Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgeltungsteuer: Barabfindung beim Tausch bereits steuerentstrickter Altaktien – Steuerbarer Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden vor Einführung der Abgeltungsteuer am 1.1.2009 erworbene Aktien, bei denen die einjährige Veräußerungsfrist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. bereits abgelaufen war, unter zusätzlicher Zahlung einer Barabfindung gegen neue Anteile getauscht, stellt die Barabfindung mangels Steuerverstrickung der Altaktien keinen steuerbaren Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG dar.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 4a Sätze 1-2, § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 6, Abs. 3 S. 4, § 52a Abs. 10 S. 1; EStG 2002 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2009

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.10.2016; Aktenzeichen VIII R 10/13)

 

Tatbestand

Die Kläger wurden für das Jahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

In der am 18. April 2010 eingereichten Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger die Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge. Insbesondere bat die Klägerin, die einbehaltene Abgeltungsteuer aus einem Aktientausch zu überprüfen. So sei ihr am 22. Juni 2009 mitgeteilt worden, dass die Firma A ihre Anteile an der Firma B durch Fusion übernehmen würde. Als Kaufpreis sei der Tausch 1 B-Aktie in 0,985-Aktie der Firma A zuzüglich einer Barabfindung in Höhe von 33 $ angeboten worden. Dies würde einem Gesamtwert von 50,40 $ entsprechen (Barabfindung 33 $ und Wert der neuen Aktie 17,40 $). Die Aktien der Firma B habe sie im Jahre 2006 in 3 Teilbeträgen zu 46,75 $, 48,35 $ und 50,50 $ erworben. Daraus ergebe sich, dass sie mit der Übernahme der Aktien durch die Firma A in etwa ihren in 2006 gezahlten Kaufpreis auf Dollar-Basis -inklusive der neuen Aktien- zurückerhalten werde. Das Angebot habe sie deshalb angenommen. Übertragen worden seien 750 Aktien.

Die Aktien seien in einem Depot bei der X-Bank gehalten worden. Bei der Abrechnung habe die X-Bank aus dem o. g. Vorgang von der gesamten Barausschüttung Kapitalertragsteuer in Abzug gebracht.

Die Abrechnung war der Steuererklärung beigefügt. Danach hat die X-Bank die Barabfindung in Höhe von umgerechnet 16.548,54 € (33 $ x 750 Aktien = 24.750 $ ) der Kapitalertragsteuer unterworfen.

Diese Besteuerung hielten die Kläger für rechtswidrig und begehrten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, den Tauschvorgang insgesamt nicht zu besteuern und die bereits gezahlte Abgeltungsteuer in Höhe von 4.648,80 € (Kapitalertragsteuer 4.046,12 €, Solidaritätszuschlag 222,53 € und 364,15 € Kirchensteuer) zu erstatten. Zur Begründung machte die Klägerin ergänzend geltend, wenn sie am Tage vor der Fusion ihre Papiere verkauft hätte, wäre der Verkaufspreis vollkommen steuerfrei gutgeschrieben worden. Es könne nicht rechtens sein, dass ein gesplitteter Übernahmepreis (Anteilsscheine plus Barabfindung) in einen Ertrag der Barabfindung umgedeutet werde.

Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen teilte der Klägerin auf ihre Anfrage hin mit, dass Barabfindungen, die im Rahmen einer Fusion ausländischer Unternehmen von dem übernehmenden Unternehmen neben eigenen Anteilen angeboten würden, als steuerpflichtiger Ertrag zu behandeln und dem Kapitalertragsteuerabzug zu unterwerfen seien.

Im Gegenzug würden die Anschaffungsdaten (Anschaffungskosten und Anschaffungszeitpunkt) der hingegebenen Anteile auf die Neuanteile übertragen. Im Falle der Klägerin habe dies zur Folge, dass auch die Neuanteile, trotz Anteilstausches nach dem 31. Dezember 2008, weiterhin als vor dem 1. Januar 2009 angeschafft gelten würden und damit in Zukunft weiterhin steuerfrei veräußert werden könnten. Durch die vom Gesetzgeber getroffene Regelung werde verhindert, dass bei Anteilen, bei denen die bisher geltende Haltefrist von einem Jahr bereits überschritten sei, die stillen Reserven wieder steuerverstrickt würden.

Die Besteuerung der Barabfindung lasse sich wirtschaftlich begründen. Im Falle einer Gewinnausschüttung vor dem Anteilstausch durch die „Altgesellschaft” in Höhe der durch die „Neugesellschaft” gezahlten Barabfindung wäre auf der einen Seite die Dividende normal zu besteuern gewesen, während auf der anderen Seite die Altanteile im Zeitpunkt des Anteilstausches entsprechend weniger wert gewesen wären. Die „Neugesellschaft” hätte in diesem Fall nur die Neuanteile im Gegenzug für die Übertragung der Altanteile hingegeben. Das wirtschaftliche Ergebnis wäre auch hier, dass die Klägerin neben den Neuanteilen im Wert von 17,40 $ auch Barvermögen i.H.v. 33 $ erhalten hätte. Das Argument der Bank, dass eine Veräußerung kurz vor dem Anteilstausch in Gänze steuerfrei geblieben wäre, betreffe letztlich einen anderen Sachverhalt.

Mit Bescheid vom 5. August 2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 10.898 € fest. Im Rahmen der begehrten Günstigerprüfung erfasste der Beklagte die besagte Barabfindung in Höhe von 16.548,54 € als Einnahmen aus Kapitalvermögen und rechnete die Abgeltungsteuer i...

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