rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und Geschäftsbesorgung. keine Steuerbarkeit von Einnahmen aus vorgespiegelten Termingeschäften bis zum 31.12.1998. kein Zufluss steuerbarer Einnahmen beim betrogenen Anleger durch Novation, sondern nur in Höhe der Auszahlungen, soweit sie das eingezahlte Kapital übersteigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Auftrag des Steuerpflichtigen an eine Kapitalanlagegesellschaft, in seinem Namen Terminkontrakte aus Mitteln abzuschließen, die sich auf dem Treuhandkonto eines Brokerhauses befunden haben, führte nach den Gesamtumständen des Streitfalls nicht zur Begründung einer stillen Gesellschaft zwischen dem Steuerpflichtigen und der beauftragten Kapitalanlagegesellschaft, sondern hier war vom Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags auszugehen.

2. Auch Einnahmen, die nicht aus tatsächlich durchgeführten, sondern aus lediglich vorgespiegelten privaten Termingeschäften stammen, waren bis zum 31.12.998 nicht steuerbar.

3. Nur soweit der betrogene Anleger Zahlungen erhält, die über das von ihm eingesetzte Kapital hinausgehen, handelt sich bei diesen Beträgen um Einnahmen, die dem betrogenen Anleger – veranlasst durch die fehlgeschlagene Einkunftserzielung – zufließen.

4. Da ein Anlagebetrüger kein „leistungswilliger und leistungsfähiger Schuldner” ist, führt die gegen ihn gerichtete Kapitalforderung, die durch Novation an Stelle des Zahlungsanspruchs tritt, nicht unmittelbar zum Zufluss, sondern ist nach den Grundsätzen des § 8 EStG zu bewerten. Die Forderung eines Anlegers gegen einen Anlagebetrüger stellt keine objektive Bereicherung des Anlegers dar.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 4, 7, § 23 Abs. 1 Nr. 4, § 11 Abs. 1, § 8; HGB § 230; BGB § 675

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.08.2014; Aktenzeichen VIII R 41/13)

BFH (Urteil vom 27.08.2014; Aktenzeichen VIII R 41/13)

 

Tenor

1. Unter Änderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2010 wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der um die folgenden Beträge verminderter Einnahmen aus Kapitalvermögen neu festgesetzt:

1996:

120.369 DM

1997:

212.367 DM

1998:

281.625 DM

1999:

(18.657 + 361.379 =)

380.036 DM

2000:

940.203 DM

Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden zu 14 v.H. der Klägerin und zu 86 v.H. dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin … bezog u.a. Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (zwischen 91.733 DM im Jahre 1996 und 26.050 DM im Jahre 2000). … Der Rechtsstreit wird wegen der steuerlichen Folgen aus Kapitalanlagen geführt, die die Klägerin durch Verträge mit der C GmbH (künftig: C) vorgenommen hat.

Im August 1985 erteilte das Ordnungsamt … der 1985 gegründeten C die Erlaubnis nach § 34c GewO, die folgenden Tätigkeiten gewerbsmäßig auszuüben:

„Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über den Erwerb von Anteilscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft, ausländischen Investmentanteilen, sonstigen öffentlich angebotenen Vermögensanlagen, die für gemeinsame Rechnung der Anleger verwaltet werden, öffentlich angebotenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder Kommanditgesellschaft und von verbrieften Forderungen gegen eine Kapitalgesellschaft oder Kommanditgesellschaft.”

1986 meldete die C beim Gewerbeaufsichtsamt … ein seit Mai 1986 tätiges Unternehmen mit dem Gegenstand der „Unternehmensberatung und Vermittlung von Kapitalanlagen” an.

Die Klägerin kam mit C aufgrund einer Freundschaft mit dem in der Nachbarschaft wohnenden Geschäftsführer der C, Herrn K, in Kontakt. Die C beschrieb ihre Leistungen in dem Anlageprospekt „Unser Wissen”, in dem sie ausführlich die Abwicklung der Terminkontrakte schilderte. Sie wies auch auf die Rechtsprechung des BFH hin, wonach die Einkünfte aus privaten Termingeschäften weder Einkünfte aus Spekulationsgeschäften noch Einkünfte aus Leistungen waren. Abschließend heißt es:

„Deshalb empfehlen wir Ihnen, über unser Pulm-Programm entsprechende Termine zu ordern. … zögern Sie nicht, mit unserem Anlagesystem zu jetzigen Preisen zu ordern, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass Sie Ihre Kontrakte auch halten und finanzieren können.”

Des Weiteren schilderte der Prospekt den Geschäftsablauf:

„Um eventuelle Bedenken Ihrerseits auszuräumen, und zum anderen unsere Seriösität nachhaltig unter Beweis zu stellen, haben wir einen AUSSERGEWÖHNLICHEN und EINMALIGEN Geschäftsablauf gewählt.

DAS VON IHNEN ANZULEGENDE KAPITAL FLIESST AUF KEINEN FALL ZU UNS.

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