vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung einer Urenkelgesellschaft bei umsatzsteuerlicher Organschaft – Beschränkung auf die aus dem zweipersonalen Organschaftsverhältnis zum Organträger resultierenden Steueransprüche

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Anders als bei einer auf zweipersonalen Organschaftsverhältnissen aufbauenden mehrstufigen körperschaftsteuerlicher Organschaft ist die umsatzsteuerliche Organschaft zwischen allen an der Organschaft beteiligten Gesellschaften von unmittelbarer steuerlicher Bedeutung, weil diese wie ein einheitliches Unternehmen behandelt werden.
  2. Die organschaftliche Verbundenheit über ein Tochter-, Enkel- und Urenkelverhältnis rechtfertigt es daher, die Urenkel-Organgesellschaft für die durch sie verursachten Umsatzsteuerschulden des Organträgers gemäß § 73 AO in Anspruch zu nehmen.
  3. Eine entsprechende Anwendung der Haftungsbeschränkung bei mehrstufiger körperschaftsteuerlicher Organschaft (vgl. dazu BFH-Urteil vom 31.5.2017 I R 54/15, BFH/NV 2017, 1647) kommt bei der umsatzsteuerlichen Organschaft nicht in Betracht.
 

Normenkette

AO §§ 73, 191; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der A GmbH i.L. (vormals A Versand AG). Die A GmbH i.L. wird als Gesamtrechtsnachfolgerin der B GmbH durch Haftungsbescheid vom 24.9.2010 gestützt auf §§ 191, 73 der Abgabenordnung (AO) für Umsatzsteuer 2003 der C AG i.L. (vormals D AG), soweit durch Leistungsbeziehungen der B GmbH verursacht, in Höhe von 114,97 Euro in Anspruch genommen. Dagegen richtet sich die Klage.

Die beteiligten Gesellschaften gingen von einer umsatzsteuerlichen organschaftlichen Verbundenheit zwischen der D AG (später: C AG i.L) als Organträgerin, der D Versand GmbH (später: E GmbH) als Tochtergesellschaft und der A Versand AG (später: A GmbH i.L.) als Enkelgesellschaft sowie der B GmbH (Urenkelgesellschaft) aus. Infolgedessen wurden die Umsätze der B GmbH unwidersprochen in den Umsatzsteuererklärungen der D AG erfasst und die Jahresabschlüsse der Gesellschaften entsprechend testiert. Die A GmbH i.L. wurde durch Verschmelzung zum 1.1.2007 Gesamtrechtsnachfolgerin der B GmbH (Vertrag vom 21.8.2007).

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass auch die Enkel- bzw. Urenkelgesellschaft innerhalb der umsatzsteuerlichen Organschaft für die von der Muttergesellschaft geschuldete Umsatzsteuer (mit-) haftet, jedoch dem Umfang nach begrenzt auf die durch die Organgesellschaft nachweislich höchstens veranlasste Steuer. Infolgedessen hafte die A GmbH i.L. als Rechtsnachfolgerin der B GmbH für die durch die B GmbH verursachte Umsatzsteuer. Der Haftungsbetrag resultiert aus der Differenz zwischen bei der B GmbH verbuchter und insoweit angemeldeter Vorsteuer.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 14.1.2015) hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.

Der Kläger beruft sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 31.5.2017 I R 54/15, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 2017, 1647, der, gestützt auf den Wortlaut des § 73 AO, entschieden hat, dass bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 14 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG --) bei mehrstufigen Organschaften die Haftung der Organgesellschaft auf solche gegen die jeweiligen Organträgerin gerichteten Steueransprüche beschränkt bleibt, die aus dem konkreten direkten Organschaftsverhältnis resultieren. Der Kläger ist der Ansicht, dass dies auch für die umsatzsteuerliche Organschaft zu gelten habe. Anders sei es nur bei einer sog. mittelbaren Organschaft oder einer Klammerorganschaft, bei der u.a. kennzeichnend sei, dass eine mittelbare Beherrschung einher geht mit einem direkten Ergebnisabführungsvertrag.

Der Kläger wendet darüber hinaus ein, dass es dem Haftungsbescheid an der Bestimmtheit fehle. Der Bescheid lasse die Grundlage der Haftung nicht erkennen. Es sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, aus welchem konkreten Lebenssachverhalt die Haftungsschuld stamme. Außerdem habe der Beklagte mit einem anderweitigen Steuerguthaben der C AG i.L. aufrechnen können. Er habe daher sein Entschließungsermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Klägervortrages wird auf den Schriftwechsel im Klageverfahren Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 24.9.2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.1.2015 ersatzlos aufzuheben;

hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Er hält an seiner Auffassung fest, dass es sich auf Grund der unterschiedlichen Voraussetzungen für eine körperschaft- bzw. eine umsatzsteuerliche Organschaft verbiete, die Gedankenführung des BFH in der o.g. Entscheidung auf den Streitfall zu übertragen. Umsatzsteuerlich würden durch die Organschaft alle unternehmerischen Aktivitäten zu einem einzigen Unternehmen zusammengefasst. Die Organgesellschaften stünden daher im Verhäl...

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