Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuer: Steuersatz für die Verwendung von entaromatisiertem Testbenzin oder Leichtöl der Sorte Exxsol D60 – Einsatz zum Betrieb von HVOF-Brennern zur thermischen Oberflächenbeschichtung – Ersetzbarkeit durch Kerosin – Vergleichbarkeit mit schwefelarmem Leichtöl (HEL)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Steuersatz für die Verwendung von entaromatisiertem Testbenzin der Qualität 180/210 oder Leichtöl der Sorte Exxsol D60 zum Betrieb von HVOF-Brennern (Hochgeschwindigkeitsflammspritzen) zur thermischen Oberflächenbeschichtung von Werkstücken mit Karbid oder Metall ist § 2 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) EnergieStG (Gasöle der Unterpositionen 2710 19 41 bis 2710 19 49 KN mit einem Schwefelgehalt von höchstens 50 mg/kg) zu entnehmen, da von den in der Tabelle C des Anhangs I der RL 2003/96/EG aufgeführten Heizstoffen schwefelarmes Leichtöl (HEL) den eingesetzten Energieerzeugnissen nach seiner Beschaffenheit und dem konkreten Verwendungszweck am nächsten steht (vorgehend EuGH-Urteil vom 03.04.2014, C-43 und 44/13; BFH-Urteil vom 10. März 2015 VII R 9/11, BFHE 249, 275).
  2. Die für das Hochgeschwindigkeitsflammspritzen verwendeten Energieerzeugnisse Testbenzin 180/210 und Exxsol D60 können nicht durch ein anderes in der Tabelle C des Anhangs I der RL 2003/96/EG aufgeführtes Energieerzeugnis, insbesondere nicht durch Kerosin, ersetzt werden.
 

Normenkette

EnergieStG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 4 S. 1; RL 2003/96/EG Art. 2 Abs. 3; RL 2003/96/EG Tabelle C des Anhangs I

 

Tatbestand

Die…gegründete Klägerin bietet als Serviceunternehmen thermische Oberflächenbeschichtungen für verschiedene Bereiche der Industrie an.

Das dazu von der Klägerin angewandte Hochgeschwindigkeitsflammspritzen (...) ist ein thermisches Beschichtungsverfahren insbesondere für Karbid- und metallische Schichten.

Die dabei verwandten wassergekühlten HVOF-Brenner (High Velocity Oxy Fuel - Hochgeschwindigkeitsflammspritzen) bestanden im Wesentlichen aus einer Brennkammer und einer Düse. In der Brennkammer wurden Sauerstoff und entaromatisiertes Testbenzin der Qualität 180/210 (Unterpos. 2710 1121 KN) oder anderes, der gleichen Unterposition der KN zuzuweisendes Leichtöl (Exxsol D60) zur Zündung gebracht. Dabei entstand ein Gasstrahl (ca. 3.000 °C), der über eine Lavaldüse expandiert wurde. In den Gasstrahl wurde das Beschichtungspulver (Karbid oder Metall) an zwei Positionen eingedüst, angeschmolzen und auf ca. dreifache Schallgeschwindigkeit beschleunigt. Diese hochbeschleunigten Materialpartikel trafen auf die Werkstückoberfläche auf und erzeugten dort außerordentlich dichte Schichten von sehr hoher Haftfestigkeit.

Um Verzug und Gefügeänderungen zu vermeiden, wurde das jeweilige Werkstück mit CO2 oder Druckluft gekühlt. Es konnte aber bis zu 100°C warm werden.

Nach Ermittlungen auch durch eine Steueraufsichtsmaßnahme nahm der Beklagte die Klägerin mit Steuerbescheid vom 01.12.2008 für…€ Energiesteuer (189.796 l bei 15°C) und mit weiterem Steuerbescheid vom 07.12.2009 für…€ Energiesteuer (16.089 l bei 15°C) in Anspruch. Dazu führte er u.a. aus, von den in § 2 Abs. 1 und 3 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) genannten Energieerzeugnissen stünden die verwendeten Produkte dem Benzin der Unterpositionen 2710 1141 bis 2710 1149 der Kombinierten Nomenklatur (KN) am nächsten, so dass auf die verwendeten Produkte der Steuersatz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG anzuwenden sei.

Der Steuerbescheid vom 01.12.2008 betraf den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.10.2008 und der Steuerbescheid vom 07.12.2009 den Zeitraum vom 01.11. bis zum 31.12.2008.

Zur Begründung der gegen die beiden Steuerbescheide fristgerecht eingelegten Einsprüche trug die Klägerin u.a. vor, der Beklagte habe einen unrichtigen Steuersatz angewandt. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG sei der für Heizöl vorgesehene Steuersatz anzuwenden, da das Testbenzin mehr dem Heizöl als dem vom Beklagten angenommenen Motorenbenzin entspreche.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 18.12.2009 zum Bescheid vom 01.12.2008 und vom 29.12.2009 zum Bescheid vom 07.12.2009 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Dazu führte er u.a. aus: Zur Ermittlung des Steuersatzes sei auf die Beschaffenheit und den Verwendungszweck des Energieerzeugnisses abzustellen. Bei der Beschaffenheit komme dem Siedeverhalten eine herausragende Bedeutung zu, da dieses Merkmal für die unterschiedlichen Steuersätze des § 2 EnergieStG maßgebend sei. Aufgrund seines Destillationsverlaufs stehe Testbenzin dem Benzin der Unterpositionen 2710 1141 bis 2710 1149 KN näher als Gasöl der Unterpositionen 2710 1941 bis 2710 1949 KN. Blei- und Schwefelgehalt sowie Flammpunkt und Oktanzahl seien für den Steuertarif unerheblich.

Das Testbenzin sei auch kein Heizstoff, denn dazu hätte ein vergleichbares Energieerzeugnis sowohl in § 2 Abs. 1 und 2 EnergieStG als auch in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG aufgeführt werden müssen.

Ihrer fristgerecht erhobe...

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