vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für ein volljähriges verheiratetes Kind nach Wegfall des Grenzbetrages – Bedeutung des Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Vater des Enkelkindes – Fehlen einer typischen Unterhaltssituation

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs eines in der Erstausbildung befindlichen volljährigen Kindes gegen den Vater des gemeinsamen Kindes nach § 1615 l BGB ist nach Wegfall des Grenzbetrages (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.) in Streitzeiträumen ab Januar 2012 für den Anspruch auf Kindergeld nicht mehr von Bedeutung.
  2. Ab dem Jahr 2012 kann auch das Fehlen einer typischen Unterhaltssituation die Kindergeldberechtigung der Eltern nicht mehr ausschließen.
 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 2, §§ 62, 63 Abs. 1; EStG a.F. § 32 Abs. 4 S. 2; BGB §§ 1360, 1360a, 1608 S. 1, § 1615 l

 

Tatbestand

Streitig ist die Ablehnung der Festsetzung von Kindergeld ab dem 01.01.2013.

Die Klägerin ist Mutter des Kindes P (geboren am …….1992). Nach Abschluss der Schulausbildung leistete das Kind von 2011 bis 2012 ein freiwilliges soziales Jahr. Im Hinblick darauf setzte der Beklagte bis einschließlich Juli 2012 für die Tochter P Kindergeld fest (Bescheid vom 27.07.2011).

Anfang Juni 2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ihre Tochter P schwanger sei, voraussichtlich im November 2012 entbinden und erst im Oktober 2013 ein Studium aufnehmen werde. Mit Schreiben vom 21.06.2012 teilte sie mit, dass ihre Tochter P sich bei der Agentur für Arbeit D gemeldet habe, und reichte eine Bestätigung über einen Termin für ein Beratungsgespräch am 18.07.2012 als Nachweis ein. Daraufhin setzte der Beklagte für das Kind P Kindergeld vom 01.08.2012 bis zum 30.09.2012 fest (Bescheid vom 27.06.2012).

Ende August informierte die Klägerin den Beklagten darüber, dass ihre Tochter P im Wintersemester 2012/2013 an der Technischen Universität X immatrikuliert sei. Auf die Frage des Beklagten nach den Einkünften des Vaters ihres Enkelkindes teilte sie mit, dass dieser nicht für die Ausbildung ihrer Tochter verantwortlich sei. Der Vater des Enkelkindes verdiene als gerade ausgelernter Gärtnergeselle ca. 1.300 € netto. Daher müssten sie und ihr Ehemann ihre Tochter finanziell unterstützen; sie zahlten die Kosten für das Studium und auch deren Lebensunterhalt. Die Klägerin beantragte, das Kindergeld auch ab Oktober 2012 zu gewähren.

Am 01.10.2012 begann das Kind P ein Lehramtsstudium an der Technischen Universität X. Am …...2012 wurde P Mutter des Kindes F. Sie setzte ihr Studium fort.

Der Beklagte forderte die Klägerin erneut auf, die Einkünfte und Bezüge des Vaters des Enkelkindes der Klägerin vorzulegen. Daraufhin reichte die Klägerin Gehaltsabrechnungen des Vaters ihres Enkelkindes ein und gab an, dass ihre Tochter kein eigenes Einkommen habe. Der Beklagte kam zu dem Ergebnis, dass der Vater des sog. Kindeskindes den Unterhalt für die Tochter P voraussichtlich in ausreichender Höhe werde sicherstellen können. Daher würde der Kindergeldanspruch der Klägerin ab dem Folgemonat des Beginns der Mutterschutzfrist entfallen.

Mit Bescheid vom 09.10.2012 setzte der Beklagte Kindergeld für die Tochter der Klägerin vom 01.10.2012 bis zum 31.12.2012 fest. Für die Zeit ab dem 01.01.2013 lehnte er eine Kindergeldfestsetzung ab.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, dass der Vater ihres Enkelkindes ihrer Tochter gegenüber nicht gemäß § 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unterhaltspflichtig sei. Während der Ausbildung eines Kindes, hier des Studiums ihrer Tochter, seien die Eltern zum Unterhalt verpflichtet und damit kindergeldberechtigt. Beim BAföG-Antrag werde auch die finanzielle Situation der Eltern zur Berechnung herangezogen und nicht die des Vaters eines Enkelkindes. Zudem sei die Einkunftsgrenze für Studenten weggefallen, sodass die Einkünfte und Bezüge ihrer Tochter unerheblich seien. Weitere Angaben zu den finanziellen Verhältnissen des Vaters ihres Enkelkindes mache sie nicht.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 20.02.2013).

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr nach wie vor Kindergeld für ihre Tochter P zustehe, da diese sich in einem Studium befinde und die Ausbildung durch Mutterschutz nicht unterbrochen habe. Soweit der Beklagte auf die Einkommensgrenze hinweise, so sei dieser Einwand unbeachtlich. Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sei die Einkommensprüfung ersatzlos ab dem Jahr 2012 weggefallen. Kinder unter 25 Jahren, die sich in einer ersten Berufsausbildung oder, wie hier, in einem Erststudium befänden, würden ab diesem Zeitpunkt ohne weitere Voraussetzungen stets als Kind berücksichtigt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2013 den Beklagten zu verpflichten, für ihr Kind P ab dem 01.01.2013 Kindergeld i...

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