Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung: Prüfung zur Steuerfachwirtin als angestrebtes Ausbildungsziel nach Ausbildung zur Steuerfachgehilfin

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Ausbildung zur Steuerfachgehilfin und die angestrebte Prüfung zur Steuerfachwirtin nach der Teilnahme an einem Vorbereitungskurs stellen keinen zum erstmaligen Abschluss einer Berufsausbildung führenden einheitlichen Ausbildungsgang i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dar, weil sich die für die Prüfung zur Steuerfachwirtin erforderliche berufspraktische Erfahrung von in der Regel mindestens 3 Jahren den notwendigen engen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsgängen entfallen lässt.
  2. Die zwischenzeitliche Berufstätigkeit bei einem Steuerberater begründet wegen des nicht im Vordergrund stehenden Ausbildungscharakters kein Ausbildungsdienstverhältnis, das im Rahmen einer einheitlichen Erstausbildung mit der vorherigen Ausbildung zur Steuerfachgehilfin verknüpft werden könnte.
 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, Sätze 2-3

 

Tatbestand

Die Klägerin bezog Kindergeld für ihre Tochter S (im Folgenden: S), geboren im April 1990. Im Anschluss an ihre Schulausbildung begann die Tochter im Juli 2010 ein Ausbildungsverhältnis zur Steuerfachangestellten, das sie im Januar 2014 mit bestandener Abschlussprüfung beendete.

Im April 2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (im Folgenden: Familienkasse) die Gewährung von Kindergeld für S für die Monate Februar 2014 bis April 2015. Sie erklärte, die Familienkasse habe im Januar 2014 die Kindergeldzahlungen eingestellt, obwohl die Tochter ihr eigentlich angestrebtes Ausbildungsziel „Steuerfachwirt” noch nicht erreicht habe. Dieses Ausbildungsziel habe die Tochter nun zum erstmöglichen Zeitpunkt aufgenommen, indem sie ab August 2016 den Vorbereitungskurs für die Prüfung zum Steuerfachwirt besuche. Ab Februar 2014 sei die Tochter als Steuerfachangestellte in Vollzeit beschäftigt; diese nichtselbständige Tätigkeit diene dem Erwerb der nötigen Berufserfahrung und sei somit nicht anspruchsschädlich. Die Zulassung für die Prüfung zum Steuerfachwirt erfordere den Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung zur Steuerfachangestellten und einer dreijährigen Berufserfahrung – insofern könne sich die Tochter erstmalig im Januar 2017 zur Prüfung anmelden, für einen Prüfungstermin im Dezember 2017.

Die Familienkasse lehnte den Antrag für den Zeitraum Februar 2014 bis April 2015 ab. Zur Begründung führte sie aus, S habe eine erste Berufsausbildung abgeschlossen und befinde sich derzeit in einer weiteren Berufsausbildung. Da sie einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehe, könne sie gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht mehr berücksichtigt werden (Ablehnungsbescheid vom 6.04.2017).

Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Sie erklärte, solange die Tochter ihr angestrebtes Ausbildungsziel Steuerfachwirt nicht erreicht habe, befinde sie sich noch in ihrer Erstausbildung. Da die Ausbildung zum Steuerfachwirt die bestandene Prüfung zur Steuerfachangestellten sowie eine mindestens 3-jährige Berufserfahrung voraussetze, liege der für eine einheitliche Erstausbildung erforderliche enge sachliche Zusammenhang vor; auch ein enger zeitlicher Zusammenhang sei gegeben, weil die Tochter die Steuerfachwirt-Prüfung zum erstmöglichen Zeitpunkt absolvieren wolle. Die Erwerbstätigkeit sei unschädlich – sie diene lediglich dem Erwerb nötiger Berufserfahrung und der Überbrückung des Zeitraums bis zur Steuerfachwirtprüfung.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 16.05.2017). Die Familienkasse führte aus, die Tochter der Klägerin habe bereits eine erstmalige Berufsausbildung zur Steuerfachangestellten abgeschlossen. Zur weiteren Ausbildung (Steuerfachwirt) bestehe kein enger zeitlicher Zusammenhang, weil die Absichtserklärung/ Bewerbung hier erst im August 2016 (Besuch des Vorbereitungskurses) erfolgt sei, nicht im unmittelbaren Anschluss an die bestandene Fachangestellten-Prüfung im Januar 2014. Damit stehe die Vollzeitberufstätigkeit der Tochter einem Kindergeldanspruch entgegen.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, eine einheitliche Erstausbildung und damit ein Kindergeldanspruch bestehe, wenn und solange ein bestimmtes Ausbildungsziel, für das mehrere Schritte erforderlich seien (hier der Abschluss des Steuerfachwirts), von Anfang an zielstrebig verfolgt werde. Hier habe die Tochter von Beginn an ein höheres Ausbildungsziel angestrebt; der Abschluss zur Steuerfachangestellten sei nach dem erkennbaren Ausbildungsplan lediglich Teilziel / Durchgangsstadium gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Familienkasse unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6.04.2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.05.2017 zu verpflichten, ihr für die Tochter S Kindergeld für Februar 2014 bis April 2015 zu gewähren.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Ei...

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