Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrechtliche Bewilligung des Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten: Vereinbarkeit des Abfragens personenbezogener Arbeitnehmerdaten (Steuer-ID-Nr., zuständiges FA) mit der EU-Grundrechtscharta

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Artikel 267 UAbs. 2 AEUV um eine Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht:

Ist Artikel 24 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK-DVO) dahin auszulegen, dass es der Zollbehörde hiernach gestattet ist, den Antragsteller aufzufordern, die vom deutschen Bundeszentralamt für Steuern für die Erhebung der Einkommensteuer zugeteilten Steueridentifikationsnummern und die für die Veranlagung zur Einkommensteuer zuständigen Finanzämter hinsichtlich der Mitglieder des Aufsichtsrats des Antragstellers und der bei diesem tätigen geschäftsführenden Direktoren, Abteilungsleiter, Leiter der Buchhaltung, Leiter der Zollabteilung sowie der für Zollangelegenheiten verantwortlichen Personen und der Personen, die Zollangelegenheiten bearbeiten, mitzuteilen.

 

Normenkette

UZK-DVO Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2; UZK Art. 31, 39 Buchst. A; UZK-ÜDelVO Anhang 6 zu Art. 5 Abs. 2 Buchst. A; VO (EU) 2016/679 Art. 4 Nrn. 1-2, Art. 5 Abs. 1 Buchst. b, Art. 6 Abs. 1 Buchst. e, Abs. 4 Buchst. a, Abs. 4 Buchst. B; EUGrdRCh Art. 8 Abs. 1, 2 S. 1, Art. 52 Abs. 1 S. 2; AO §§ 139a, 139b; EStG §§ 38-39, 39e Abs. 4 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 16.01.2019; Aktenzeichen C-496/17)

 

Tatbestand

1. Die Klägerin ist Inhaberin zollrechtlicher Bewilligungen, die ihr auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 302/1) sowie der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 253/1) erteilt worden sind. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um die Bewilligungen einer zugelassenen Empfängerin, einer zugelassen Versenderin und der Inanspruchnahme einer Gesamtbürgschaft als Vereinfachung im Unionsversandverfahren bzw. im gemeinsamen Versandverfahren. Darüber hinaus benötigt die Klägerin seit dem Beginn der vollständigen Anwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex - UZK -) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. EU Nr. L 269/1) die Bewilligung eines Verwahrungslagers.

2. Das beklagte Hauptzollamt bat die Klägerin mit Schreiben vom 19. April 2017, den im Internet abrufbaren Fragenkatalog zur Selbstbewertung Teil I - Informationen über das Unternehmen - bis zum 19. Mai 2017 zu beantworten. Dieser Katalog enthält unter anderem folgende Fragen:

„1.1.2 Benennen Sie, soweit für die Gesellschaftsform Ihres Unternehmens zutreffend,

...

c) die Mitglieder von Beiräten und Aufsichtsräten mit Vorname, Name, Geburtsdatum, Steuer-ID Nummer und zuständigem Finanzamt.

1.1.6 Benennen Sie die wichtigsten Führungskräfte (Geschäftsführende Direktoren/innen, Abteilungsleiter/innen, Leiter/in der Buchhaltung, Leiter/in der Zollabteilung usw.) des Unternehmens und beschreiben Sie die diesbezüglichen Vertretungsregelungen. Mindestens benötigte Angaben sind Vorname, Name, Geburtsdatum, Steuer-ID Nummer und zuständiges Finanzamt.

1.3.1. Benennen Sie die in Ihrer Organisation für Zollangelegenheiten verantwortlichen Personen oder die Personen, die Zollangelegenheiten bearbeiten (z.B. Zollsachbearbeiter/innen, Leiter/in der Zollabteilung) mit Angabe des Vornamens, Namens, Geburtsdatums, Steuer-ID Nummer, zuständiges Finanzamt und der Stellung in der Organisation.”

3. Das beklagte Hauptzollamt wies die Klägerin darauf hin, dass bei einem Unterbleiben der erforderlichen Mitwirkungshandlungen die Feststellung der Bewilligungsvoraussetzungen nach dem UZK nicht möglich sei. Unbefristete Bewilligungen werde es widerrufen, falls die erforderlichen Mitwirkungshandlungen unterbleiben sollten oder die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen sollten.

4. Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Die Anzahl der Personen in ihrem Unternehmen, die von den Fragen betroffen seien, sei sehr groß. Sie sei zudem aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten. Ihre Mitarbeiter seien teilweise nicht bereit, einer Weitergabe ihrer Daten zuzustimmen. Der Kreis der mit den Fragen unter 1.1.2 Buchstabe c, 1.1.6 und 1.3.1 bezeichneten Personen gehe über den Kreis der Personen hinaus, die in Artikel 24 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe b und c der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 (UZK-DVO) der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des E...

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