Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenabzug bei Verlusten aus vom Arbeitgeber veranlassten Aktienverkäufen

 

Leitsatz (redaktionell)

Verluste aus Aktienverkäufen, die auf Druck des Arbeitgebers - zur Wahrung der Unabhängigkeit gegenüber Mandanten - nach Ablauf der Spekulationsfrist erfolgen, können nicht als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt werden, da Wertveränderungen in der Vermögenssphäre im Bereich der Überschusseinkunftsarten - von den in §§ 17, 23 EStG und § 21 UmwStG geregelten Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, §§ 17, 23; UmwStG § 21

 

Streitjahr(e)

2002

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.11.2005; Aktenzeichen VI B 47/05)

 

Tatbestand

Die Kläger machten im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2002 einen Verlust aus Aktienverkäufen in Höhe von 20.023 € als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit des Klägers geltend.

Sie trugen dazu vor, das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma A-GmbH sei zum 1.9.2002 auf die B-AG übergegangen. Gleichzeitig sei der Kläger zu diesem Zeitpunkt als sog. „Partner” aufgenommen worden und unterliege seitdem den strengen Unabhängigkeitsregeln der Arbeitgeberfirma, die den Besitz von Aktien an Betrieben von Mandanten verböten. Der Arbeitgeber habe ein System zur weltweiten Erfassung aller Mandanten und zur Überwachung des Aktienbesitzes seiner Mitarbeiter eingerichtet, in dem die Mitarbeiter alle Anlagen und Beteiligungen offen zu legen hätten. Bei Besitz eines „verbotenen Wertpapiers” werde der Mitarbeiter benachrichtigt. Im Fall des Klägers seien die in der Anlage zur Steuererklärung aufgelisteten Aktien beanstandet worden, die der Kläger sämtlich bereits länger als ein Jahr besessen habe. Durch den Verkauf auf Druck des Arbeitgebers seien dem Kläger schließlich die geltend gemachten Verluste entstanden.

Der Beklagte ließ die geltend gemachten Verluste im Veranlagungsbescheid vom 14.7.2003 unberücksichtigt und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf zwei Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 24.5.2000, wonach Verluste aus Immobilienverkäufen, selbst wenn sie aus beruflichem Anlass entstünden, der privaten Vermögensebene zuzuordnen seien.

Die Kläger erhoben dagegen am 24.7.2003 Einspruch, mit dem sie ihre Rechtsansicht, die Verluste aus den Aktienverkäufen seien als Werbungskosten zu berücksichtigen, im Einzelnen weiter begründeten. Die Kläger trugen insbesondere vor, eine Nichtbeachtung der Auflistung der „verbotenen Beteiligungen” hätte zwangsläufig zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Aus diesem Grund habe der Kläger zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes gar keine andere Wahl gehabt, als die Aktien im Jahr 2002 zu verkaufen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3.12.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte führte aus, es sei bereits zweifelhaft, ob der geltend gemachte Verlust den Begriff der „Aufwendungen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes” i.S.d. Werbungskostenbegriffes gemäß § 9 Abs. 1 EStG erfülle. Darüber hinaus sei die Kausalität des Verlustes mit den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nicht nachgewiesen. Es fehle am notwendigen objektiven Zusammenhang, denn der Verlust sei nicht durch den Verkauf der Aktien im Zeitpunkt des Verkaufs im Jahre 2002 eingetreten, sondern bereits vorher durch den Kursverfall der Aktien. Im Übrigen gehörten die Einkünfte aus der Beteiligung an einer AG als Aktionär laut Gesetzestext zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Verluste, die beim Verkauf von Aktien im Privatvermögen entstünden, könnten nur im Rahmen des § 23 EStG, d.h. bei Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist, oder bei einer wesentlichen Beteiligung im Rahmen des § 17 EStG Berücksichtigung finden. Ansonsten handele es um einen steuerlich nicht zu berücksichtigenden Verlust auf der privaten Vermögensebene.

Dagegen haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihre Rechtsansicht, die Verluste aus den Aktienkäufen seien beruflich veranlasst und daher als Werbungskosten zu berücksichtigen, weiterverfolgen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 3.12.2003 dahin zu ändern, dass Verluste aus dem Verkauf von Wertpapieren i.H.v. 20.023 € zusätzlich als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit abgezogen werden.

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht die geltend gemachten Verluste aus dem Verkauf der Wertpapiere nicht als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt.

Als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit sind nur solche Aufwendungen abzugsfähig, die durch die berufliche Tätigkeit veranlasst sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Demgegenüber haben Wertveränderungen in der Vermögenssphäre im Bereich der Übe...

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