Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabenordnung, Umsatzsteuer: Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für Vorsteuerabzug aus Strohmanngeschäften im Metall- und Schrotthandel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vor der Beurteilung der Frage, ob der Vorsteuerabzug zu versagen ist, weil der Eingangsumsatz in eine Steuerhinterziehung einbezogen war und feststeht, dass der Steuerpflichtige dies wusste oder hätte wissen müssen, ist zunächst das Vorliegen sämtlicher materieller Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zu prüfen und zu bejahen. Dabei trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Steuerpflichtige die Feststellungslast für das Vorliegen aller materiellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

2. Im Metall- und Schrotthandel gegen Barzahlung mit neuen Marktteilnehmern, die sich z. T. durch Handlungsbevollmächtigte vertreten lassen, gehört es zu den Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers der das Metall ankaufenden GmbH, die Identität und den Geschäftssitz der tatsächlich liefernden Personen aufzuklären; dies gilt insbesondere, wenn die Lieferungen als sog. Strecken- oder Reihengeschäfte abgewickelt werden.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1; AO §§ 69, 71, 121

 

Tatbestand

A. Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Haftungsbescheid, durch den das beklagte Finanzamt (FA) den Kläger als Geschäftsführer der A ... GmbH (A GmbH) neben dem weiteren Geschäftsführer B als Gesamtschuldner für Umsatzsteuerschulden der A GmbH nebst steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von insgesamt ... Euro in Haftung genommen hat, rechtmäßig ist.

I.

1. Der Kläger war ab dem ... 2008 neben Herrn B (einzelvertretungsberechtigter) Geschäftsführer der durch Gesellschaftsvertrag vom ... 2008 gegründeten A GmbH, die zunächst in ... ansässig war. Gegenstand des Unternehmens war der "Handel mit Waren aller Art, insbesondere Vertrieb von Altmetallen und Metallschrott und ähnlichen Wertstoffen" (Betriebsprüfungsarbeitsakte -BpAA- Bd. II Bl. 16). Im Mai 2009 wurde die Sitzverlegung in die Straße-1 ... in C beschlossen (vgl. Handelsregisterauszug vom ... 2012 Haftungsakte -HaftA- Bl. ...).

2. Die A GmbH reichte beim FA ab dem Voranmeldungszeitraum (VAZ) Mai 2009 Umsatzsteuervoranmeldungen ein und meldete darin folgende Umsätze und Vorsteuerbeträge an (vgl. USt-Überwachungsbogen 2009, Umsatzsteuerakte -UStA- Bl. 8; Bp-Bericht Betriebsprüfungsakte -BpA- Bl. 16 und 17, Rechtsbehelfsakte -RbA- Bd. II Bl. 4 und 59:

...

Das FA erteilte in den Vergütungsfällen (VAZ Juni, Juli und Dezember 2009, Januar, Februar bis April 2010) jeweils die Zustimmung nach § 168 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) und zahlte die angemeldeten Vorsteuerüberschüsse aus.

3. Das FA führte in dem Zeitraum vom ... 2009 bis zum ... 2011 bei der A GmbH zwei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen für die VAZ Mai bis September 2009 sowie die VAZ Oktober 2009 bis Februar 2010 durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden u. a. folgende Feststellungen getroffen/Auskünfte eingeholt/Unterlagen vorgelegt:

a) Am 17.06.2009 bestand ein Kassenfehlbestand in Höhe von ... Euro (BpAA Bd. I Bl. 130).

b) aa) Im Rahmen der Prüfung holte der Betriebsprüfer bei anderen Finanzämtern und Steuerfahndungsstellen Auskünfte über die Rechnungsaussteller/Gutschriftenempfänger der von der A GmbH bezogenen Warenlieferungen ein, u. a. auch bezüglich der hier streitbefangenen Rechnungen/Gutschriften von/an

- D, Straße-2 Nr. ..., E,

- F, Straße-3 ..., G sowie

- der Fa. H GmbH & Co KG (H), Straße-4 ..., C (BpAA Bd. I Bl. 142 ff.; BpAA Bd. III Bl. 39 ff., 72 ff.).

bb) Die A GmbH hatte die in den Rechnungen/Gutschriften der vorgenannten Rechnungsaussteller gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Rechnungen/Gutschriften (BpAA Bd. I Bl. 142 ff., Bd. II Bl. 91 f., Bd. III Bl. 39 ff., RbA Bd. I Bl. 56 ff.):

...

...

...

cc) Der Kläger, dessen Aufgabe es laut interner, nicht schriftlich fixierter Absprache mit Herrn B war, sich um die geschäftlichen Unterlagen sowie die Vorbereitung der Buchhaltung und die Zusammenarbeit mit der Steuerberaterin zu kümmern, hatte sich folgende Unterlagen der Rechnungsaussteller/Gutschriftenempfänger zum Nachweis der jeweiligen Unternehmereigenschaft vorlegen lassen und entsprechende Kopien zu den Unterlagen der A GmbH genommen:

aaa) bezüglich Herrn D:

  • Nachweis der Eintragung als Steuerpflichtiger (Unternehmer) des FA J vom ... 2009 (BpAA Bd. I Bl. 171)
  • steuerliche Bescheinigung für die Erteilung einer Erlaubnis nach der GewO des FA J vom ... 2009 (BpAA Bd. I Bl. 172)
  • Reisegewerbekarte vom ... 2009 (BpAA Bd. I Bl.173 f.)
  • Personalausweis (BpAA Bd. I Bl. 175)

bbb) bezüglich Herrn F:

  • Bescheinigung des FA G vom ... 2009 (BpAA Bd. III Bl. 86)
  • Bescheid des Bundeszentralamtes für Steuern über Zuteilung der USt-Identifikationsnummer vom ... 2009 (BpAA Bd. III Bl. 87)
  • Gewerbeanmeldung vom ... 2009 (BpAA Bd. III Bl. 89)
  • notarielle Handlungsvollmacht für Herrn K vom ... 2009 (BpAA Bd. III Bl. 102 ff.)
  • Handlungsvollmacht für Herrn K vom ... 2009 (BpAA Bd. III Bl. 107)
  • ... (BpAA Bd. III B...

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