Entscheidungsstichwort (Thema)

Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

Umzugskosten können unabhängig von Art und Grund der Wohnungskündigung in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Ein Abzug unter dem Gesichtspunkt von Krankheitsaufwendungen setzt ein vor Kündigung/Umzug ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest voraus.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 1994 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Lehrerin.

Sie bewohnte bis Dezember 1994 die Wohnung ,A'-Str. . . . in . . . Zum . . . Dezember 1994 verzog sie in die Wohnung ,B'-Str. . . . in . . .

In ihrer Einkommensteuererklärung 1994 machte die Klägerin u.a. - neben hier nicht im Streit befindlichen Werbungskosten - Umzugskosten von 7.376 DM als außergewöhnliche Belastungen geltend: Sie legte ein ärztliches Attest des praktischen Arztes Dr. . . . in . . . vom . . . März 1995 vor, demzufolge sie seit Oktober 1994 an einem ausgeprägten beiderseitigen Tinnitus leide und aufgrund der Erkrankung hausärztlicherseits ein Umzug in eine ruhigere Wohngegend ausdrücklich befürwortet werde.

Im Einkommensteuerbescheid 1994 vom 28. September 1995 erkannte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen an und setzte die Einkommensteuer 1994 auf 7.020 DM fest.

In ihrem hiergegen gerichteten Einspruch trug die Klägerin vor, sie habe - bedingt durch den starken Lärm in der ehemaligen Wohngegend - einen Hörsturz erlitten, der teilweise zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Seit dem Umzug habe sich der Gesundheitszustand stabilisiert.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26. April 1996 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, bei einem privat veranlassten Umzug sei eine außergewöhnliche Belastung unabhängig von der Art und dem Grund der Wohnungskündigung in der Regel nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - rechtfertige selbst ein Umzug wegen Verkehrslärms keine Anerkennung als außergewöhnliche Belastung.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor, der Umzug sei medizinisch erforderlich gewesen. Seit Ende der 80er Jahre habe sie in ihrer alten Wohnung unter erheblicher Lärmbelästigung gelitten. In die Wohnung über ihr sei eine Familie mit Kindern eingezogen. Als Lehrerin sei sie stark ruhebedürftig. Am . . . Oktober 1994 habe sie ein dumpfes taubes Gefühl auf dem linken Ohr bemerkt. Zwei Tage später habe sie während des Sportunterrichts einen heftigen Knall verspürt; seitdem leide sie an Tinnitus. Zwar sei die Krankheit nicht heilbar, aber seit dem Umzug in eine ruhigere Umgebung seien die Ohrgeräusche stark zurückgegangen. Sie legte eine weitere Bescheinigung des Dr. . . . vom . . . Mai 1996 vor, wonach der Umzug aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei und aus hausärztlicher Sicht ausdrücklich befürwortet werde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 28. September 1994 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 1996 dahingehend zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 7.376 DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die geltendgemachten Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG - berücksichtigt. Privat veranlasste Umzugskosten - und nur solche kommen gemäß § 33 Abs. 2 S. 2 EStG als außergewöhnliche Belastungen in Betracht - sind typische Kosten der Lebensführung, die unabhängig von der Art der Wohnungskündigung nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind (vgl. BFH, Beschluss vom 25. Februar 1993, BFH/NV 1993, 658 m.w.N.). Der BFH hat in dieser Rechtsprechung auch berücksichtigt, dass die Steuerpflichtigen aus den verschiedensten Gründen gezwungen sein können, ihr Mietverhältnis aufzulösen, darauf aber im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht abgestellt. Im übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom 26. April 1996 Bezug genommen (§ 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Umzugskosten auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Krankheitsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Kosten für Maßnahmen, die nach der Lebenserfahrung nicht ausschließlich von Kranken aufgrund einer medizinischen Indikation unmittelbar zur Behandlung und der Linderung einer Krankheit ergriffen werden, nur dann als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn im Einzelfall durch ein vor Durchführung einer Ma...

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