Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer - Gewerbesteuer: Hinzuschätzungen bei Döner-Imbiss bei nicht existenten Ursprungsaufzeichnungen - externer Betriebsvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Schätzungsbefugnis besteht, wenn keinerlei Ursprungsaufzeichnungen hinsichtlich der Einnahmen existieren und damit eine vollständige Erfassung der Bareinnahmen nicht gewährleistet ist.

2. Bei einem vielfältigen Speiseangebot kann die Schätzung auf einen externen Betriebsvergleich gestützt werden.

 

Normenkette

AO § 162; FGO § 96

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Hinzuschätzungen von Einnahmen und Umsätzen bei einem von ihm betriebenen Imbiss.

Der Kläger eröffnete 2012 an der X-Straße in Hamburg den Imbiss "XXX". Er betrieb den Imbiss in der Rechtsform eines Einzelunternehmens und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung.

Der Kläger wurde in den Streitjahren hinsichtlich der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer jeweils zunächst geschätzt und dann jeweils erklärungsgemäß - in den Streitjahren 2014 und 2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung - veranlagt. Dabei hielt der Beklagte in den Änderungsbescheiden für 2014 und 2015 fest, dass der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen bleibe.

Mit Datum vom 8. Mai 2017 ordnete der Beklagte eine Außenprüfung für die Jahre 2013-2015 an. Die Prüfung erstreckte sich auf die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer.

In dem Bericht über die Außenprüfung vom 18. September 2017 kam der Betriebsprüfer zu der Einschätzung, dass die Aufzeichnungen über die Höhe der Einnahmen grob mangelhaft seien. Es gebe keine Ursprungsaufzeichnungen. Es sei nicht auszuschließen, dass die vorgelegten Listen über die Summe der täglichen Einnahmen manipuliert seien. Denn eine Stichprobe für den Januar 2013, März 2015 und Juni 2016 habe ergeben, dass an jedem Tag innerhalb eines Monats das gleiche Verhältnis von 7 %igen und 19 %igen Umsätzen vorhanden sei. Als sachgerechte Schätzungsmethode erachtete der Prüfer den externen Betriebsvergleich mittels Richtsatz-Sammlung. Demnach gelte für Imbissbetriebe im Mittel ein Rohgewinnaufschlagssatz (RGAS) von 233 %. Der Prüfer schätzte danach einen Mehrgewinn im Jahr von 2013 von ... €, im Jahr 2014 von ... € und im Jahr 2015 von ... €.

Mit Datum vom 6. Oktober 2017 ergingen aufgrund der Feststellungen des Betriebsprüfers geänderte Bescheide für die Jahre 2013-2015 hinsichtlich der Einkommensteuer, der Umsatzsteuer, des Gewerbesteuermessbetrages und der Gewerbesteuer.

Der Kläger erhob am 30. Oktober 2017 Einspruch und reichte Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für die Streitjahre ein. Er übersandte eine Berechnung zu den Herstellungskosten eines Döners für die Streitjahre und legte Speisekarten vor.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2018 - zugestellt am 15. Januar 2018 - wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus: Es fehlten jegliche Grundaufzeichnungen. Elektronische Listen seien jederzeit abänderbar. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Aufzeichnungen über die Einnahmen an jedem Tag innerhalb eines Monats das gleiche Verhältnis von 7 %igen und 19 %igen Umsätzen ausweise. Dass die Leistungen zum Regelsteuersatz teilweise unter 3 % und ansonsten bei 7 % lägen, sei nicht glaubhaft, weil der Kläger nicht nur Döner, sondern auch diverse Menüs einschließlich Softgetränken und wechselnde Mittagstische im Angebot gehabt habe. Die im Einspruchsverfahren vorgebrachten Angaben seien unrealistisch, weil diese dazu führen würden, dass die Verkaufserlöse für sonstige Speisen erheblich unter den Wareneinkaufspreisen liegen würden.

Der Kläger hat am 15. Februar 2018 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Der Beklagte sei bei der Schätzung von einem RGAS von 233 % ausgegangen. Der Mittelwert für Imbissbetriebe betrage nach der Richtsatz-Sammlung allerdings nur 223 %. Aus der Richtsatz-Sammlung für 2013 ergebe sich ein Mittelsatz von nur 213 %. Bei der Schlussbesprechung sei die Abgelegenheit des Ladens und die fehlende Stammkundschaft ein Aspekt gewesen. Deshalb habe sich der Prüfer damals dazu bereit erklärt, von einem Rohgewinnaufschlagsatz von 170 % im Jahr 2013 und 190 % im Jahr 2014 und 2015 auszugehen. Dies sei nicht in den nachfolgenden Bescheiden umgesetzt worden. Der Imbiss befinde sich aber abgelegen. Die eigentliche Haupteinkaufszone von ... befinde sich an der Y-Straße zwischen der Kreuzung Z-Allee und Kreuzung W-Straße. Sein Laden befinde sich 400 m von dieser Kreuzung entfernt. Er habe im Einzelnen dargelegt, wie hoch die Kosten für einen Döner seien und wie hoch der Verkaufspreis. Es sei nicht richtig, dass 1 kg Fleisch für mehr als vier Döner reiche. Es hätten auch Schwund und Verderb berücksichtigt werden müssen. Die Werte in der Richtsatz-Sammlung bildeten die Besonderheiten eines türkischen Imbisses, der seinen Gewinn vor allem durch den Verkauf von Dönern erziele, nicht genau genug ab.

Während des Gerichtsverfahrens habe er im Januar 2019 einen Kassenbon der Registrierkasse für die Zeit vom 10. Januar bi...

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