Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbegünstigte Betriebsveräußerung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine steuerbegünstigte Betriebsveräußerung liegt nicht vor, wenn der Unternehmer seine bisher ausgeübte Tätigkeit auf dem Gebiet der Unternehmensführung und Akquisition im Rahmen eines Beratervertrages mit dem Erwerber fortsetzt und dadurch seinen bisherigen Kundenstamm weiter nutzt.
  2. Dies gilt auch, wenn das Beraterhonorar weniger als 10 % der Umsätze, aber nahezu die Hälfte des jährlichen Gewinns des veräußerten Unternehmens beträgt.
 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 34

 

Streitjahr(e)

1999, 2000, 2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.07.2008; Aktenzeichen X R 40/07)

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann befasste sich gewerblich mit dem Vertrieb von Klimasystemen. Seit 1999 leidet er an einer schwerwiegenden Herzerkrankung und arterieller Hypertonie. Am 18.1.2000 wurde er operiert – er erhielt fünf Bypässe. Dadurch verbesserte sich sein Gesundheitszustand deutlich. Gleichwohl stellte sich heraus, dass er den körperlichen Belastungen seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr gewachsen war. Zudem hatte er zwei Bandscheibenvorfälle – davon einer nicht operabel. Schließlich wurde er zweimal an der rechten und der linken Schulter sowie dem rechten und dem linken Knie operiert. Im Mai 2001 anerkannte und bewilligte die Schweizerische Rentenanstalt die Berufsunfähigkeit. Der Kläger entschloss sich daraufhin, seinen Betrieb an einen Mitarbeiter abzugeben.

Mit Vereinbarung vom 8.12.2001 verkaufte der Kläger seinen Betrieb – die „D” – durch Veräußerung der Aktiva und Passiva an Herrn „T”. Der Erwerber ist – so die Darstellung der Kläger – „ein typischer Techniker, verliebt in technische Details, aber mit Schwächen in der kaufmännischen Dimension, der Menschenführung und im Umgang mit Kunden”. Deshalb schlossen der Kläger und Herr „T” zeitgleich einen Beratervertrag. Danach hatte der Kläger die Firma „D” in allen grundsätzlichen Fragen der Unternehmensführung und Akquisition zu beraten. Zu dieser Beratungstätigkeit gehörten insbesondere auch „Organisation und Systeme, Akquisition und Vertrieb, Werbung und kaufmännische Verwaltung. An Vergütung war für 2002-2004 ein Honorar von 45.000 DM/jährlich zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Ferner sollte der Kläger ein umsatzabhängiges Honorar von 5 % des Mehrumsatzes gegenüber dem Jahresabschluss 2001 von geschätzt 550.000 DM erhalten. Bei einem Umsatz von 650.000 DM in 2001 hätte sein zusätzliches Honorar somit 5 % von 100.000 DM oder 5.000 DM betragen; dieses Honorar hätte sich um die Umsatzsteuer erhöht. Tatsächlich wurde später kein umsatzabhängiges Honorar gezahlt.

Die mit der Firma „D” erklärten Ergebnisse beliefen sich 1999-2001 auf folgende Beträge:

1999

2000

2001

Umsätze

478.561 DM

532.272 DM

491.686 DM

Gewinne

89.604 DM

111.443 DM

102.385 DM

Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer der Kläger für 2002 zuletzt mit der Einspruchsentscheidung vom 16.9.2004 auf 26.850 EUR fest. Für den Veräußerungsgewinn in Höhe von unstreitig 86.7225 EUR erkannte es weder den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an, noch behandelte es den Veräußerungsgewinn als außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Er – der Kläger – habe seine gewerbliche Tätigkeit für die „D” beendet, weil er das Betriebsvermögen nicht mehr für sich genutzt, sondern wie jeder andere Mitarbeiter den Erwerber unterstützt habe.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Bescheids vom 8.6.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.9.2004 bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für 2002 den bisher in Höhe von 86.725 EUR angesetzten Veräußerungsgewinn um den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG zu verringern und den verbleibenden Veräußerungsgewinn als außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG zu behandeln.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die streitige Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für 2002 ist rechtmäßig. Der vom Kläger mit dem Verkauf seines Betriebs – der „D” – durch Veräußerung der Aktiva und Passiva an Herrn „T” erzielte Veräußerungsgewinn ist nicht gemäß §§ 16 Abs. 2-4, 34 EStG steuerbegünstigt.

Gemäß § 16 Abs.1 Nr.1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs erzielt werden. Der Gewinn aus einer solchen Veräußerung wird nach § 16 Abs.4 EStG zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er die dort bezeichneten Freibeträge übersteigt, und gemäß § 34 Abs.1 und Abs.2 EStG nur mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert.

Die Vergünstigungsregelung hat den Zweck, einerseits Härten zu vermeiden, die entstünden, wenn die im Laufe eines längeren Zeitraums angesammelten stillen Reserven eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs in einem Zuge aufgedeckt und als Gewinn nach dem progressiven Einkommensteuertarif besteuert werden müssten, andererseits aber...

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