Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnerzielungsabsicht bei einem (dauerdefizitären) Betrieb gewerblicher Art

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein bislang dauerdefizitärer Betrieb gewerblicher Art (BgA) wird durch die Einlage einer gewinnträchtigen Beteiligung nur dann zum Gewerbebetrieb, wenn absehbar ist, dass die Beteiligungserträge die aufgelaufenen Verluste auf Dauer übersteigen und ein Totalgewinn erzielt werden kann.

2. Die Zuführung einer Finanzanlage zum gewillkürten Betriebsvermögen bewirkt mangels grundlegender Änderung der Geschäftstätigkeit des Betriebes gewerblicher Art nicht die Gründung eines neuen Betriebs.

 

Normenkette

KStG § 4 Abs. 1 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1993, 1994

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin mit einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) in den Jahren 1993 und 1994 der Gewerbesteuer (GewSt) unterliegt.

Die Klägerin - eine Gebietskörperschaft - unterhält seit 1968 einen Bäderbetrieb als BgA im Sinne des § 4 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). In den Jahren 1968 bis 1988 erzielte der BgA nach kameralistischer Berechnung Verluste in Höhe von insgesamt 55.086.786 DM. Der BgA erhielt im Rahmen des Finanzierungsbedarfs laufend Gelder aus dem Gesamthaushalt der Klägerin. Mit Wirkung zum 1. Januar 1989 legte die Klägerin eine Beteiligung im Nennwert von 20.000.000 DM (dies entspricht 1/6 des Grundkapitals) der „A” in den BgA ein, der die Beteiligung in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1989 als Finanzanlage auswies und mit einem Wert von

122.000.000 DM aktivierte. In den Jahren 1989 bis 1993 stellten sich die Jahresergebnisse des BgA unter Berücksichtigung der Beteiligungseinkünfte wie folgt dar:

1989

./.

750.541 DM (rechnerisch richtig ./. 744.541 DM)

1990

+

82.484 DM

1991

./.

359.684 DM

1992

./.

1.043.312 DM

1993

./.

1.978.511 DM.

Im Jahr 1994 erzielte der BgA der Klägerin einen nach § 8 Abs. 1 und 2, § 10 Nr. 2 KStG ermittelten Gewinn in Höhe von 44.779.823 DM. Darin enthalten war eine auf den BgA entfallende anteilige Gewinnausschüttung in Höhe von 50.222.909 DM, die auf einer am 22. Juni 1994 von den Aktionären der „A” beschlossenen Gewinnverwendungsvereinbarung beruht. In den nachfolgenden Jahren erzielte die Klägerin unter Berücksichtigung der Beteiligungseinkünfte folgende Gewinne (Jahresüberschüsse zuzüglich Steuern vom Einkommen) bzw. Verluste:

1995

./.

985.133 DM

1996

./.

2.197.643 DM

1997

+

4.899.046 DM

1998

./.

2.156.244 DM

1999

+

2.334.315 DM

2000

./.

749.463 DM

2001

+

11.730.020 DM.

Nach dem Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 8. Juli 2003 erhöht sich der Gewinn für das Jahr 2001 aufgrund einer Bilanzberichtigung auf 12.591.861 DM.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, der BgA werde mit Gewinnerzielungsabsicht unterhalten und unterliege deshalb der GewSt. Mit Bescheiden vom 20. August 1996 setzte er einen Gewerbesteuermessbetrag für 1993 von 942 DM und für 1994 von

1.064 DM fest, wobei der Messbetrag nach dem Gewerbeertrag jeweils 0 DM betrug. Gegen die Gewerbesteuermessbescheide legte die Klägerin mit dem Hinweis Einspruch ein, ein Gewerbebetrieb liege mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht vor. Der Beklagte wies die Einsprüche am 20. März 2000 als unbegründet zurück.

Mit ihrer am 20. April 2000 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend: Eine Absicht, im Zeitraum zwischen der Gründung des BgA bis zu einer in der Zukunft einmal anstehenden Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs ein positives, über den Eigenkapitaleinsatz hinausgehendes Totalergebnis zu erzielen, habe von Anfang an nicht bestanden und sich auch nicht später herausgebildet. Zu berücksichtigen sei, dass sich die nach kameralistischer Berechnung ermittelten Verluste der Jahre 1968 bis 1988 noch um die Summe der Abschreibungen von ca. 18.663.521 DM und der Zinsen von ca. 15.239.836 DM erhöhten. Die Anteilseinlagen seien zwar dadurch motiviert gewesen, steuerliche Vorteile zu nutzen und die Eigenkapitalausstattung des BgA zu verbessern. Es sei jedoch nie beabsichtigt gewesen, dass der BgA aufgrund der Dividendenerträge ein positives zu versteuerndes Einkommen erzielen sollte. Dies ergebe sich bereits aus der Überlegung, dass im Falle von im Hoheitsbereich gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft die ertragsteuerliche Belastung lediglich 38,75 % betrage, wohingegen bei einem BgA mit positivem zu versteuerndem Einkommen für eingebrachte Anteile an einer Kapitalgesellschaft allein 42 % Körperschaftsteuern anzufallen drohten. Deshalb sei auch ab der Anteilseinbringung darauf geachtet worden, dass die voraussichtlichen Dividendenerträge einschließlich der anrechenbaren bzw. erstattungsfähigen Steuern die Verluste aus dem operativen Geschäft des BgA nicht übersteigen. Die normale dem BgA zufließende „A"-Dividende betrage jährlich lediglich 5 bis 5,4 Millionen DM. Die Gewinnausschüttung in 1994 habe der Auskehrung des EK 56 zur Vermeidung der drohenden zwangsweisen Umgliederung in EK 50 gemäß § 54 Abs. 11 KStG gedient und stelle deshalb ein außergewöhnliches Ereignis dar. ...

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