vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbsteuerbefreiung für mit einem Familienheim bebaute Grundstücke: Zivilrechtliche Auslegung des Grundstücksbegriffs – Eintragung im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts – Einbeziehung angrenzender unbebauter Flächen – Zugehörigkeit zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S.d. § 2 BewG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Erbsteuerbefreiung für mit einem Familienheim bebaute Grundstücke knüpft nicht an den Begriff der wirtschaftlichen Einheit i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 BewG an, sondern bezieht sich im zivilrechtlichen Sinn auf das im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts auf einer eigenen Nummer eingetragene Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil das Gebäude gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist.
  2. Ein unbebautes Flurstück, das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück angrenzt und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen ist, ist daher auch dann nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG begünstigt, wenn es nach der Verkehrsanschauung eine wirtschaftliche Einheit mit dem bebauten Grundstück bildet.
 

Normenkette

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1; BewG § 2 Abs. 1, § 181 Abs. 1; BGB § 94 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Ehefrau des Erblassers B. Der Erblasser war unter anderem Eigentümer des von ihm bewohnten und mit einem Einfamilienhaus, einem Schwimmbad sowie einer Doppelgarage bebauten Grundstücks Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1. Das Grundstück mit einer Größe von 1.810 qm war im Grundbuch von Z Blatt 1 eingetragen. Der Erblasser war ferner Eigentümer des unbebauten Grundstücks Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2. Dieses Grundstück mit einer Größe von 1.722 qm grenzt nordöstlich an das Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1 und war im Grundbuch von Z Blatt 10 eingetragen. Der Stadtdirektor der Stadt Z erteilte dem Erblasser unter dem 10. Oktober 1969 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer einheitlichen Grundstückseinfriedung auf beiden Grundstücken.

Der Erblasser verstarb am 11. Oktober 2014. Er wurde auf Grund notariell beurkundeten Erbvertrags vom 11. Juni 2013 von der Klägerin allein beerbt. Diese nutzt die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 zu eigenen Wohnzwecken.

Die Klägerin machte mit ihrer am 19. Juni 2015 beim beklagten Finanzamt abgegebenen Erbschaftsteuererklärung für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) geltend.

Das beklagte Finanzamt setzte gegen die Klägerin erstmals mit Bescheid vom 16. November 2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Erbschaftsteuer fest. Dabei gewährte es die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin wegen nicht mehr streitiger Punkte Einspruch ein.

Das beklagte Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 220.913 € neu fest. Dabei legte es der Steuerfestsetzung die mittlerweile festgestellten Werte für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 von 774.574 € und 569.982 € zugrunde. Für diese Grundstücke gewährte es weiterhin die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. März 2017 setzte das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin auf 329.213 € neu fest. Dabei berücksichtigte es die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG nur noch für das Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1. Zur Begründung führte es aus: Die Steuerbefreiung könne nicht für Grundstücke gewährt werden, bei denen es sich um selbständige wirtschaftliche Einheiten handele und die nicht bebaut seien. Bei dem Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 handele es sich um eine selbständige wirtschaftliche Einheit, die nicht bebaut sei.

Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 seien ursprünglich Eigentum der Stadt Z gewesen und einheitlich als „Bürgermeistergrundstück” bezeichnet worden. Die Grundstücke trügen dieselbe Adresse C-Straße, obwohl das unbebaute Flurstück 2 keinen Zugang zur C-Straße habe. Die Grundstücke seien seit jeher einheitlich als Wohnhausgrundstück mit Garten genutzt worden. Nach der Verkehrsanschauung handele es sich um eine wirtschaftliche Einheit. Auf die Eintragung der Grundstücke in unterschiedlichen Grundbüchern könne es deshalb nicht ankommen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Steuerbescheid vom 31. Mai 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2017 aufzuheben, soweit mehr als 220.913 € Erbschaftsteuer festgesetzt worden ist;

2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Steuerbescheid vom 31. Mai 2016 in...

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