rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe nicht individuell hergestellter Fertigarzneimittel im Rahmen einer ambulant im Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Abgabe von nicht individuell hergestellten Fertigarzneimitteln, die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung verabreicht werden, ist als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz umsatzsteuerfrei.

2. Ob ein Medikament individuell für den einzelnen Patienten hergestellt wurde oder ob es sich um ein Fertigmedikament handelt, ist für die Beurteilung des eng verbundenen Umsatzes ohne Relevanz.

3. Voraussetzung für die Annahme eines eng mit der Krankenhausbehandlung verbundenen Umsatzes ist, dass die Verabreichung der Medikamente im Zeitpunkt der Erbringung der ärztlichen Leistung im Rahmen der ambulanten Behandlung eines Patienten unentbehrlich bzw. unerlässlich ist.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14 Buchst. b; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1; EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. b

 

Tenor

Die Abgabe von nicht individuell hergestellten Fertigarzneimitteln, die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung verabreicht werden, ist als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz im Streitjahr umsatzsteuerfrei.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Umsatzbesteuerung von im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung den Patienten verabreichten nicht patientenindividuell herstellten Medikamenten, sog. Fertigarzneimitteln.

Das Krankenhaus verfügte über eine Zulassung nach § 108 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Das MVZ nahm an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) teil.

Zu dem Krankenhaus gehört auch eine Krankenhausapotheke, durch welche stationär und ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses mit Medikamenten versorgt werden. Die Krankenhausapotheke gibt die von ihr beschafften Medikamente, soweit nicht auch andere Krankenhäuser beliefert werden, ausschließlich krankenhausintern an die Stationen und Ambulanzen ab. Eine darüberhinausgehende Abgabe von Medikamenten an Personen, die nicht aktuell Patienten des Krankenhauses sind, erfolgt nicht. Die Versorgung des MVZ erfolgte über eine niedergelassene Apotheke, welche auch patientenindividuell hergestellte Medikamente aus der Krankenhausapotheke bezog.

Die Fertigarzneimittel werden durch die Krankenhausapotheke eingekauft, aufbereitet und in die Ambulanz des Krankenhauses geliefert. Im Rahmen der ambulanten Behandlung werden die Fertigarzneimittel z.B. gleichzeitig oder zeitlich hintereinander zusammen mit patientenindividuell hergestellten Zytostatika eingesetzt.

So werden etwa im Bereich der ambulanten Krebstherapie sowohl in der Krankenhausapotheke patientenindividuell hergestellte Medikamente als auch Fertigarzneimittel eingesetzt. Der Patient erhält etwa zur Therapie des Melanoms das patientenindividuell hergestellte und dosierte Medikament „Novolumab” und am selben Tag auf Grund der tumorbedingten Metastasierung „Pamidronsäure” zur Behandlung der erhöhten Calciumwerte infolge des Knochenabbaus. Dabei wird das Nivolumab patientenindividuell dosiert und zubereitet, während die Pamidronsäure mit einer Standarddosis als 3-stündige Infusion verabreicht wird. Eine entsprechende Verfahrensweise (mit anderen Medikamenten) erfolgt beispielsweise auch im Bereich der ambulanten Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder bei Augenbehandlungen.

Die Verabreichung der Medikamente erfolgt entweder auf Grund einer Ermächtigung des Krankenhauses, der Institutsambulanz, nach § 116a SGB V oder (in geringem Umfang) auf Grund einer persönlichen Ermächtigung des Krankenhausarztes nach § 116 SGB V.

Die Abrechnung der Medikamente erfolgt getrennt von der ärztlichen Behandlungsleistung über ein Rechenzentrum mit den jeweiligen Krankenkassen bzw. durch direkte Abrechnungen mit Privatpatienten. Ein geringer Teil entfällt auf die Zuzahlungen der Patienten.

Die durch das Rechenzentrum abgerechneten Umsätze für Fertigarzneimittel betrugen EUR, die Zuzahlungen von Patienten für Fertigarzneimittel EUR und die direkte Abrechnung mit Privatpatienten für Fertigarzneimittel EUR.

Gegen die Umsatzsteuervoranmeldung für August 2017 vom 10. Oktober 2017 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2017, eingegangen bei Gericht am 20. Oktober 2017 Sprungklage erhoben. Zu der Sprungklage hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 06. November 2017 seine Zustimmung erteilt.

Während des Klageverfahrens hat der Beklagte hat am 25. November 2020 einen erklärungsgemäßen Umsatzsteuerjahresbescheid für 2017 erlassen und die Umsatzsteuer für 2017 auf EUR festgesetzt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Bescheid enthalten sind erklärte

  • Umsätze aus der Abgabe von Fertigarzneimitteln i.H.v. EUR netto und
  • eine hieraus berechnete Ums...

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