Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufzeichnung der Betriebseinnahmen eines Taxiunternehmers: Notwendige Angabe der Kilometerstände auf Schichtzetteln – Nichtordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen als neue Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO – Schätzung des Anteils der Privatfahrten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Erstellt ein Taxiunternehmer anstelle der Einzelaufzeichnung seiner Betriebseinnahmen sog. Schichtzettel, gehört zu deren notwendigem Inhalt die Angabe der Kilometerstände zu Beginn und am Ende der jeweiligen Schicht.
  2. Die nachträgliche Feststellung, dass die Aufzeichnung der Betriebseinnahmen nicht den steuerlichen Mindestanforderungen genügt, ist eine neue Tatsache i.S. der Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.
  3. Der Einwand, dass das Taxi für die Hälfte der Gesamtfahrtstrecke für Privatfahrten eingesetzt worden sei, ist zu verwerfen, wenn er nicht plausibel mit der bei der Auslesung des Taxameters festgestellte Besetztquote von 49 % in Übereinklang gebracht werden kann.
 

Normenkette

AO §§ 158, 162 Abs. 1 S. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 3; UStG § 22; UStDV § 63 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2006, 2007, 2008, 2009, 2010

 

Tatbestand

Der Kläger ist Taxiunternehmer mit einer Taxikonzession. Das Taxi des Klägers wurde in den Streitjahren 2006 bis 2010 im Zweischichtenbetrieb eingesetzt. Die vom Kläger beschäftigten zwei Fahrer fuhren jeweils zwei Mal wöchentlich eine Schicht. In den Streitjahren setzte der Kläger nacheinander zwei Taxis ein. Bei dem ersten Taxi, das bis Mai 2010 genutzt wurde, handelte es sich um einen Pkw des Typs Mercedes-Benz E 200 CDI Classic mit dem Kennzeichen X. Dieser Pkw wurde erstmals am 7.5.2001 zugelassen und seitdem - bis zum Verkauf am 21.5.2010 - ununterbrochen als Taxi genutzt. Im Mai 2010 wurde dem Kläger ein neues Taxi des Typs Mercedes-Benz E 200 CDI Blue Efficiency ausgeliefert. Das Kennzeichen dieses Pkw lautete Y. Laut TÜV-Bericht vom 3.5.2011 waren zu diesem Zeitpunkt mit dem Pkw 91.656 km zurückgelegt worden.

Neben dem Taxi war auf den Kläger ein weiteres Fahrzeug des Typs VW Passat mit dem Kennzeichen Z zugelassen, das Privatvermögen des Klägers bildete.

In den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 2006 bis 2010 (ab 2010 wurde der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau A veranlagt, die er in 2010 geheiratet hatte) legte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) entsprechend der eingereichten Erklärungen folgende durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte Gewinne für den Taxibetrieb des Klägers zugrunde:

 2006

 2007

 2008

 2009

 2010

 Gewinn in €

 16.702

 13.325

 15.303

 20.313

 20.852

 Datum ESt-Bescheid

 7.8.2008

 13.2.2009

 13.8.2009

 11.8.2009

 21.6.2011

Am 9.5.2012 erließ das FA eine Prüfungsanordnung betreffend eine Betriebsprüfung (BP) des Taxiunternehmens für die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer der Veranlagungszeiträume 2008 bis 2010. Die BP begann am 9.7.2012. Im Rahmen der BP stellte der Prüfer fest, dass die vom Kläger vorgelegten Einnahmebelege keine Angaben zu den Kilometerständen zu Schichtbeginn und zu Schichtende beinhalteten. Des Weiteren stellte der Prüfer fest, dass sich nach den Angaben des Klägers ein sehr hoher Anteil privater Fahrten von ca. 45% der Gesamtfahrleistung (durchschnittlich 34.000 km im Jahr) ergab.

Daraufhin leitete das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D am 17.8.2012 gem. § 397 der Abgabenordnung (AO) ein Strafverfahren gegen den Kläger mit der Begründung ein, dass der Verdacht bestehe, dass dieser in den Jahren 2009 bis 2011 durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für 2008 bis 2010 die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer verkürzt habe.

In der Folgezeit überprüfte der Prüfer auch den vor dem Prüfungszeitraum (PZ) liegenden Veranlagungszeitraum 2007 und kam zu dem Ergebnis, dass auch insoweit Diskrepanzen dergestalt bestünden, dass eine Differenz zwischen der Laufleistung lt. TÜV-Bericht und lt. Taxibetrieb bestehe, dass der Durchschnittsverbrauch vergleichsweise gering und dass nur ein geringer Bruttoerlös pro Kilometer erzielt worden sei. Mit Prüfungsanordnung vom 31.10.2012 erweiterte er daher den PZ auf den Veranlagungszeitraum 2007. Kurze Zeit darauf - am 10.12.2012 - wurde auch das Strafverfahren auf diesen Zeitraum erweitert.

Im Januar 2013 führte der Kläger das seit Mai 2010 von ihm genutzte Taxi mit dem Kennzeichen Y beim FA vor. Der Taxameter des Taxis wies eine Gesamtkilometerleistung von 234.873 km auf, wovon 115.293 km - also ca. 49,08% - auf die Besetztkilometer entfielen.

Der Prüfer schloss hieraus, dass bei einer Besetztquote von ca. 50% eine Laufleistung von 230.686 km auf die betriebliche Nutzung hätte entfallen müssen, so dass die vom Kläger behauptete umfangreiche private Nutzung nicht möglich gewesen sein könne. Zudem errechnete der Prüfer, dass sich bei einer betrieblichen Fahrleistung von 230.586 km ein Bruttoerlös von nur 0,59 € je km ergebe, was seines Erachtens als sehr gering...

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