Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung (Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen I/94. I/95)

 

Tenor

Die Vollziehung der Bescheide über die Festsetzung von Steuerabzugsbeträgen bei beschränkt Steuerpflichtigen I/94 bis IV/94 und I/95 vom 19. Dezember 1995 wird gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Schuldner von Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige bei Nichtabführung des Steuerabzugs durch Steuerbescheid oder durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen ist.

Die Antragstellerin veranstaltet künstlerische und ähnliche Darbietungen unter Einsatz von Ausländern bzw. beschränkt Steuerpflichtigen. Sie ist Schuldnerin der Vergütungen für die beschränkt Steuerpflichtigen. Wegen des Steuerabzugs gegenüber beschränkt Steuerpflichtigen behält die Antragstellerin von den Vergütungen Beträge ein.

Im Streit-Zeitraum erstes Quartal 1994 bis erstes Quartal 1995 meldete die Antragstellerin zunächst nur einen Steuerabzug für das IV. Quartal 1994 am 13. April 1995 an (Steuerabzugs-Akte – StAbz-A– Bl. 2).

Vor einer auf den 23. Oktober 1995 verschobenen Außenprüfung zeigte die Antragstellerin selbst am 20. Oktober 1995 weitere Vergütungen und Steuerabzugsbeträge an, und zwar mittels einer Liste durchgeführter Tourneen (Betriebsprüfungsakte – Bp-A– Bl. 4, 105 ff).

Aufgrund der Angaben der Antragstellerin erließ der Antragsgegner (das Finanzamt – FA–) am 19. Dezember 1995 Bescheide über die Festsetzung bzw. Nachforderung von Steuerabzugsbeträgen unter anderem für das I., II., III., IV. Quartal 1994 und das I. Quartal 1995 (StAbz-A Bl. 22, 24, 26, 29, 32).

Die Antragstellerin legte am 15. Januar 1996 Einspruch ein, über den das FA noch nicht entschieden hat. Die gleichzeitig beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA mit Schreiben vom 26. Februar 1996 ab (StAbz-A Bl. 38, 40).

Zur Begründung ihres beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrags auf AdV trägt die Antragstellerin vor (FG-Akte – FG-A– Bl. 2):

Eine Festsetzung von Steuerabzugsbeträgen durch „Steuer”bescheid gegen den Vergütungsschuldner sei mit den einkommensteuerlichen Vorschriften unvereinbar, nach denen dieser für den Steuerabzug nur „hafte” bzw. mittels Haftungsbescheid herangezogen werden könne, während Steuerbescheide nur an die beschränkt steuerpflichtigen Steuerschuldner gerichtet werden könnten.

Die Antragstellerin beantragt (FG-A Bl. 1, 21),

die Vollziehung der Bescheide über die Festsetzung von Steuerabzugsbeträgen bei beschränkt Steuerpflichtigen I/94 bis IV/94 und I/95 vom 19. Dezember 1995 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Das FA beantragt (FG-A Bl. 21),

den Antrag auf AdV abzulehnen,

hilfsweise AdV nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.

Das FA trägt vor (FG-A Bl. 6 f. 15):

Die Vorschrift des § 167 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung 1977 sei in der ab 3. August 1988 geltenden Fassung dahin zu verstehen, daß der Vergütungsschuldner, der einen Steuerabzug nicht angemeldet habe, statt durch Haftungsbescheid auch durch Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen werden könne.

Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf das Erörterungsprotokoll und die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der Gerichtsakte (FG-A) und den nachfolgenden Steuerakten:

Steuerabzugs-Akte (StAbz-A),

Akte Allgemeines,

Umsatzsteuerakte

Betriebsprüfungsakte (Bp-A).

 

Entscheidungsgründe

II.

Der zulässige Antrag auf AdV ist begründet, jedoch nur mit der Maßgabe der Sicherheitsleistung.

Die Voraussetzungen für eine AdV liegen gemäß § 69 Abs. 3 iVm. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO vor. Bei der gebotenen summarischen Betrachtung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte, soweit das FA die Antragstellerin nicht durch Haftungsbescheid, sondern durch Steuerbescheid bzw. Nachforderungsbescheid in Anspruch nimmt.

1. Gemäß § 50a Abs. 4 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wird die Einkommensteuer bei beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen mit Einkünften aus künstlerischen und ähnlichen Darbietungen im Wege des Steuerabzugs erhoben.

Dabei ergibt sich die beschränkte Steuerpflicht aus § 1 Abs. 4, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bstb. d, Nrn. 3 oder 4 EStG (bezüglich Nr. 2 Bstb. d in der ab 1986 geltenden Fassung).

2. Nach § 50a Abs. 5 Sätze 2–4 EStG, § 73e Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) hat der Schuldner dieser Vergütungen (Vergütungsschuldner) den Steuerabzug für Rechnung der beschränkt steuerpflichtigen Gläubiger (Steuerschuldner) vorzunehmen und vierteljährlich (bis zum 10. des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats) anzumelden und abzuführen (vgl. Urteil des FG München vom 10. April 1995 1 V 2335/94, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 1995, 752).

3. Die Steueranmeldung steht gemäß § 168 AO 1977 einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, wirkt allerdings insoweit nicht gegenüber dem Vergütungsgläubiger bzw. Steuerschuldner (s. zu 4; vgl. Schwarz/Frotsche...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge