 30. Oktober 2014 "Badewannen und Waschbecken aus Kunststein, sog. Mineralguss" unter der Unterposition 6810 9900 KN (Drittlandszoll 1,7%) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Anmeldungsgemäß setzte der Beklagte zunächst mit Einfuhrabgabenbescheid XXX-1 vom selben Tag nicht abschließend ... € Zoll fest.

Bei einer stichprobenweisen Beschaffenheitsbeschau inspizierte der Beklagte einen runden Waschtisch (Art.-Nr. Y-1), ein Waschbecken (Art. Nr. Y-2) und eine Badewanne (Art.-Nr. Y-3). Da die Badewanne aus dem gleichen Material besteht wie die beiden anderen Waren, wurde von einer Untersuchung abgesehen.

Das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) ... stellte am 12. November 2014 folgende Wareneigenschaften fest: Waschtisch und Waschbecken bestehen aus einem im Mineralgussverfahren hergestellten Verbundstoff aus ca. 45-50 GHT Kunststoffharzen (Acrylpolymere) und ca. 50-55 GHT mineralischen Stoffen (Kalziumkarbonat). Beide Waren haben einen matt-weißen Kunststoffüberzug. In den Waschtisch ist eine Ablaufgarnitur aus Metall integriert. Das BWZ meint, dass die Waren erst durch den Gussvorgang ihre endgültige Form erhielten. Durch den Kunststoffanteil erhalte das Material nicht nur die für diesen Prozess notwendige thermische Verformbarkeit, sondern nach der Aushärtung des Kunststoffes auch die Festigkeit und Stabilität. Daher sei der Kunststoff für die Waren charakterbestimmend. Sie seien daher als "Waschbecken aus Kunststoffen" in die Unterposition 3922 1000 KN (Drittlandszoll 6,5 %) einzureihen.

Auf dieser Grundlage setzte der Beklagte mit Einfuhrabgabenbescheid XXX-2 vom 8. Dezember 2014 abschließend ... € Zoll fest.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2015 legte die Klägerin Einspruch ein, den sie wie folgt begründete: Unter Anwendung der AV 3 a) KN müsse die Ware in die Position 6810 KN eingereiht werden, da der Wortlaut dieser Position genauer sei als die Position 3926 KN. Außerdem seien die Waschbecken nach der AV 3 b) KN ebenfalls in die Position 6810 KN einzureihen, da die mineralischen Stoffe im Hinblick auf die besondere Erscheinung und die spezifischen "Verwendungseigenschaften" der Waschbecken charakterverleihend seien. Insbesondere sei die "keramikgleiche Erscheinung" der Waschbecken und die Bedeutung der Füllstoffe im Hinblick auf die Wasserspeicherung relevant. Das Material sei bearbeitbar, so dass an einer beliebigen Stelle ein Loch für die Armatur gebohrt werden könne. Außerdem könnten Gebrauchsspuren beseitigt und Verzierungen angebracht werden. Darüber hinaus isoliere das Material sehr gut. Die Wasserspeicherung in den Waschbecken sei nur durch die Füllstoffe möglich, da der Kunststoffanteil wasserdurchlässig sei. Außerdem bestünde das Verbundmaterial zu 2/3 aus mineralischen Stoffen und zu 1/3 aus Kunststoffen, womit mengenmäßig die Füllstoffe überwiegten. Die Kunststoffe dienten lediglich der Formgebung. Die Auffassung des BFH im Urteil VII R 32/12, nach der die Position 6810 KN nicht genauer sei, sei falsch.

Mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2016 (xxx) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Im Mineralgussverfahren werde eine Masse aus mineralischen Füllstoffen und härtbaren Kunstharzen in eine Form gegossen und verdichtet. Das Aushärten des Kunstharzes sei eine chemische Reaktion, bei der aus dem ursprünglich plastisch verformbaren Harz ein harter und unschmelzbarer Kunststoff entstehe.

Die Kunststoffharze seien als Primärform von Kapitel 39 KN erfasst. Die Kunststoffprimärformen dürften andere Stoffe, etwa Weichmacher, Stabilisatoren oder Füllstoffe enthalten, die dazu bestimmt seien, dem Enderzeugnis bestimmte Eigenschaften zu verleihen. Gleiches gelte für aus derartigen Primärformen hergestellte Halb- oder Fertigerzeugnisse. Eine Höchstgrenze für Füllstoffe finde sich in der Erläuterung zu Kapitel 39 KN nicht. Innerhalb des Kapitels 39 KN würden die Waren von der Position 3922 KN erfasst.

Aufgrund ihrer stofflichen Beschaffenheit seien die Waren auch vom Wortlaut der Position 6810 KN erfasst. Das zur Herstellung der Waren verwendete Material erfülle grundsätzlich die Voraussetzungen für Kunststein i. S. d. Position 6810 KN, da e...

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