Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbebetrieb kraft Abfärbewirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Tätigkeit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis ist aufgrund der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen, wenn einer zivilrechtlich als Gesellschafterin in die GbR aufgenommene Ärztin, die eigenverantwortlich, ohne Überwachung und persönliche Mitwirkung der übrigen zwei Gesellschafter tätig ist, aufgrund ihres auf eigene Honorarumsätze beschränkten Gewinnanteils nicht die Stellung einer Mitunternehmerin zukommt und deshalb in Bezug auf ihre Arbeitsleistung die in §18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG aufgestellte Voraussetzung der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit der der Mitunternehmerschaft angehörigen Berufsträger nicht erfüllt ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 3

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.11.2015; Aktenzeichen VIII R 62/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin im Streitjahr 2007 gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

Herr Dr. L (L) und Herr Dr. G (G) sind ……ärzte. Sie betrieben bis ……1998 gemeinschaftlich eine Arztpraxis. Zum ……1998 nahmen sie die ………….ärztin Frau Dr. N (N) durch den „Vertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis” vom ………...1998 in die Gemeinschaft auf. Der Vertrag vom ………..1998 sieht vor, dass die Gesellschafter die Geschäftsführung gemeinschaftlich ausüben. Entscheidungen sind mehrheitlich zu treffen. Für alle künftig aus der Gemeinschaftspraxis entstehenden Verbindlichkeiten gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung, den Kassen und den Patienten haften die Vertragspartner als Gesamtschuldner. Die Partner sind jedoch im Verhältnis zueinander nach dem Grad des jeweiligen Verschuldens zum Ausgleich verpflichtet. Desweiteren ist für jeden Vertragspartner eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, die zu Lasten des jeweiligen Vertragspartners geht. Über die Angemessenheit entscheidet die Gesellschafterversammlung (vgl. § 9 des Vertrages vom ………1998). Nach § 11 des Vertrages führen L und G bis zum 31.03.2001 die Buchwerte ihrer Praxis im Sonderbetriebsvermögen fort. Neue Investitionen tätigen L und G bis zum 31.03.2001 im eigenen Namen. N ist bis zum 31.03.2001 zu Null an den materiellen Werten der Gemeinschaft beteiligt und kann mit Wirkung zum 31.03.2001 ein Drittel der Praxis erwerben. Hinsichtlich der Gewinnabrede vereinbaren die Parteien, dass N bis zum 31.03.2001 jährlich 37 % vom eigenen Honorarumsatz für die ersten 200.000 DM und 42 % vom eigenen Honorarumsatz für die darüber liegende Summe erhält, sofern ein entsprechender Gewinn erzielt wird. Der Honorarumsatz N wird per EDV festgehalten. Sie kann monatliche Vorauszahlungen auf den Gewinn verlangen. Nach Ausübung der Option zur finanziellen Beteiligung soll sie einen Gewinn- oder Verlustanteil entsprechend ihrer Beteiligung erhalten (vgl. § 12 des Vertrages vom ………..1998). Das Risiko nicht gezahlter Honorare (z.B. bei der Privatliquidation) trägt der Partner, dem das Honorar zusteht. Bis zum 31.03.2001 werden nach § 14 des Vertrages vom ………..1998 alle Reparaturen und Wartungen der gemeinsam genutzten Gegenstände auf Kosten von L und G durchgeführt. Die Verfügungsmacht über die Konten und die Barkasse liegen bis zum 31.03.2001 bei L und G bzw. ihren Ehefrauen (§ 17 des Vertrages vom ……….1998). Die aus der gemeinsamen privaten und kassenärztlichen Tätigkeit entstehenden Honorare fließen auf die Konten der Gemeinschaftspraxis oder in die Barkasse (§ 18 des Vertrages vom ………..1998). Im Vertrag ist weder für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters noch für den Fall der Auflösung der Gesellschaft bestimmt, was der ausscheidende Gesellschafter bzw. die einzelnen Gesellschafter erhalten soll(en). Wegen weiterer Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf den Vertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis vom ……….1998 verwiesen.

Die Gemeinschaftspraxis firmierte unter dem Namen Gemeinschaftspraxis Dr. L, Dr. G und andere GbR.

N machte zum 31.03.2001 keinen Gebrauch von der eingeräumten Option. Die Gemeinschaftspraxis wurde mit den Vereinbarungen, wie sie bis zum 31.03.2001 gegolten hatten, unverändert weitergeführt. Im Jahr 2011 veräußerte der L seinen Gesellschaftsanteil an Herrn P. N erwarb unmittelbar im Anschluss daran von Herrn P und G jeweils einen 2,5%igen Gesellschaftsanteil.

Die GbR firmiert seit dem Gesellschafterwechsel im Jahr 2011 unter Gemeinschaftspraxis Dr. G, P, Dr. N, Dr. B, Fachärzte für ………..heilkunde.

Im Streitjahr 2007 gab die Klägerin keine Gewerbesteuererklärung ab. Für die Gemeinschaftspraxis Dr. L, Dr. G und andere GbR wurden Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erklärt.

Im Jahr 2009 führte die Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Betriebsprüfung bei der Dr. L, Dr. G und andere GbR durch. Im Rahmen der Prüfung wurde festgestellt, dass die GbR außer den Forderungen aus Leistungen über kein Gesamthandsvermögen verf...

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