Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren – Berücksichtigung des verschmelzungsbedingt entstandenen negativen EK 04 bei Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns als „verdecktes negatives EK 02” – Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltung des körperschaftsteuerrechtlichen Systemwechsels

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nach dem Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren ist ein negativer EK 04-Bestand auch dann nicht nicht als Anfangsbestand des Einlagekontos und bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns anlässlich einer Vorabausschüttung zu berücksichtigen, wenn er auf der Addition der Teilbeträge des EK 02 und dem Ausgleich des Wegfalls von Anteilen an der übertragenden Kapitalgesellschaft bei der Verschmelzung früherer gemeinnütziger Wohnungsbauunternehmen beruht und deshalb als „verdecktes negatives EK 02” qualifiziert werden könnte.
  2. Im Rahmen des körperschaftsteuerrechtlichen Systemwechsels bestand keine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers, anstelle der Anknüpfung an die formelle Gliederungsrechnung eine inhaltliche Rückverfolgung der materiellen Zusammensetzung und Herkunft der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach Verschmelzungen anzuordnen.
  3. Die gesonderte Feststellung der Endbestände i.S. des § 36 Abs. 7 KStG ist Folgebescheid zu der Gliederungsrechnung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. zum 31.12.2000.
 

Normenkette

KStG a.F. § 30 Abs. 2 Nrn. 2, 4, § 38 Abs. 1 Sätze 1, 4, § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; KStG § 27 Abs. 1 S. 4, § 36 Abs. 7, § 38 Abs. 1 Sätze 1, 4, § 39 Abs. 1; AO § 182; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.09.2013; Aktenzeichen I B 17/13)

 

Tatbestand

Der Rechtstreit betrifft die Verwendung bestimmter Teilbeträge des Eigenkapitals im Sinne des § 30 Körperschaftsteuergesetz (KStG) a.F. im Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren. Die Beteiligten streiten darüber, ob ein im Zeitpunkt des Systemwechsels bestehender negativer Betrag des sog. Eigenkapitalteils (EK) 04 bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns der Körperschaft (§ 27 KStG) unberücksichtigt bleibt und dadurch für eine Vorabausschüttung im Jahre 2001 der zur Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 Abs. 1 KStG führende Teilbetrag des EK 02 als verwendet gilt.

Die Klägerin – Kl. - ist Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH. Bis zur Aufhebung des Wohnungseigentumsgesetzes zum 31.12.1990 war sie ein gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen, weshalb sie nach dem Übergang in die Steuerpflicht über einen erheblichen Bestand an verwendbarem Eigenkapital in Form des Teilbetrags EK 02 (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F.) verfügte. Im Jahr 1995 wurde die „S-GmbH” als bisherige 100%-ige Tochter der Kl. und ebenfalls früheres gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen auf die Kl. verschmolzen. Die Verschmelzung führte im Anrechnungsverfahren zur Addition der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals der übertragenden Kapitalgesellschaft zu denen der übernehmenden Kapitalgesellschaft (§ 38 Abs. 1 Satz 1 KStG a.F.). Da die Summe der zusammengerechneten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals infolge des Wegfalls von Anteilen an der übertragenden Kapitalgesellschaft das maßgebliche verwendbare Eigenkapital der übernehmenden Kapitalgesellschaft überstieg, erfolgte bei der seinerzeitigen Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals der Kl. nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG a.F. ein Ausgleich bei dem Teilbetrag nach § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. Dies führte zu einem negativen Bestand des EK 04 in Höhe von „A” Deutsche Mark (DM). Die Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals der Kl. wurden nach § 36 Abs. 7 KStG unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch Bescheid vom 6.11.2007 wie folgt festgestellt:

EK 40 0 DM

EK 01/03 „C” DM

EK 02 „D” DM

EK 04 ./. „A” DM

Die Gesellschafterversammlung der Kl. beschloss am „... .…”.2001 eine Vorabausschüttung für das Geschäftsjahr 2001 in Höhe von „E” DM mit Fälligkeit am 28.12.2001. Der Bekl. setzte die Körperschaftsteuer für das Jahr 2001 mit Bescheid vom 6.11.2007 fest. Dabei sah er EK 02 als für die Ausschüttung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG als verwendet an und nahm eine Körperschaftsteuererhöhung in Höhe von „F” € an. Der Beklagte ermittelte den durch die Vorabausschüttung überschrittenen verminderten ausschüttbaren Gewinn im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG i.V.m. § 27 KStG wie folgt:

Eigenkapital laut Steuerbilanz „G” DM

./. gezeichnetes Kapital „H” DM

./. positiver Bestand des steuerlichen Einlagekontos 0 DM

= ausschüttbarer Gewinn „I” DM

./. positiver Bestand EK 02 „D” DM

verminderter ausschüttbarer Gewinn ./. „J” DM

Den gegen den Körperschaftsteuerbescheid gerichteten Einspruch vom 7.12.2007 wies der Bekl. mit seiner Einspruchsentscheidung vom 19.1.2010 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage vom 5.2.2010 (mit dem Aktenzeichen 6 K 384/10).

Gegen die Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 7 KStG vom 6.11.2007 legte die Kl. am 7.12.2007 Eins...

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