Revision eingelegt (BFH VI R 43/14)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist durch Antrag des Steuerpflichtigen - Einreichung der Steuererklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Ablaufhemmung i. S. d. § 171 Abs. 3 AO wird auch dadurch ausgelöst, wenn ein Antrag vor Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt eingeht und nach Einreichung der Steuererklärung noch nicht verbeschieden worden ist.

 

Normenkette

AO §§ 169, 170 Abs. 2, § 171 Abs. 3; EStG § 1 Abs. 3-4, §§ 39c, 25 Abs. 3, § 50 Abs. 5 (jetzt Abs. 2), § 49 Abs. 1 Nr. 4a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.08.2015; Aktenzeichen I R 63/14)

BFH (Urteil vom 12.08.2015; Aktenzeichen I R 63/14)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger aufgrund einer am 29.12.2010 abgegebenen Einkommensteuererklärung für 2003 noch veranlagt werden können.

Die Kläger haben die österreichische Staatsangehörigkeit und ihren Wohnsitz in Österreich. Diesen hatten sie auch im Streitjahr 2003 inne. Sie erzielten u. a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG).

Der Kläger ist ... und ist seit ... bei der A als ... beschäftigt. Die Klägerin ist seit ... als ... bei der B tätig. Die Kläger sind seit ... miteinander verheiratet.

Am 24.03.2003 stellten die Kläger den Antrag, als unbeschränkt steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG behandelt zu werden. Am 05.05.2003 erteilte der Beklagte als Betriebsstättenfinanzamt für die jeweiligen Arbeitgeber der Kläger eine Bescheinigung gemäß § 39 c Abs. 4 EStG. Die Arbeitgeber behandelten die Kläger daraufhin als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und unterwarfen ihren Arbeitslohn dem Lohnsteuerabzug.

In 2003 betrugen die sog. Inlandsanteile der Arbeitseinkünfte des Klägers 13,1 % und der Klägerin 12,06 %. Der Lohnsteuereinbehalt durch die Arbeitgeber erfolgte indes auf den gesamten Arbeitslohn.

Am 02.05.2009 beantragten die Kläger die Erstattung zuviel entrichteter Lohnsteuer gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung in der für das Streitjahr geltenden Fassung (AO) für den Veranlagungszeitraum 2003. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2009 mit der Begründung ab (Blatt 150 Einkommensteuerakte Band II), dass Festsetzungsverjährung gemäß § 169 ff. AO eingetreten sei. Die dagegen eingelegten Einsprüche vom 19.06.2003 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung jeweils vom 21.10.2009 zurück (Blatt 192 Einkommensteuerakte Band II).

Mit Schriftsatz vom 21.07.2009 wies der Beklagte auf die Möglichkeit einer eventuell noch durchzuführenden Einkommensteuerveranlagung für 2003 hin. Die den Klägern erteilte Bescheinigung gemäß § 39 c Abs. 4 EStG könne zu Unrecht ausgestellt worden sein, da die Kläger offensichtlich nicht zum Personenkreis des § 1 Abs. 3 oder des § 1 a EStG gehörten. Denn ihre Einkünfte hätten in 2003 nicht zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterlegen bzw. die nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte hätten mehr als 6.136 € betragen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 EStG).

Die Kläger wurden zudem darauf hingewiesen, dass bei ihnen offensichtlich als an und für sich beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer eine Veranlagung nach § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG nur unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG in Betracht komme. Zwar müsse wegen der 2-Jahres-Frist ein Antrag für 2003 abgelehnt werden, weil die Einreichungsfrist bereits am 31.12.2005 abgelaufen sei. Eine entsprechende Antragstellung werde dennoch anheimgestellt, da die Fristberechnung bei einer Antragsveranlagung noch einer höchstrichterlichen Prüfung unterzogen werde (beim Bundesfinanzhof damals anhängige Revisionsverfahren zum Aktenzeichen VI R 1/09 und VI R 2/09). Vor dem Hintergrund dieser anhängigen Revisionsverfahren würde ein gegen die Ablehnung der Veranlagung eingelegter Einspruch gemäß § 363 Abs. 2 AO zum Ruhen gebracht werden.

Daraufhin beantragten die Kläger mit Schreiben vom 02.10.2009 hilfsweise die Durchführung der Veranlagung gemäß § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG. Im gleichen Schriftsatz legten die Kläger Einspruch gegen die Lohnsteueranmeldungen Januar bis Dezember 2003 ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.2009 verwarf der Beklagte die Einsprüche gegen die Lohnsteueranmeldungen Januar bis Dezember 2003 der A und der B als unzulässig, weil die Einsprüche erst nach Ablauf der Einspruchsfrist eingelegt worden seien.

Mit Schreiben vom 21.10.2009 (Blatt 204 Einkommensteuerakte Band II) wurde den Klägern nochmals anheimgestellt, die entsprechenden Steuererklärungen zur Wahrung der nach den beim BFH anhängigen Revisionsverfahren gegebenenfalls verlängerten Abgabefrist möglichst umgehend beim Beklagten einzureichen.

Unter dem 29.12.2010 reichten die Kläger die unterzeichnete Einkommensteuererklärung für 2003 in Kopie ein.

Mit Bescheid vom 31.08.2011 lehnte der Beklagte die Durchführung der Einkommensteuerveranlagung 2003 ab und wies darauf hin, dass der Antrag spätestens am 31.12.2007 zu stellen gewesen wäre (§ 169 AO i. ...

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