rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Gewinnerzielungsabsicht beim Unterhalten eines Betriebs gewerblicher Art

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein strukturell dauerdefizitärer kommunaler Betrieb gewerblicher Art Badeanstalten, der nur durch die Erträge eingelegter Finanzanlagen Überschüsse erzielt, unterhält mangels Gewinnerzielungsabsicht keinen Gewerbebetrieb (gegen BFH-Beschluss v. 25.07.2002 I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341).
  2. Die steuerlich unbeachtliche Tätigkeit eines Betriebes, der typischerweise nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der nach der Art seiner Betriebsführung auch objektiv zur Erzielung von Gewinnen nicht geeignet ist, kann nicht durch die Einlage von im Rahmen der Vermögensverwaltung gehaltenen Kapitalanlagen in den steuerbaren Bereich verlagert werden.
  3. Die Einlage der Finanzanlagen in den Betrieb gewerblicher Art stellt aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine sinnvolle Maßnahme der Strukturverbesserung dar, wenn diese Mittel nicht zur Kostenreduzierung oder zur Einnahmesteigerung verwendet werden.
  4. Da hierdurch zudem kein Strukturwandel des Betriebs gewerblicher Art dergestalt eintritt, dass hierdurch aus einem Liebhabereibetrieb erstmals ein steuerlich relevanter Gewerbebetrieb entsteht, sind auch die Altverluste in die Totalgewinnprognose einzubeziehen.
  5. Das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären Betriebs gewerblicher Art durch eine Gebietskörperschaft ohne Verlustausgleich und angemessenen Gewinnaufschlag durch die Trägerkörperschaft führt nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. dazu BFH-Beschluss v. 25.01.2005 I R 8/04, BFH/NV 2005, 986).
 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1 Satz 1; GewStDV § 2 Abs. 1 Satz 1; EStG § 2 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 2; KStG § 4 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 3 Satz 2; VStG § 1 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1995

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ihren Betrieb gewerblicher Art (BgA) Badeanstalten mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt und damit vermögensteuer- und gewerbesteuerpflichtig ist.

Die Klägerin, eine Gebietskörperschaft, ist Alleingesellschafterin der Stadtwerke „A-Stadt” GmbH. Die Klägerin unterhielt bis zum 31.12.1994 einen BgA Badeanstalten, zu dem insgesamt 4 Hallenbäder und ein Freibad gehörten, und zwar:

das „Hallenbad H”,

die Hallenbäder „M” und „G”,

das „Hallenbad I” sowie

das Freibad „F”

Mit Ausnahme des Freibades „F” wurde der Bäderbetrieb mit Wirkung ab dem 01.01.1995 in die Stadtwerke „A-Stadt” GmbH im Rahmen einer Sacheinlage gegen Kapitalerhöhung von 500.000 DM eingebracht. Zum 31.12.1994 betrug der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer des BgA Badeanstalten 40.224.285 DM. Dieser Verlust basiert auf den Betriebsergebnissen der Jahre 1985 bis 1994. Für frühere Jahre hatte die Klägerin wegen der hohen Verluste des BgA im Einvernehmen mit dem Beklagten keine Körperschaftsteuererklärungen abgegeben.

Die Klägerin hat die anteiligen, auf das Freibad „F” entfallenden Verluste für die Jahre 1985 bis 1994 mit insgesamt 5.110.112 DM ermittelt. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 04.05.2006 nebst Anlagen 1-4 (FG-A Bl. 278 -368) Bezug genommen. Für die Jahre 1965 bis 1984 hat die Klägerin im Schätzungswege die operativen Verluste des Freibades mit 11.800.000 DM angesetzt (vgl. zu den näheren Erläuterungen der Schätzungsgrundlagen S. 5 – 7 des Schriftsatzes vom 04.05.2006 Bl. 282 – 284 FG-A). Hieraus ergibt sich ein Gesamtverlust ab dem Jahre 1965 zum Stichtag 31.12.1994 von 16.910.112 DM.

Der Beklagte (vgl. Schriftsatz vom 06.06.2006 (Bl. 378 FG-A) beanstandet diese Berechnung lediglich insoweit, als die Klägerin die Dividendenerträge ab 1990 dem Freibad nur anteilig zugerechnet hat

Nach der ursprünglichen Beschlusslage des Rates des Klägerin war zwar eine Überführung des Freibades „F” in eine private Trägerschaft vorgesehen; diese kam jedoch nicht zustande. Die Klägerin führte deshalb den Badebetriebes des Freibades „F” in eigener Regie bis heute fort. Eine Einstellung des Badebetriebes im Freibad „F” ist laut Klägerin mittelfristig nicht auszuschließen. Sollte das Freibad längerfristig weiterbetrieben werden, sind nach Angaben der Klägerin weitergehende Instandsetzungen und Erneuerungsinvestitionen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kostenunterdeckung des Freibadbetriebes zu erwarten.

Ab 1995 erzielte das im BgA verbliebene Freibad folgende operativen Ergebnisse (Verluste):

1995

./. 756.339 DM

1996

./. 668.655 DM

1997

./. 618.099 DM

1998

./. 888.479 DM

1999

./. 715.488 DM

2000

./. 909.547 DM

2001

./. 826.656 DM

Durchschnitt

./. 769.037 DM

Die operativen Verluste lagen in den Jahren 2002 bis 2004 zwischen 980.000 DM und 1.275.000 DM.

In den Jahren ab 1990 hatte die Klägerin in ihrem bilanzierenden BgA Badeanstalten erstmals Finanzanlagen als (gewillkürtes) Betriebsvermögen ausgewiesen, deren Erträge bis zur Ausgliederung der Hallenbäder an der Dauerverlustsituation nichts änderten. Zu den Finanzanlagen gehörten u.a. 10.898 (nach Umstellung zum 01.01.1997 108...

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