Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Mehraktige einheitliche Erstausbildung zur Bankbetriebswirtin – Zwischenzeitliche Vollzeiterwerbstätigkeit nach Abschluss der Ausbildung zur Bankkauffrau – enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang – Berufstätigkeit als Voraussetzung für das Studium – Erfordernis einer schriftlichen Erklärung gegenüber der Familienkasse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der von vornherein angestrebten Weiterbildung einer Bankkauffrau zur Bankbetriebswirtin im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt begonnenen berufsbegleitenden Studiums handelt es sich noch um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung, während der der Kindergeldanspruch nicht durch die nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen wird.

2. Die Vollzeitbeschäftigung des Kindes zwischen dem Abschluss der Ausbildung zur Bankkauffrau und der Aufnahme des Studiums stellt keine schädliche Zäsur einer einheitlichen Erstausbildung dar, wenn die Aufnahme des Studiums keine Berufstätigkeit voraussetzt, sondern diese lediglich der Überbrückung bis zum frühestmöglichen Studienbeginn dient (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl II 2016, 615).

3. Für die Feststellung der von vornherein bestehenden Absicht der Weiterbildung zur Bankbetriebswirtin kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt der Familienkasse eine entsprechende schriftliche Erklärung übermittelt worden ist (entgegen DA-KG 2017 V 6.1 Abs. 1 Satz 8).

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3

 

Tatbestand

Der Kläger bezog fortlaufend für seine Tochter A (geb. () 1992) Kindergeld. Nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nahm die Tochter ab August 2013 bei der B eine Ausbildung zur Bankkauffrau auf. Sie schloss die Ausbildung im Januar 2016 erfolgreich ab. Sie war anschließend ab Februar 2016 bei der B angestellt mit einer Wochenstundenzahl von 39 Stunden. Mit Bescheid vom 29.12.2015 wurde die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2016 aufgehoben. Unter dem 24.2.2016 gab der Kläger an, das Ausbildungsverhältnis seiner Tochter zur Bankkauffrau sei beendet. Die Tochter bewarb sich im Mai 2016 um die Zulassung zu einem berufsbegleitenden Fernstudium mit dem Abschlussziel ”Bankfachwirtin“, bei der C in (). Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums ist u.a. ein Abschluss als Bankkauffrau/-mann. Das Studium kann jeweils nur im Herbst aufgenommen werden. Am 25.5.2016 erhielt sie eine Bestätigung ihrer Bewerbung und nahm am 1.10.2016 das Studium auf.

Am 30.6.2017 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das berufsbegleitende Studium ab Februar 2016 die Bewilligung von Kindergeld. Mit Bescheid vom 24.7.2017 lehnte die Familienkasse diesen Antrag ab. Sie führte aus, die Tochter sei erwerbstätig und habe eine erste Berufsausbildung bereits abgeschlossen. Das Fernstudium stelle eine weitere Berufsausbildung dar, für die eine derartige Erwerbstätigkeit schädlich sei.

Der Kläger legte am 28.7.2017 Einspruch ein, den die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9.8.2017 als unbegründet zurückwies. Sie führte aus, eine Erklärung, dass eine weiterführende Ausbildung beabsichtigt sei, hätte bis spätestens einen Monat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnittes bei der Familienkasse abgegeben werden müssen. Die Erklärung über die Aufnahme des berufsbegleitenden Studiums sei jedoch erst am 7.7.2017 eingegangen.

Der Kläger hat am 8.9.2017 Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor die Tochter habe nach der Beendigung der Ausbildung zur Bankkauffrau beabsichtigt, im Rahmen eines berufsbegleitenden Studiums ihr Berufsziel, die Erlangung des Titels einer Betriebswirtin, zu erreichen. Hierzu habe sie zum nächsten möglichen Zeitpunkt, nämlich zum 6.10.2016 das berufsbegleitende Fernstudium an der C aufgenommen. Dieses werde voraussichtlich Jahr 2018 mit dem Abschluss ”Bankfachwirtin“ abgeschlossen. Anschließend wolle sie sich einer Prüfung durch die IHK zu unterziehen. Sodann sei beabsichtigt, erneut im Rahmen der Berufsbegleitung wiederum an der C den endgültigen Abschluss zur Betriebswirtin zu absolvieren. Um die Voraussetzungen für eine Einschreibung an der C zu erfüllen sei es erforderlich gewesen, gegenüber dem Institut eine Arbeitsstelle nachzuweisen. Dies sei im Rahmen von berufsbegleitenden Studiengängen zwingend. Nach Erhalt einer entsprechenden Bescheinigung habe sie sich umgehend zum nächsten möglichen Zeitpunkt zum Studium angemeldet. Das nächste Semester begann für die Tochter am 6.10.2016. Es bestehe ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang der Ausbildungsabschnitte. Es komme nicht auf eine verspätete Anzeige der Fortsetzung der Ausbildung an.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 24.7.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.8.2017 die Beklagte zu verpflichtet, für seine Tochter A Kindergeld vom 2016 bis August 2017 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

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