Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug aus "Strohmanngeschäften"; Leistungsbeschreibung bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein "Strohmann" in eine Liefer- oder Leistungsbeziehung zwischengeschaltet, sind die "Strohmanngeschäfte" nur dann unbeachtlich, wenn sie lediglich zum Schein abgeschlossen werden, d. h. wenn die Rechtswirkungen der Geschäfte nach dem Willen der Vertragsparteien unmittelbar zwischen dem "Hintermann" und dem Leistungsempfänger eintreten sollen. Allein die Weisungsgebundenheit des "Strohmanns" gegenüber dem "Hintermann" steht der Unternehmereigenschaft des "Strohmanns" und der Leistungserbringung durch ihn nicht entgegen.

2. Da das Umsatzsteuerrecht an tatsächliche Leistungsvorgänge anknüpft und nicht an die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verträge, schließt das Fehlen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung das Vorliegen entsprechender Umsätze nicht aus.

3. Für die nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG erforderliche Leistungsbezeichnung in einer Rechnung genügt es, statt der Leistungshandlung den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg zu beschreiben. Die Angabe bestimmter Arbeiten reicht daher, sofern kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht kommt als entweder die Ausführung der beschriebenen Arbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften hierfür.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 Nr. 5, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 S. 3; AÜG § 10 Abs. 1 S. 1; AO § 41 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Satz 2

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache (betreffend Umsatzsteuer 2012 und Umsatzsteuervorauszahlungen Januar bis April 2013) streitig, ob die Antragstellerin zum Vorsteuerabzug aus Gutschriften gegenüber ihren Subunternehmern berechtigt ist oder ob diese Subunternehmer nur zum Schein in eine Fakturierungskette eingebunden waren.

1. a) Die A-1 GmbH & Co. KG wurde am ... 2008 in das Handelsregister eingetragen. Sie wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlungen vom 04.07.2012 mit der A-2 GmbH & Co. KG und der A-3 GmbH & Co. KG verschmolzen und im unmittelbaren Anschluss formwechselnd mit Rückwirkung zum ... 2012 in die Antragstellerin umgewandelt. Geschäftsgegenstand der Antragstellerin ist die Erfüllung von Werkverträgen sowie die Erbringung von logistischen Dienstleistungen für die Erfüllung von Werkverträgen, jeweils insbesondere beim Auftraggeber sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte und verbundene Tätigkeiten mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Tätigkeiten. Die Antragstellerin führt im Wesentlichen Kommissionierungen und Be- bzw. Entladungen sowie ähnliche logistische Dienstleistungen durch. Geschäftsführer der Antragstellerin ist Herr B, alleinige Gesellschafterin die A Gruppe AG (vgl. Umwandlungsbeschluss vom 04.07.2012, Akte Allgemeines Bl. 17 ff., und Einbringungsvertrag vom selben Tag, Akte Allgemeines Bl. 46 ff.).

b) Die Antragstellerin schloss mit Subunternehmern Rahmenwerkverträge, so u. a. am 01.04.2013 mit der C GmbH (im Folgenden: C; AdV-Akte Bl. 57 ff.). Die C verpflichtete sich hierin zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erbringung von Werkleistungen, die in Einzelverträgen näher beschrieben werden sollten. Die Leistungen sollten unter Aufsicht und alleiniger Weisungsbefugnis der C erbracht werden, die die Entscheidung über die Auswahl des von ihr eingesetzten Personals treffen sollte.

c) Nach Erbringung der in den Einzelverträgen vereinbarten Leistungen erteilte die Antragstellerin den Subunternehmern Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis (vgl. Gutschrift gegenüber der C vom 31.12.2012, AdV-Akte Bl. 61 sowie gegenüber der D GmbH vom 31.03.2011, Anlage zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 18.12.2013, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband).

d) Mit Wirkung ab dem ... 2013 erteilte die Bundesagentur für Arbeit der Antragstellerin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (Akte Allgemeines Bl. 90).

2. a) Die Antragstellerin und ihre Rechtsvorgängerinnen reichten am 20.06.2013 beim Antragsgegner die Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2012 ein (Umsatzsteuerakten -UStA- Bl. 39, 42, 45).

b) Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg (im Folgenden: Steuerfahndung) leitete ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren u. a. gegen Herrn E ein, das bisher nicht abgeschlossen ist. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurden aufgrund von Anträgen der Staatsanwaltschaft und entsprechender Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg die Telekommunikation der A-Gruppe überwacht und Geschäftsräume durchsucht.

c) Mit Bescheid vom 07.08.2013 ordnete der Antragsgegner wegen hier nicht streitgegenständlicher Umsatzsteuerforderungen für Januar bis Juli 2011 in Höhe von insgesamt 238.821,71 € den dinglichen Arrest in das Vermögen der Antragstellerin an mit der Begründung, die Rechtsvorgängerinnen der Antragstellerin hätten zu Unrecht Vorsteuerabzüge aus Gutschriften gegenüber der D GmbH vorgenommen, bei denen es sich um Abdeckgutschriften für Schwarzarbeit handele. Der R...

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