Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorliegen eines Versicherungsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Die Übernahme des Risikos der Beschädigung, des Verlustes und der Wertminderung auch bei fahrlässigem Verhalten des Leasingnehmers durch den Leasinggeber gegen Zahlung eines Entgelts stellt eine Vereinbarung über die Risikotragung im Rahmen des Leasingverhältnisses dar. Ein Versicherungsverhältnis dadurch wird nicht begründet.

 

Normenkette

VersStG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.12.2010; Aktenzeichen II R 21/09)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Versicherungsteuer.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und als Leasingunternehmerin tätig. Sie verleast Kraftfahrzeuge an Unternehmen, mit denen entweder Rahmenverträge bei Abnahme einer Vielzahl von Fahrzeugen oder Einzelverträge bestehen. Als Leasinggeberin bleibt sie jeweils zivilrechtlich Eigentümerin der verleasten Fahrzeuge und erfasst diese deshalb in ihrer Bilanz. Den Leasingverträgen liegen von der Klägerin gestellte Allgemeine Bedingungen für das Leasing von Fahrzeugen (AGB) zu Grunde, wobei unterschiedliche Fassungen für Einzelkunden und Rahmenvertragskunden verwendet werden. Mit den Leasingverträgen werden zwei unterschiedliche Möglichkeiten der Risikotragung angeboten. Der Leasingnehmer kann wählen, ob er das nach den Leasingverträgen von ihm zu tragende Risiko der Beschädigung, des Verlustes und der Wertminderung versichert, entweder durch eine von der Klägerin vermittelte Versicherung oder eine eigene Versicherung, oder ob er eine Befreiung von diesem Haftungsrisiko in Anspruch nimmt und hierfür ein Entgelt an die Klägerin leistet.

Nach den AGB für Einzelkundenverträge (Teil A Ziffer VI) wie auch nach den AGB für Rahmenverträge (§ 8) haftet der Leasingnehmer für Untergang, Verlust, Beschädigung und Wertminderung des Fahrzeuges und seiner Ausstattung auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden der Klägerin. Nach Teil A Ziffer VIII der AGB-Einzelkundenverträge bzw. § 10 der AGB-Rahmenverträge wird der Leasingnehmer verpflichtet, neben der Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von maximal 1.000 € zusammen mit einer Teilkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von maximal 150 € für die Dauer des Leasingvertrages abzuschließen und aufrecht zu erhalten. Die Art der abzusichernden Risiken wird in den AGB im Einzelnen weiter beschrieben. Nach Teil A Ziffer IX der AGB-Einzelkundenverträge bzw. § 10 Nr. 4 und 6 der AGB-Rahmenverträge ist der Leasingnehmer verpflichtet - sofern er bei der Schadensabwicklung nicht die Dienste der Klägerin in Anspruch nimmt - Entschädigungsleistungen, die nicht zur Begleichung von Reparaturen benötigt und verwendet werden, an die Klägerin weiterzuleiten. Ebenso ist er verpflichtet, Entschädigungsleistungen für Wertminderungen des Kfz an die Klägerin weiterzuleiten. Die Klägerin bietet den Leasingnehmern auf entsprechenden Antrag an, für diese eine Teil- bzw. Vollkaskoversicherung für den Leasinggegenstand bei einem Versicherer abzuschließen (Teil G Ziffer I der AGB-Einzelkundenverträge, für Rahmenverträge Dienstleistungsvereinbarung "Versicherung"). Bei Abschluss dieser Dienstleistung übernimmt die Klägerin die Abwicklung bei Schadensfällen (Teil G Ziffer IV der AGB-Einzelkundenverträge, § 3. 3 der Dienstleistungsvereinbarung "Versicherung"). Die Klägerin zahlt die Versicherungsbeiträge an die Versicherung und stellt diese den Leasingnehmern im Rahmen der Abrechnung zusammen mit der Leasingrate in Rechnung (Teil G Ziffer VI der AGB-Einzelkundenverträge, §§ 4, 5 der Dienstleistungsvereinbarung "Versicherung").

Seit dem 01.01.2007 bietet die Klägerin den Leasingnehmern eine Zusatzvereinbarung "Haftungsbefreiung mit Eigenanteil" (im Weiteren Zusatzvereinbarung Haftungsbefreiung) an. Durch die Bezugnahmen in dieser Zusatzvereinbarung auf die beiden verschiedenen AGB Einzelkundenverträge und Rahmenverträge gibt es zwei Versionen der Zusatzvereinbarung Haftungsbefreiung, die sich inhaltlich jedoch nicht unterscheiden. In § 1 der Zusatzvereinbarung Haftungsbefreiung für Einzelkundenverträge heißt es: "1. 1 Die Dienstleistungsvereinbarung "Haftungsbefreiung mit Eigenanteil" regelt die entgeltliche Freistellung des Kunden abweichend von §§ IV, IX Teil A - Allgemeine Bedienungen - und § 1 Teil G - zusätzliche Bedingungen für Leasingverträge mit Versicherungs-Service - für Beschädigungen, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs und seiner fest eingebauten, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Teile gemäß diesem Vertrag infolge einer der unter § 2 nachfolgend genannten Ursachen"

Im Rahmen dieser Zusatzvereinbarung Haftungsbefreiung können die Leasingnehmer zwischen einer teilweisen Befreiung und einer vollständigen Haftungsbefreiung wählen (jeweils § 2 der Zusatzvereinbarung Haftungsbefreiung). Sowohl bei der teilweisen als auch bei der vollständigen Haftungsbefreiung wird für den Leasingnehmer ein von ihm zu tragender Ei...

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