rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassene Auswertung eines Grundlagenbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei unterlassener Auswertung eines Grundlagenbescheids kann die Richtigstellung des Folgebescheids nur im Rahmen der Festsetzungsfrist erfolgen.
  2. Im Umfang der in § 182 Abs. 1 AO festgelegten Bindungswirkung muss es entweder zu einer erstmaligen Regelung oder einer inhaltlichen Veränderung des bisherigen Regelungszustands kommen, damit durch den Erlass eines Grundlagenbescheids die Ablaufhemmung für die Anpassung eines Folgebescheids ausgelöst wird.
  3. Beinhaltet ein geänderter Grundlagenbescheid neben einer Änderung des laufenden Gewinns lediglich eine Wiederholung der Feststellung des Veräußerungsgewinns, so liegt hierin keine inhaltliche Änderung, die die Ablaufhemmung für die Anpassung des im Folgebescheid erfassten Veräußerungsgewinns von neuem beginnen lassen könnte.
 

Normenkette

AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 182 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.07.2005; Aktenzeichen XI R 43/04)

BFH (Urteil vom 06.07.2005; Aktenzeichen XI R 43/04)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielen im Streitjahr gewerbliche Einkünfte aus ihrer Beteiligung an der Firma GmbH & Co. KG und der…GbR. Die gewerblichen Einkünfte werden einheitlich und gesondert festgestellt.

Da die Kläger für das Streitjahr 1993 keine Einkommensteuererklärung einreichten, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen. Die Beteiligungseinkünfte schätzte der Beklagte - wie im Vorjahr - auf jeweils 25.500 DM aus der GmbH & Co. KG und auf jeweils 20.000 DM aus der GbR und setzte die Einkommensteuer 1993 mit Bescheid vom 27.02.1995 auf 19.320 DM fest.

Durch Feststellungsbescheid vom 12.06.1995 wurden die Einkünfte aus der GbR- Beteiligung für die Kläger auf jeweils 15.000 DM festgesetzt. Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid und setzte fälschlicherweise die im Schätzungsbescheid vom 27.02.1995 erfassten Beteiligungseinkünfte aus der GmbH & Co. KG auf jeweils 15.000 DM herab.

Mit Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung vom 23.11.1995 wurden die Beteiligungseinkünfte aus der GmbH & Co. KG für die Kläger auf je 13.000 DM geschätzt. Gleichzeitig wurde ein Veräußerungsgewinn von jeweils 133.000 DM festgesetzt. Der Bescheid erging endgültig. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1993 unterblieb.

Am 09.04.1998 wurden die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus der GbR für 1992 und 1993 aufgehoben. Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 1993 und setzte an Stelle der bisher erfassten 15.000 DM nunmehr 0 DM an.

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung vom 03.04.2000 wurden die laufenden Einkünfte der Kläger aus der GmbH & Co. KG jeweils auf 13.140 DM und der Veräußerungsgewinn jeweils auf 133.000 DM festgesetzt. Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 22.03.2001 die Einkommensteuer für 1993. Dabei berücksichtigte er die laufenden Einkünfte aus der GmbH & Co. KG erstmalig mit 13.140 DM, den Veräußerungsgewinn erstmalig mit jeweils 133.000 DM und den Gewinn aus der Beteiligung an der GbR jeweils mit 0 DM.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein, den sie nicht begründeten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 09.07.2001 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der Beklagte wies daraufhin, dass die einheitlich und gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht durch Anfechtung des Einkommensteuerbescheides, sondern nur durch Anfechtung des Feststellungsbescheides als Grundlagenbescheid angegriffen werden könnten.

Die Kläger haben am 08.08.2001 Klage erhoben.

Zur Begründung tragen die Kläger vor, eine Auswertung des Grundlagenbescheides vom 03.04.2000 sei hinsichtlich des Veräußerungsgewinnes nicht möglich. Für die Einkommensteuer 1993 habe die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres 2000 geendet. Der Veräußerungsgewinn sei erstmals mit Feststellungsbescheid vom 23.11.1995 festgestellt worden. Die Ablaufhemmung zur Auswertung dieses Grundlagenbescheides sei gemäß § 171 Abs. 10 Abgabenordnung (AO) bereits am 26.11.1997 abgelaufen. Eine Änderung auf Grund des Feststellungsbescheides vom 03.04.2000 sei somit nicht mehr möglich. Es könnten nur noch die tatsächlichen geänderten laufenden Beteiligungseinkünfte im Einkommensteuerbescheid erfasst werden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 22.03.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.07.2001 insoweit zu ändern, als kein Veräußerungsgewinn der Kläger aus der Beteiligung an der…GmbH & Co. KG bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung trägt er vor, nach ständiger Rechtsprechung könne ein Folgebescheid auch noch dann an einen geänderten Grundlagenbescheid angepasst werden, wenn ein früherer durch die Änderungsfeststellung suspendierter Grundlag...

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