Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung des (Grundlagen-)Bescheides nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO gegenüber dem (Folge-)Bescheid zur Feststellung der Höhe des begünstigten Veräußerungsgewinns

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erlaubt die Änderung eines Folgebescheids im Umfang der Bindungswirkung eines Grundlagenbescheids auch insoweit, als ein geänderter Grundlagenbescheid gegenüber dem vorausgegangenen Grundlagenbescheid keine neuen Feststellungen beinhaltet.
  2. Die Feststellung zur Höhe des nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigten Veräußerungsgewinns eines Personengesellschafters wird von der Bindungswirkung des nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO ergangenen Grundlagenbescheids erfasst.
 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2a, § 182 Abs. 1; EStG § 34 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin war in den streitigen Veranlagungszeiträumen 1986 und 1987 als Kommanditistin an der A KG (fortan: KG) beteiligt. Die Einkünfte der KG wurden gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a Abgabenordnung - AO - vom Finanzamt A-Stadt (Betriebsfinanzamt) einheitlich und gesondert festgestellt.

Mit der Einkommensteuererklärung für 1986 erklärte die Klägerin aus der Beteiligung an der KG einen laufenden Gewinn in Höhe von 105.801 DM und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 360.956 DM. Im Rahmen des erstmaligen Einkommensteuerbescheides vom 19.10.1988 setzte der Beklagte die erklärten Beträge bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb an und gewährte eine Steuerbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - für einen Betrag von 721.859 DM. Dabei wurde der erklärte Veräußerungsgewinn auf Grund eines Eingabefehlers verdoppelt.

Auf Grund einer Mitteilung des Betriebsfinanzamts der KG vom 19.07.1989, nach der sich der für die Klägerin festgestellte Anteil am Veräußerungsgewinn auf 363.410 DM belief, erließ der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1986 vom 06.01.1989. Darin wurde der gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigte Steuertarif für einen Betrag von 734.342 DM gewährt. Eine Steuerbegünstigung in gleicher Höhe enthielt auch der aus anderen Gründen geänderte Einkommensteuerbescheid 1986 vom 18.07.1990.

Am 02.01.1996 erließ das Betriebsfinanzamt der KG einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1996. Darin wurde der Anteil der Klägerin am laufenden Gewinn auf 102.555 DM und der Anteil am Veräußerungsgewinn - wie bisher - auf 363.410 DM festgestellt. Daraufhin änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 1986 erneut und berechnete die Steuerermäßigung nunmehr mit Bescheid vom 18.03.1996 für einen Betrag von 363.377 DM.

Für das Jahr 1987 erklärte die Klägerin im Rahmen ihrer KG-Beteiligungseinkünfte ausländische Einkünfte in Höhe von 14.413 DM und anrechenbare Quellensteuern in Höhe von 3.328 DM. Der Beklagte folgte zunächst dieser Erklärung im Rahmen des Einkommensteuerbescheides 1987 vom 15.03.1989. Obwohl in dem Gewinnfeststellungsbescheid des Betriebsfinanzamts der KG vom 18.10.1990 keine ausländischen Einkünfte und Steuern für die Klägerin festgestellt wurden, enthielt der aus anderen Gründen geänderte Einkommensteuerbescheid 1987 vom 08.11.1990 weiterhin einen Steuerabzug für ausländische Einkünfte. Erst auf Grund des geänderten Gewinnfeststellungsbescheides vom 02.01.1996, der wiederum keine Feststellungen zu ausländischen Einkünften und ausländischen Steuern enthielt, erließ der Beklagte einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid vom 18.03.1996, mit dem der Steuerabzug von 3.328 DM rückgängig gemacht wurde.

Gegen die Einkommensteuerbescheide 1986 und 1987 vom 18.03.1996 legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 03.07.1996 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung verwies der Beklagte auf die Bindungswirkung der Gewinnfeststellungsbescheide als Grundlagenbescheide gemäß § 182 Abs. 1 AO. In Folge dessen hätten die Einkommensteuerbescheide als Folgebescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an die Feststellungsbescheide des Betriebsfinanzamts der KG angepasst und entsprechend geändert werden können und müssen. Im Hinblick auf § 171 Abs. 10 AO sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

Mit der dagegen erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erlaube die Änderung eines Folgebescheides nur insoweit, als der geänderte Grundlagenbescheid gegenüber dem vorausgegangenen Grundlagenbescheid neue Feststellungen enthalte. Bloß wiederholende Feststellungen bereits gesondert festgestellter Besteuerungsgrundlagen entfalteten dagegen keine Bindungswirkung und lösten auch keine Hemmung der Verjährung nach § 171 Abs. 10 AO aus. Wegen des Vorbringens der Klägerin im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 05.08.1996 und 29.10.1996 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1986 und 1987 vom 18.03.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.07.1996 die Einkommensteuer für 1986 auf 269.069 DM und für 1987 auf 1.292.347 DM hera...

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