Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerschädliche Übersicherung durch Einsatz von Lebensversicherungen zur Darlehensabsicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Maßgeblich für die Frage einer steuerschädlichen Übersicherung durch Einsatz von Lebensversicherungen zur Absicherung eines Darlehens sind die in den Anzeigen der Bank nach § 29 Abs. 1 EStDV bezifferten eingesetzten Versicherungsansprüche und nicht die Rückkaufswerte der Versicherungen.
  2. Die steuerschädliche Verwendung eines Teils des Darlehens zur Einkünfteerzielung „infiziert” das Gesamtdarlehen mit der Folge, dass auch im Umfang der Verwendung der Darlehensmittel für die Schaffung zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnraums die Zinsen aus den Lebensversicherungen steuerpflichtig sind.
 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1-2, § 20 Abs. 1 Nr. 6; EStDV § 29 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.09.2007; Aktenzeichen VIII R 12/07)

 

Tatbestand

Die Klägerin erwarb im Juni 2000 das als Einfamilienhaus bewertete Objekt „A” Straße in „B”. Eine Teilfläche von 164 qm (47,81 %) vermietet die Klägerin an den Kläger zum Betrieb einer Arztpraxis. Im Übrigen (52,19 %) wird das Haus zu eigenen Wohnzwecken der Kläger genutzt. Die Anschaffungskosten, die sich auf insgesamt 486.969 DM belaufen, wurden mit einem Darlehen der „C” Bank finanziert. Die Darlehenssumme beträgt insgesamt 599.999 DM, ausgezahlt wurden hiervon 499.999 DM.

Zur Sicherung der Forderung der Darlehensgeberin wurden im Jahr 2000 die folgenden, in den Einspruchsentscheidungen näher bezeichneten Lebensversicherungen eingesetzt:

Versicherung

Versicherungsnehmer

Eingesetzte Versicherungsansprüche

"I"

Kläger

430.000 DM

"II"

Kläger

160.000 DM

"III"

Kläger

37.378 DM

Summe:

Kläger

627.378 DM

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die hinsichtlich der vorbezeichneten Versicherungen die in § 10 Abs. 2 Satz 2 aufgestellten Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht gegeben seien. Nach § 180 Abs. 2 Satz 3 AO i.V.m. § 9 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 der AO stellte es daher mit den drei hier streitgegenständlichen Bescheiden vom 26.2. bzw. 28.2.2002 die Steuerpflicht außerrechnungsmäßiger und rechnungsmäßiger Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen gesondert fest.

Hiergegen richten sich nach erfolglosen Einspruchverfahren die vom Senat zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen. Die Kläger machen geltend, das Finanzamt behandele die drei sicherungshalber abgetretenen Versicherungen zu Unrecht als Einheit. Richtigerweise sei jedoch eine getrennte Betrachtung vorzunehmen. Da die Summe der Ansprüche aus den Versicherungen „I” und „III” noch unter den Anschaffungskosten liege, dürfe die Steuerpflicht der Zinsen lediglich hinsichtlich der Versicherung „II” festgestellt werden. Die anderen Bescheide seien aufzuheben.

Ohnehin liege eine Übersicherung nicht vor, da bei der entsprechenden Prüfung nur die Rückkaufswerte anzusetzen seien.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid vom 28.2.2002 hinsichtlich der Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus der Kapitallebensversicherung „I” sowie den Bescheid vom 26.2.2002 hinsichtlich der Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus der Kapitallebensversicherung „III” aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Anschaffungsvorgang sei ein einheitlicher Vorgang, der es erfordere, die Summe der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche als Einheit zu behandeln. Danach ergebe sich, dass begünstigten Anschaffungskosten von 486.969 DM Versicherungsansprüche von 627.378 DM gegenüberstünden. Da es nach dem Gesetz auf die Höhe der Rückkaufswerte nicht ankomme, sei zweifellos eine steuerschädliche Übersicherung gegeben. Unerheblich sei auch, dass eine Verwendung des Darlehens für private Zwecke unschädlich sei, da auch eine teilweise steuerschädliche Verwendung das Gesamtdarlehen „infiziere”. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG verlange nämlich, dass das Darlehen dem begünstigten Zweck ausschließlich diene.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat die Steuerpflicht der Zinsen aus den im Tatbestand aufgeführten Kapitallebensversicherungen zu Recht festgestellt.

Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 1 AO i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 16.12.1994 (BGBl. I 1994, 3834, BStBl. I 1995, 3) stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Das trifft im Streitfall zu:

Bei den abgeschlossenen Lebensversicherungen handelt es sich unstrei...

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