Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung auf Vertrauensschutz bei Rückforderung von Ausfuhrerstattung

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 52 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 ist als Festschreibung des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes zu verstehen. Die dort aufgestellten Wertungen sind auch in Bezug auf Rückforderungsfälle zu beachten, die die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für Ausfuhren vor dem 1.7.1999 betreffen.

 

Normenkette

EGV 800/1999 Art. 52 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

Die Klägerin meldete in der Zeit von August 1997 bis Januar 1998 mit insgesamt 17 Ausfuhranmeldungen beim Hauptzollamt A (Zollamt B) Rindfleisch aus sog. Isolierschlachtbetrieben zur Ausfuhr auf die Komoren an. Den einzelnen Ausfuhrsendungen lag jeweils eine Genusstauglichkeitsbescheinigung bei, ausweislich derer das Fleisch in einem registrierten Isolierschlachtbetrieb geschlachtet worden war. In der jeweiligen Genusstauglichkeitsbescheinigung bestätigte zudem der zuständige Veterinär, dass das Fleisch für den menschlichen Genuss tauglich sei. Ob die jeweiligen Genusstauglichkeitsbescheinigungen auch dem für das beklagte Hauptzollamt bestimmten Exemplar der Ausfuhranmeldung beigeheftet waren, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Das beklagte Hauptzollamt gewährte der Klägerin auf ihre Erstattungsanträge jeweils antragsgemäß Ausfuhrerstattung im Vorschusswege und gab nach Einreichung der entsprechenden Unterlagen die Sicherheiten jeweils frei. Die letzten streitgegenständlichen Erstattungsanträge der Klägerin datieren aus dem Januar 1998, die entsprechenden Freigabebescheide des beklagten Hauptzollamtes ergingen im Sommer bzw. Herbst 1998.

Bereits mit Schreiben vom 16.9.1997 hatte das Bundesministerium der Finanzen die Oberfinanzdirektion Hamburg darüber unterrichtet, dass für Fleisch aus sog. Isolierschlachtbetrieben keine Ausfuhrerstattung gewährt werden könne, weil es nicht von handelsüblicher Qualität sei. Das Bundesministerium der Finanzen bezog sich insoweit auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit vom 10.9.1997, in der es im Wesentlichen heißt: Fleisch aus Isolierschlachtbetrieben habe keine handelsübliche Qualität, da der Vertriebsweg nach § 13 Fleischhygienegesetz strikt begrenzt sei. Aufgrund dieser kanalisierten Abgabe sei dieses Fleisch mit dem sog. Freibankfleisch gleichzusetzen. Das beklagte Hauptzollamt erhielt von dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen am 6.10.1997 Kenntnis, die Klägerin am 17. oder 18.1.1998 durch einen Anruf des zuständigen Sachbearbeiters des beklagten Hauptzollamtes (Schriftsatz vom 23.10.2006, Bl. 90 der Gerichtsakte).

Mit insgesamt 17 Berichtigungsbescheiden vom 22.11.1999 forderte das beklagte Hauptzollamt die der Klägerin gewährten Ausfuhrerstattungen in Höhe von insgesamt DM 305.347,14 unter Hinweis auf Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 mit der Begründung zurück, dass das unter Zollkontrolle gestellte Fleisch angesichts seiner Herkunft aus Isolierschlachtbetrieben nicht als handelsüblich anzusehen sei.

Die Klägerin hat am 26.1.2001 Untätigkeitsklage erhoben, die sie, nachdem das beklagte Hauptzollamt ihren Einspruch gegen die Berichtigungsbescheide vom 22.11.1999 mit Einspruchsentscheidung vom 26.7.2001 zurückgewiesen hatte, als Anfechtungsklage fortführt. Mit Blick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.5.2005 (C-409/03, juris), mit dem der Gerichtshof erkannt hat, dass Fleisch, das die Genusstauglichkeitskriterien erfülle, dessen Vermarktung für den menschlichen Verzehr in der Europäischen Gemeinschaft aber durch die Gemeinschaftsregelung auf den lokalen Markt beschränkt sei, weil es von Tieren stamme, die aus besonderem Anlass geschlachtet worden seien, nicht als Fleisch von gesunder und handelsüblicher Qualität angesehen werden könne, räumt die Klägerin zwar ein, dass sie die Frage der Auslegung des Begriffs der handelsüblichen Qualität in Bezug auf Fleisch aus Isolierschlachtbetrieben nicht fortführen wolle. Sie meint allerdings, dass es dem beklagten Hauptzollamt aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verwehrt sei, im Streitfall die ihr gewährten Ausfuhrerstattungen zurückzufordern. Im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit führt die Klägerin aus, dass der Europäische Gerichtshof wiederholt verlangt habe, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften eindeutig und in ihrer Anwendung für die Bürger vorhersehbar sein müssten. Das Gebot der Eindeutigkeit und Vorhersehbarkeit gelte vor allem in Bezug auf Vorschriften, die finanzielle Konsequenzen haben könnten. Auch habe der Europäische Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass die Kommission nicht die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen verlangen könne, wenn die Betroffenen bestimmte Vorschriften und ihre Auslegung durch die Kommission nicht hätten vorhersehen können. Dass Art. 13 (EWG) Nr. 3665/87 mit dem Kriterium der handelsüblichen Qualitä...

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