Revision eingelegt (BFH VII R 26/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuer: Steuerentlastung bei Verwendung von Bunkerdiesel für die Schifffahrt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Steuerentlastung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG erstreckt sich in unionsrechtskonformer Auslegung nur auf den Kraftstoffverbrauch, der im unmittelbaren, untrennbaren, der Sache innewohnenden Zusammenhang mit der Bewegung bzw. Fahrt des Schiffs steht. Dies ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der Verbrauch völlig unabhängig vom Schiffsantrieb entsteht.

2. Die Antragsfrist gemäß § 96 Abs. 2 Satz 3 EnergieStV betreffend im Jahr 2016 verbrauchten Kraftstoff verlängerte sich im vorliegenden Fall der Nachversteuerung im Jahr 2017 gemäß § 96 Abs. 2 Satz 4 EnergieStV auf den 31.12.2018. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass § 96 Abs. 2 Satz 4 EnergieStV mit Wirkung zum 1.1.2018 aufgehoben wurde.

3. Deshalb kann offenbleiben, ob die EuGH-Rechtsprechung zum unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dahingehend zu verstehen sein kann, dass der Antragsfrist des § 96 Abs. 2 Satz 3 EnergieStV keine die Entlastung ausschließende Wirkung mehr zukommen darf.

4. Im Falle der nachträglichen Besteuerung von nachweislich unversteuert bezogener Ware gilt das Energieerzeugnis nicht bereits mit seiner Verwendung als nachweislich versteuert gemäß § 52 Abs. 1 EnergieStG. Entsprechend beginnt der Lauf der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO erst mit der Bekanntgabe der nachträglichen Steuerfestsetzung, § 170 Abs. 1 AO i.V.m. § 155 Abs. 4 AO.

5. Siehe auch die Parallelentscheidung zum Az. 4 K 113/18.

 

Normenkette

EnergieStG §§ 27, 52; EGRichtl 2003/96 Art. 14 Abs. 1 lit. c), Art. 15 Abs. 1 lit. f); AO §§ 155, 169-170

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.10.2021; Aktenzeichen VII R 26/20)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Energiesteuerentlastung betreffend Gasöl, das sie im Streitjahr 2016 für einen Hopperbagger bezogen hat.

Die Klägerin betreibt öffentliche Seehäfen in Deutschland. ...

Der Rechtsstreit betrifft die Verwendung von Dieselkraftstoff für das "MS ..." (im Folgenden MS), einen Hopperbagger, der von der Klägerin im Wesentlichen zu Saugbagger-, Wasserinjektions- und Transportzwecken in den Hafengebieten und den dazugehörigen Zufahrten eingesetzt wird. Das MS verfügt über eine Hauptmaschine für die Manövriertätigkeit des Schiffes und über einen separaten Antrieb für das Arbeiten mit dem Saugbagger. Beide Maschinen werden aus einem Tank mit Bunkerdiesel versorgt. Das MS ist für den Einsatz in Häfen, auf Wasserstraßen oder auf See konzipiert. Bei seinem Betrieb wird mithilfe eines Schleppkopfes das Sediment an der Gewässersohle gelöst, durch eine Saugleitung an Bord gesaugt und im Laderaum transportiert.

Daneben kann das MS auch als Wasserinjektionsgerät eingesetzt werden. Dann wird über einen mit Düsen versehenen Rohrbalken mittels einer Spülwasserpumpe Wasser in die Gewässersohle von Schleusen, Vorhäfen, Liegeplätzen oder Fahrwassern injiziert. Die dadurch wie eine Wolke aufgewirbelten Sedimente werden mit der natürlichen Strömung fortgetragen.

Der Arbeitsbetrieb sowohl beim Schleppkopfbaggern als auch bei der Wasserinjektion ist technisch nur im Fahrbetrieb möglich.

Für den Betrieb des MS bezog die Klägerin im Kalenderjahr 2016 von fünf Lieferanten unversteuert unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) gekennzeichneten Dieselkraftstoff mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/Kilogramm entsprechend der Unterposition 2710 19 43 der Warennomenklatur nach Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256 vom 7. September 1987, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 578/2002 (ABl. L 97 vom 13. April 2002, S. 1) geänderten, am 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden KN). So bebunkerte die Klägerin im Kalenderjahr 2016 für das MS ... Liter Gasöl; davon verwendete sie ... Liter für Baggerarbeiten und ... Liter für die Manövriertätigkeit. Sie verfügte im Streitjahr nicht über eine Einzelerlaubnis zum steuerbefreiten Bezug von Energieerzeugnissen als Verwender gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG.

Nach einer Steueraufsichtsmaßnahme bei der Klägerin setzte der Beklagte mit insgesamt fünf Bescheiden vom 21. Dezember 2017 betreffend fünf verschiedene Lieferanten Energiesteuer in Höhe von ... € gegenüber der Klägerin als Gesamtschuldnerin mit den Lieferanten fest. Zum Registrierkennzeichen XXX-1 setzte der Beklagte für ... Liter Gasöl (bei 15°C) Energiesteuer i.H.v. ... €, zu XXX-2 für ... Liter Gasöl Energiesteuer i.H.v. ... €, zu XXX-3 für ... Liter Gasöl Energiesteuer i.H.v. ... €, zu XXX-4 für ... Liter Gasöl Energiesteuer i.H.v. ... € und zu XXX-5 für ... Liter Gasöl Energiesteuer i.H.v. ... € zu einem Steuersatz von ... € / 1.000 l mit Zahlungsaufforderung auf den 1. Februar 2018 fest. Die Klägerin habe das streitgegenständliche Gasöl mangels des Vorliegens ein...

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