Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundgesetz/Finanzgerichtsordnung: Geltung des deutschen Verfassungs-, Verfahrens- und Steuerrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ebenso wie es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit gibt, besteht neben dem Staat Bundesrepublik Deutschland kein anderer deutscher Staat.

2. Durch einige Unterschriften ergibt sich noch kein Staatsvolk und mangels Staatsgebiet und darauf ausgeübter Staatsgewalt erst recht kein Staat.

3. Die Abgabenordnung verstößt im Hinblick auf den Regelungsvorbehalt in Art. 14 GG nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.

 

Normenkette

AO § 413; FGO §§ 33, 99 Abs. 2; EStG § 1; GewStG §§ 2, 5; GG Präambel; GG Art. 14, 16, 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, Art. 20, 116, 140; UStG §§ 1, 13a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.03.2012; Aktenzeichen X B 143/11)

 

Tatbestand

I.

Gegen die nach Betriebsprüfung ergangenen Bescheide des beklagten Finanzamts (FA) vom 12. Januar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom

10. Dezember 2010 (Finanzgerichts-Akte - FG-A - Bl. 28 ff) wendet der Kläger in erster Linie ein, dass er neben der "Ringvorsorge" dem Staatsvolk und der Weltanschauungsgemeinschaft der "Germaniten" des Staates "Germanitien" angehöre und deshalb die Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie die verfahrens- und steuerrechtlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland bei ihm als exterritorialer Person nicht anzuwenden seien; außerdem schlage sich die Immunität eines Staates in der persönlichen Immunität seiner Diplomaten nieder. Er beziehe sich u. a. auf die Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen (WÜD und WÜK), auf die UN-Resolution 217 A III Menschenrechtserklärung, auf die UN-Resolution 56/83 Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen, auf das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit vom 6. November 1997, auf Art. 9 Reichsverfassung (gemeint möglicherweise Weimarer Reichsverfassung - WRV -), auf das Gesetz der amerikanischen Besatzung (Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force - SHAEF -) Nr. 52, auf Art. 25 und Art. 140 Grundgesetz (GG) sowie auf das Gesetz vom 19. Mai 2004 zu dem Europäischen Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit. Er verweise auf die Urkunde vom 7. Januar 2010 über die Gründung des Volkes der Germaniten durch die Ringvorsorgegemeinschaft, auf die unter dem 25. März 2010 an die Vereinten Nationen gerichtete Mitteilung über die Existenz des Staatsvolks der Germaniten und des Staats Germanitien sowie auf die unter dem 9. April 2010 an die Vereinten Nationen gerichtete Bestätigung der Proklamation Germanitiens (FG-A Bl. 2, 27, 37, 39, 40 f, 43, 45 ff, 58 ff, 63 ff, 66, 68, 69 ff, 84 ff, 88, 89, 90 f, 92, 93, 94 ff).

Davon abgesehen seien die Fachgerichte nicht zuständig, weil es sich um eine Verfassungsstreitigkeit handele, die gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und § 40 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) den ordentlichen Gerichten zugewiesen sei (FG-A Bl. 3)

Im Übrigen sei die Abgabenordnung (AO) wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nichtig und nicht nur teilnichtig. Die AO greife mit ihren §§ 259 bis 336 in das Eigentumsrecht nach Art. 14 GG ein, ohne dass dieses Grundrecht in § 413 AO zitiert werde. Die Nichtigkeit sei durch das Gericht und das FA gemäß Art. 20 Abs. 3, Art. 3 GG und § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beachten. Nach Nichtigkeitserklärung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) erübrige sich eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 GG (FG-A Bl. 3 ff, 6, 8).

Infolge Nichtigkeit der AO seien auch die aufgrund der AO erlassenen angegriffenen Verwaltungsakte nichtig. Im Übrigen seien sie gemäß § 130 AO als rechtswidrig aufzuheben. (FG-A Bl. 7, 62).

II.

Innerhalb der dem Kläger gesetzten Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens hat er dieses am 24. Januar 2011 zur Niederschrift im Hinblick auf die Rangfolge seiner Einwände gegen die Bescheide konkretisiert (FG-A Bl. 27).

Der Senat hat das Klageverfahren mit Beschluss vom 22. Februar 2011 auf den Einzelrichter übertragen (FG-A Bl. 51).

Zur mündlichen Verhandlung am 19. April 2001 sind der Kläger gemäß Postzustellungsurkunde vom 25. Februar 2011 und das FA gegen Empfangsbekenntnis vom 25. Februar 2011 geladen worden, und zwar jeweils mit dem Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (FG-A Bl. 52 ff, 57, 54).

Mit Schreiben vom 15. April 2004 hat das Gericht auf die Möglichkeit eines Zwischenurteils hingewiesen, und zwar zu den Vorfragen der Staatsgewalt, der Verwaltungszuständigkeit und der Jurisdiktion der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den sich als Staatsvolk bezeichnenden Germaniten (FG-A Bl. 74). Die Beteiligten haben nicht widersprochen.

Nach telefonischer Erklärung des Klägers vom 18. April 2011, voraussichtlich nicht zur Verhandlung zu erscheinen (FG-A Bl. 74R), ist nur das FA im Termin vertreten gewesen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

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