Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) im steuerlichen Vollstrekkungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu den Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung nach § 15 VwZG

 

Normenkette

ZPO § 767; VwZG § 15

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung und die wirksame Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten.

Der Kläger befindet sich seit 1980 in Vollstreckung. Am 16.12.1988 ging bei dem Beklagten die von dem Kläger am 9.12.1988 unterschriebene Einkommensteuererklärung 1985 sowie Vermögensteuererklärungen auf den 1.1.1984 und 1.1.1986 ein. In der Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb u.a. einen Gewinnanteil aus der K GmbH & Co. - KG - in Höhe von 200.953 DM und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.038.410 DM. Lt. Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der KG für 1985 vom 7.7.1987 war der Veräußerungsgewinn mit Bescheid vom selben Tage auf 1.049.612,50 DM festgestellt worden. In den Steuererklärungen gab der Kläger den Steuerberater S als Empfangsbevollmächtigten an.

Der Beklagte erhielt lt. Vermerk vom 30.5.1989 vom Einwohnermeldeamt die Auskunft, dass sich der Kläger am 15.12.1988 ohne weitere Angaben ins Ausland abgemeldet habe. Dies wurde ihm auf eine entsprechende Anfrage vom 13.6.1989 hin durch das Einwohnerzentralamt mit Schreiben vom 9.8.1989 bestätigt. Auch diverse Anfragen des Beklagten an den damaligen Steuerberater des Klägers, S, blieben ohne Erfolg. Am 1.6.1989 teilte dieser dem Beklagten telefonisch mit, dass ihm die ausländische Adresse des Klägers unbekannt sei und er den Kläger zu künftigen Inlandseinkünften befragen wolle. Der Beklagte bemerkte im Aktenvermerk über dieses Telefongespräch, dass der Aufenthaltsort der Klägers offenbar doch bekannt sei. Mit Schreiben vom 13.6.1989 forderte der Beklagte Herrn S nochmals dazu auf, ihm die evtl. bekannt gewordene ausländische Anschrift des Klägers mitzuteilen. Ferner forderte er ihn auf, ggf. den Kläger dazu zu veranlassen, ihn gem. § 123 S. 1 AO zum Empfangsbevollmächtigten zu benennen und eine entsprechende Vollmacht vorzulegen. Hierauf teilte Herr S mit Schreiben vom 28.06.1989 mit, dass ihm die Anschrift seines Mandanten weiterhin nicht bekannt sei und er auf die Angelegenheit zurückkommen werde, sobald der Kläger sich bei ihm melde. Nachdem der Beklagte Herrn S mit Schreiben vom 31.05.1991 angekündigt hatte, ihm als Empfangsbevollmächtigten die ausstehenden Bescheide übersenden und diese zugleich dem Kläger öffentlich zustellen zu wollen, teilte dieser dem Beklagten mit Schreiben vom 04.06.1991 mit, dass ihm der Aufenthaltsort des Klägers weiterhin nicht bekannt sei und er das Mandat mit sofortiger Wirkung niederlege. Bereits in einem Telefonat mit der Vollstreckungsstelle des Beklagten vom 10.05.1988 hatte der zuständige Mitarbeiter im Büro S mitgeteilt, dass der Kläger von Herrn S nicht mehr vertreten und beraten werde; ausweislich des Aktenvermerks des Beklagten wollte er der Bitte nachkommen, dies dem Beklagten kurz schriftlich mitzuteilen. Ein entsprechendes Schreiben befindet sich jedoch nicht in den Akten. Das Wirtschaftsprüfungsbüro, welches eine vom Kläger zum 01.01.1985 übernommene Firma bislang betreut hatte, ließ dem Beklagten am 13.08.1991 auf schriftliche Anfrage vom 27.06.1991 telefonisch mitteilen, dass dort die Anschrift des Klägers ebenfalls nicht bekannt sei. Der Beklagte vermerkte, dass seinem Eindruck aus dem Telefongespräch nach die Anschrift des Klägers sehr wohl bekannt sei, ihm aber nicht mitgeteilt werden solle. Auf die o.g. Aktenvermerke und Schriftstücke wird Bezug genommen.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 1985 mit Bescheid vom 8.7.1991 auf 437.425 DM und die Vermögensteuer 1984 und 1985 mit Bescheid auf dem 1.1.1984 (Neuveranlagung) vom 8.7.1991 auf jeweils 11.645 DM fest und stellte die Steuerforderungen jeweils zum 12.8.1991 fällig. Der Beklagte ordnete am 4.7.1991 die öffentliche Zustellung an; der Tag des Aushangs der Benachrichtigung datiert vom 8.7.1991 und der der Abnahme vom 25.7.1991. Die Urkunde trägt den Stempel des Beklagten vom 24.7.1991. Mit Bescheid auf den 1.1.1986 über Vermögensteuer (Hauptveranlagung) vom 22.7.1991 setzte der Beklagte die Vermögensteuer 1986, 1987 und 1988 auf jeweils 8.795 DM fest und stellte diese Steuerforderungen jeweils zum 26.8.1991 fällig. Der Beklagte ordnete am 18.7.1991 die öffentliche Zustellung an; der Tag des Aushangs der Benachrichtigung datiert vom 19.7.1991 und der der Abnahme vom 9.8.1991. Die Urkunde trägt den Stempel des Beklagten vom 8.8.1991. Der Beklagte führte in den beiden ausgehängten Benachrichtigungen die erlassende Behörde - das Finanzamt Hamburg-... -, den Kläger mit seiner letzten Anschrift, die Steuernummer des Klägers und die streitigen Steuerbescheide auf. Auf die Urkunden über die öffentliche Zustellung der streitigen Bescheide, Bl. 92 und 94 ESt-Akten, wird Bezug genommen.

Nachdem der Beklagte in...

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