Entscheidungsstichwort (Thema)

Vororganschaftlich verursachte Mehrabführung der Organgesellschaft an die Organträger-Personengesellschaft als dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Gewinnausschüttung. Finanzierungsaufwendungen für den Erwerb der Organbeteiligung unterliegen dem Halbabzugsverbot

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Anders als § 3c Abs. 1 EStG verlangt § 3c Abs. 2 EStG keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Es genügt jeglicher wirtschaftliche Zusammenhang, d. h. jede objektive kausale oder finale Verknüpfung. Der wirtschaftliche Zusammenhang ist damit auch im Rahmen v. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG grundsätzlich als Veranlassungszusammenhang i. S. v. § 9 Abs. 1, § 4 Abs. 4 EStG zu verstehen.

2. Eine vororganschaftlich verursachte Mehrabführung der Organgesellschaft an die Organträger-Personengesellschaft ist bei deren Gesellschaftern, die die Beteiligung an der Organgesellschaft in ihrem Sonderbetriebsvermögen halten, als – dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende – Gewinnausschüttung zu behandeln.

3. Die Schuldzinsen für die zum Erwerb der Beteiligung an der ausschüttenden AG aufgenommenen Darlehen stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der als laufende Einnahme zu qualifizierenden offenen Gewinnausschüttung und unterliegen dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG, soweit sie der Gewinnausschüttung zuzuordnen sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass vorliegend in einem Veranlagungszeitraum die offene Gewinnausschüttung mit der Gewinnabführung aufgrund der Organschaft kumuliert.

 

Normenkette

EStG § 3c Abs. 1-2, § 3 Nr. 40 Buchst. d, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 4, § 20 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 14

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.07.2019; Aktenzeichen IV R 61/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt. Den Beigeladenen werden Kosten weder auferlegt, noch erstattet.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger und die Beigeladenen sind ehemalige Gesellschafter der KG, die zum 20. Dezember 2001 gegründet worden war (Dokumentenakte Bl. 2 ff.). Gegenstand des Unternehmens waren die für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten. Persönlich haftende Gesellschafterin war […]. Nachdem die persönlich haftende Gesellschafterin mit Wirkung zum 31. Dezember 2012 aus der Gesellschaft ausgeschieden war, erlosch die KG (Bl. 68 f.). Die Löschung wurde am 28. März 2014 im Handelsregister eingetragen (Bl. 70). Die Beteiligten streiten über den Umfang der Berücksichtigung von Finanzierungsaufwendungen im Zusammenhang mit Beteiligungen der Kläger und der Beigeladenen an der AG.

Zwischen der KG als Organträgerin und der AG als Organgesellschaft bestand im Streitjahr 2002 Organschaft im Sinne des § 14 KStG. Mit Vertrag vom 20. Dezember 2001 schloss die KG mit der AG einen Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung zum 1. Januar 2002 (Dokumentenakte Bl. 30 ff.). Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 2. April 2002 (Dokumentenakte Bl. 36).

Die Anteile an der AG wurden zu 78,75 % von den Klägern und den Beigeladenen gehalten. Ausgewiesen waren sie in deren jeweiligem Sonderbetriebsvermögen (Bilanzheft Bl. 23 ff.). Soweit Darlehensverbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung an der AG bestanden, wurden sie ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen behandelt. Mit Einbringungs- und Übertragungsverträgen vom 30. Dezember 2002 (Dokumentenakte Bl. 43 ff.) übertrugen die Kläger und die Beigeladenen ihre Beteiligungen an der AG zu Buchwerten aus den Sonderbilanzen in die Gesamthandsbilanz, so dass mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 die KG selbst zu 78,75 % an der AG beteiligt war.

Am 15. November 2002 wurde von der Gesellschafterversammlung der AG eine offene Gewinnausschüttung in Höhe von 750.000 EUR für das Wirtschaftsjahr 2001 beschlossen. Auf die Kläger und die Beigeladenen entfielen hierbei insgesamt 590.625 EUR (FS-Akte Bl. 73). Die Ausschüttungen wurden bei den Klägern in ihren jeweiligen Sonderbilanzen erfasst und zur Hälfte als steuerpflichtige Erträge im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung erklärt. Die Zinsaufwendungen der Kläger wurden jedoch in vollem Umfang (in Höhe von 274.600 EUR) als Sonderbetriebsausgaben deklariert.

Bei der KG fand in den Jahren 2007 bis 2009 eine Betriebsprüfung (Prüfungszeitraum 2002 bis 2004) statt. Die Betriebsprüfungsstelle vertrat die Auffassung, dass die Schuldzinsen quotal aufzuteilen seien, da im Streitjahr neben der Zurechnung des Einkommens nach § 14 KStG auch vororganschaftliche Gewinne ausgeschüttet worden seien. Demzufolge begrenzte der Betriebsprüfer den Abzug der Schuldzinsen der Höhe nach auf den Anteil, der auf die offene Gewinnausschüttung entfiel. Es ergab sich eine Gewinnerhöhung in Höhe von 89.081 EUR (BP-Akte Bl. 16 f.).

Am 18. November 2009 erließ der Beklagte einen aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfungsstelle geänderten Feststellungsbescheid für 2002 (Bl. 11 ff.). Der hiergegen eingelegte ...

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