Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Stromsteuerbegünstigung bei Herstellung von Ersatzbrennstoffen und thermischer Abfallbeseitigung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Einem Unternehmen der Kreislaufwirtschaft, dessen wirtschaftlicher Tätigkeitsschwerpunkt in der Herstellung von Ersatzbrennstoffen und der Aufbereitung von Altholz zur industriellen Verwendung und damit der thermischen Abfallbeseitigung i. S. d. Klasse 90.02 WZ 2003 liegt, steht die Stromsteuerbegünstigung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes nicht zu.
  2. Kennzeichnend für das Recycling i. S. d. Klasse 37.20 WZ 2003 ist demgegenüber die Aufbereitung von Altmaterialien zu Sekundärrohstoffen für den direkten Einsatz in einem industriellen Verarbeitungsprozess.
  3. Energieträger, die benötigt werden, um die für den Verarbeitungsprozess erforderliche Energie zu gewinnen, werden nicht in einem Verarbeitungsprozess verwandt.
  4. Die Regelung des § 2 Nr. 2a StromStG, die die WZ 2003 im Wege einer statischen Verweisung als für das Stromsteuerrecht maßgebende Klassifikation der Wirtschaftszweige bestimmt, widerspricht nicht höherrangigem Gemeinschaftsrecht.
 

Normenkette

StromStG § 2 Nrn. 2a, 3, § 9 Abs. 3; StromStV § 15 Abs. 2 Sätze 2, 3 Nr. 3, Abs. 5; RL (EG) 2003/96 Art. 10 Abs. 1-2, Art. 11 Abs. 4; AO § 131 Abs. 2 S. 1 Nr. 3

 

Streitjahr(e)

2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.04.2013; Aktenzeichen VII R 25/11)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der ihr erteilten Erlaubnis, als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes Strom zum ermäßigten Steuersatz entnehmen zu dürfen.

Auf Antrag der Klägerin vom 04.12.2000 erteilte ihr der Beklagte am 09.03.2001 die Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 des Stromsteuergesetzes (StromStG), Strom zum ermäßigten Steuersatz entnehmen zu dürfen. In dem Antrag und in den jährlich abzugebenden Erklärungen zu ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit beschrieb sie diese mit Kreislaufwirtschaft/Recycling.

Die Klägerin hatte folgende Tätigkeitsfelder:

Müllsammeltransport

Herstellung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffen

Herstellung von Ersatzbrennstoffen für die Schwefelsäureherstellung

Herstellung von Regranulaten für die Verwendung in der Kunststoffindustrie

Altholzaufbereitung für die Weiterverarbeitung in der Holzwerkstoffindustrie (Herstellung von Spanplatten)

Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk

In den genannten sechs Bereichen beschäftigte die Klägerin folgende Teile ihres Personals (Haupt- und Nebentätigkeiten):

Tätigkeitsfeld

1

2

3

4

5

6

2007

17,42

10,45

4,88

9,88

3,78

12,58

2008

17,83

11,12

5,42

9,05

3,57

12,09

Die Klägerin ordnete ihre Tätigkeiten bis auf die Müllsammeltransporte der Klasse 37.20 des Abschnitts D der Klassifikation der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen – Ausgabe 2003 – (WZ 2003) zu, wobei sie von der Zahl der in den einzelnen Tätigkeitsfeldern beschäftigten Mitarbeitern ausging.

Bei der Herstellung von Ersatzbrennstoffen durch die Klägerin wurden die gesammelten Kunststoff-Abfälle zerkleinert, u.a. durch Infrarot-Abscheidung erkannt, mechanisch getrennt und pelletiert, wobei die dafür eingesetzte Technik auch zu einem Durchschmelzen von Thermoplastteilen führen konnte.

Für die Herstellung von Ersatzbrennstoffen für die Schwefelsäureherstellung wurden zusätzlich noch besonders schwefel- und chlorhaltige Einsatzstoffe, die als Energieträger dienten, erkannt, getrennt und verstärkt zur Herstellung der Ersatzbrennstoffe verwandt. Dadurch erhielten die Kunden der Klägerin die Möglichkeit, Schwefel und Chlor im Rahmen ihres Herstellungsprozesses nach dem Einsatz der Ersatzbrennstoffe in Wirbelschichtöfen zurückzugewinnen.

Bei der Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk stellte die Klägerin aus Altholz aller Art (u.a. Grünabfall, Sperrmüllholz, Holzfenster, Türen, Bahnschwellen, Verpackungsholz) durch Zerkleinern einen Brennstoff her, der im Biomassekraftwerk verbrannt wurde. Dazu zerkleinerte die Klägerin das Altholz und trennte Fremdbestandteile und Eisenmetalle ab. Sodann wurde das Altholz auf das Endmaß zerkleinert, auch um es förderfähig und für die Verbrennung luftdurchlässig zu machen. Sodann wurden erneut mechanisch anhaftende Mineralien und Eisenmetalle abgetrennt und das Produkt zur Übergabe in das Kraftwerk gelagert.

Auf Anordnung des Beklagten vom 05.06.2009 begann am 18.08.2009 eine Außenprüfung bei der Klägerin, die die Strom- und Energiesteuer der Jahre 2007 und 2008 zum Gegenstand hatte und in der die Zuordnung der Klägerin zum produzierenden Gewerbe geprüft wurde. Die Prüfungsergebnisse sind im Bericht vom 03.02.2010 zusammengefasst.

Die Prüfer wiesen die Tätigkeitsfelder Müllsammeltransporte, Herstellung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffen, Herstellung von Ersatzbrennstoffen für die Schwefelsäureherstellung und Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk der Klasse 90.02 des Abschnitts O WZ 2003 zu, die Herstellung der Regranulate der Klasse 37.20 und die übrige Altholzaufbereitung der Klasse 20.10.

Bei der Herstellun...

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