Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung des Körperschaftsteuerbescheids einer übernehmenden Kapitalgesellschaft für die Einkommensteuerfestsetzung des einbringenden Einzelunternehmers gem. § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 2002

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Ausgliederung eines Einzelunternehmens durch Neugründung einer GmbH gem. § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG kommt zur Durchsetzung des Gebots des § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 2002 dem Körperschaftsteuerbescheid der GmbH wegen der Höhe des Veräußerungsgewinns des einbringenden Einzelunternehmers bei dessen Einkommensteuer eine mit der Bekanntgabe des Körperschaftsteuerbescheids eintretende materielle Bindungswirkung zu.

2. Wird der Körperschaftsteuerbescheid der GmbH dem bisherigen Einzelunternehmer als Gesamtrechtsnachfolger der GmbH durch Übersendung des Bescheides an den Prozessbevollmächtigten bekanntgegeben, ist diese Bekanntgabe für den Eintritt der materiellen Bindungswirkung ausreichend. Eine weitere Bekanntgabe desselben Bescheides gegenüber dem bisherigen einbringenden Einzelunternehmer als Drittbetroffenen der Körperschaftsteuerfestsetzung ist entbehrlich (so auch BFH v. 6.2.2014, I B 168/13).

3. Legt der Einbringende gegen den Körperschaftsteuerbescheid der GmbH als Drittbetroffener erfolgreich Einspruch ein, stellt der geänderte Körperschaftsteuerbescheid ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung dar, so dass der Einkommensteuerbescheid des Einbringenden gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändert werden kann.

4. Der Einbringende kann als Drittbetroffener Einspruch auch gegen eine Körperschaftsteuerfestsetzung über 0 EUR einlegen. Die mangelnde Beschwer der GmbH im Hinblick auf die Steuerfestsetzung gilt nicht für den Einbringenden.

 

Normenkette

UmwStG 2002 § 20 Abs. 4 S. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 350, 347 Abs. 1; UmwG § 123 Abs. 3 Nr. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 55 % zu tragen. Im Übrigen hat der Beklagte die Kosten zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Ausgliederung des Unternehmens des Klägers aus seinem Vermögen durch Neugründung einer GmbH ein Veräußerungsgewinn angefallen ist.

Der Kläger wird mit seiner Ehefrau gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Er betrieb im Streitjahr ein einzelkaufmännisches Unternehmen. Durch notariell beurkundete Erklärung vom 24. August 2006 gliederte der Kläger sein Einzelunternehmen im Wege der Ausgliederung durch Neugründung gem. § 123 Abs. 3 Nr. 2 Umwandlungsgesetz (UmwG) in die von ihm neugegründete A. B. Handelsvertretung GmbH (GmbH) zu Buchwerten durch Übernahme aller Aktiva und Passiva mit den Bilanzansätzen zum 31. Dezember 2005 aus. Die der notariellen Urkunde als Anlage 2 beigefügte Bilanz wies unter Berücksichtigung einer Ansparrücklage nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 154.000 EUR ein (positives) Kapital des Klägers zum 31. Dezember 2005 von 28.208,88 EUR aus. Für Zwecke der Besteuerung stellte der Kläger dagegen am 26. Juli 2006 eine Schlussbilanz auf den 31. Dezember 2005 auf, die unter Berücksichtigung einer Ansparrücklage in gleicher Höhe ein negatives Kapital von 161.209,68 EUR auswies. In diesem Jahresabschluss hatte der Kläger eine im Jahre 2003 gebildete Ansparrücklage für „71 Container a 2.450 EUR” in einer Gesamthöhe von 68.500 EUR aufgelöst. Ferner hatte er im Streitjahr neue Ansparrücklagen von insgesamt 90.443,60 EUR gebildet, und zwar für einen „Mittelklassewagen” in Höhe von 32.000 EUR (AK ca. 80.050 EUR), für einen Schreibtisch in Höhe von 1.600 EUR (AK ca. 4.000 EUR), für einen Chefsessel in Höhe von 800 EUR (AK ca. 2.000 EUR), für 30 Container „40 Fuß HC” in Höhe von 31.000 EUR (AK von je ca. 3.424,41 EUR, zusammen 102.732,30 EUR) und für 20 Container „40 Fuß DV” in Höhe von 25.043,60 EUR (AK von je ca. 3.226,70 EUR, zusammen 64.534 EUR).

Aufgrund eines Verschmelzungsvertrages vom 27. Juli 2010 sowie des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom selben Tage wurde das Vermögen der GmbH mit dem Vermögen des Klägers verschmolzen und das Unternehmen unter der Firma A. B. Handelsvertretung e.K. fortgeführt und am 19. August 2010 im Handelsregister eingetragen. Am 26. Januar 2011 wurde die Löschung der Firma des e.K. im Handelsregister eingetragen.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) hatte den Kläger und seine Ehefrau zunächst im Wesentlichen antragsgemäß entsprechend der eingereichten Einkommensteuererklärung 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) zur Einkommensteuer veranlagt. In der Folgezeit hatte das FA wegen einer geänderten Mitteilung über Beteiligungseinkünfte den Einkommensteuerbescheid 2005 entsprechend geändert.

Anfang 2010 führte das FA parallel sowohl beim Kläger als auch bei der GmbH jeweils eine Betriebsprüfung dur...

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