Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuererlaß wegen sachlicher Unbilligkeit bei Abtretung der Rechte durch den das Meistgebot abgebenden vollmachtslosen Vertreter

 

Leitsatz (redaktionell)

Gibt der Geschäftsführer einer KG im Zwangsversteigerungstermin das Meistgebot im eigenen Namen ab, weil sein Vertretungsnachweis (Handelsregisterauszug) nicht anerkannt wird, und tritt er sodann ankündigungsgemäß das Recht aus dem Meistgebot an die KG ab, so ist die für die Abgabe des Meistgebots festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe des aufgrund der Besteuerung der Abtretung gegen die KG festgesetzten Betrags wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.

 

Normenkette

AO § 227; GrEStG § 1 Abs. 1 Nrn. 4-5; ZVG § 71 Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt den Erlass von Grunderwerbsteuer.

Der Kläger ist Geschäftsführer der K GmbH, die ihrerseits die Geschäfte der K GmbH & Co. KG (KG) führt. An der KG ist der Kläger neben einem weiteren Kommanditisten zu 50 v. H. beteiligt. Im Termin zur Zwangsversteigerung des Grundstücks D in A-Stadt trat der Kläger für die KG auf. Das Amtsgericht erkannte den vorgelegten Handelsregisterauszug als Vertretungsnachweis nicht an. Im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts vom 13.3.1995 wurde dazu vermerkt:

"Der Bieter [gemeint ist der Kläger] erklärte, die Rechte aus dem Gebot abtreten zu wollen, er habe für die betr. KG nicht den erforderlichen Vertreternachweis."

Am 16.3.1995 trat der Kläger in einer notariellen Urkunde des Notars (...) seine Rechte aus dem Meistgebot an die KG ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in den Erlassakten des Beklagten abgeheftete Kopie Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 22.3.1995 erklärte das Amtsgericht den Kläger zum Meistbietenden in dem Zwangsversteigerungsverfahren. Er habe sein Recht aus dem Meistgebot gem. § 81 Abs. 2 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) an die KG abgetreten. Die KG habe die Verpflichtung aus dem Meistgebot übernommen. Der Zuschlag für das Grundstück wurde der KG gegen Zahlung von 3.550.000 DM erteilt.

Mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom 14.9.1995 setzte der Beklagte gegen den Kläger als Meistbietenden gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) und gegen die KG als Anspruchsberechtigte gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 271.002 DM fest. Die Bemessungsgrundlage errechnete der Beklagte aus dem Meistgebot in Höhe von 3.550.000 DM und den übernommenen Grundschulden in Höhe von 10.000.100 DM.

Gegen diese Bescheide legten der Kläger und die KG am 25.9.1995 Einsprüche ein. Im Verlauf des Einsprchsverfahrens änderte der Beklagte die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide. Er setzte am 22.11.1995 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 223.953 DM und gegen die KG Grunderwerbsteuer in Höhe von 111.975 DM fest. Dabei folgte er den Einwendungen des Klägers und der KG. Er berücksichtigte, dass ein Teil der Gegenleistung auf das Inventar des erworbenen Grundstücks entfiel und kürzte den steuerpflichtigen Erwerb durch die KG nach § 5 Abs. 2 GrEStG um 50 v. H.

Mit Schreiben vom 25.9.1995 beantragte der Kläger den Erlass der gegen ihn festgesetzten Grunderwerbsteuer in Höhe von 111.975 DM. Den Erlass lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 2.1.1996 ab. Den dagegen erhobenen Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.1996 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 14.1.1997 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus:

Die Einziehung der Grunderwerbsteuer in der geltend gemachten Höhe sei sachlich unbillig. Richtig sei zwar, dass zwei grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge vorlägen. Dazu sei es aber nur deshalb gekommen, weil er keine ordnungsgemäße Vollmacht im Termin zur Zwangsversteigerung habe vorlegen können. Er selbst habe weder rechtlich noch wirtschaftlich den Erwerb des Grundstücks gewollt. Für solche Fälle habe der Bundesfinanzhof (BFH) sowohl im Urteil vom 7.11.1968 (V R 28/66, BStBl. II 1968, 41) als auch im Urteil vom 26.3.1980 (II R 143/78, BStBl. II 1980) den Erlass der Grunderwerbsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen ausdrücklich vorgesehen. Seine Rechtsposition im Versteigerungsverfahren sei für alle Beteiligten ersichtlich gewesen. Im Übrigen habe selbst das Landgericht in seinem Urteil zur Räumungsklage vom 10.5.1996 im Tatbestand die KG als Erwerberin im Zwangsversteigerungsverfahren bezeichnet. Bei einem direkten Erwerb durch die KG wäre bei dieser eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 223.953 DM entstanden. Infolgedessen sei ihm die Grunderwerbsteuer um 111.975 DM zu erlassen.

Der Kläger beantragt,

den Erlass der Grunderwerbsteuer in Höhe von 111.975 DM.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Der Kläger habe bewusst und gewollt das Grundstück im eigenen Namen ersteigert. Das Meistgebot sei dem Kläger auch dann zuzurechnen, wenn er es im fremden Namen habe abgeben wollen, mangels Nachweises der Vollmacht aber im eigenen Namen abgeben habe. Härten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen habe, könnten durch Billigkeitsmaßnahmen ...

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