Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Stillstand der Klagefrist gegen Einspruchsentscheidung bis zur Erledigung eines ausdrücklich nur gegen während dieser Frist erlassenen Änderungsbescheid gerichteten Klageverfahrens. Rechtshängigkeit. Umsatzsteuer 1992

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter Geltung der „alten” Fassung des § 68 FGO (vor Erlass des 2. FGO-Änderungsgesetzes) muss, wenn während der noch laufenden Klagefrist gegen eine Einspruchsentscheidung ein weiterer Bescheid erlassen wird, dieser zum Gegenstand einer Klage gegen den geänderten Bescheid gemacht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Änderungsbescheid vor oder erst nach Klageerhebung erlassen wird.

2. Wird nach Erlass der Einspruchsentscheidung noch während der Klagefrist ein Änderungsbescheid erlassen, der in Erledigung der ausdrücklich nur gegen diesen Änderungsbescheid gerichteten Klage wieder aufgehoben wird, so tritt mangels Rechtshängigkeit kein Stillstand der Klagefrist hinsichtlich der Einspruchsentscheidung bis zur Erledigung des Klageverfahrens gegen den Änderungsbescheid ein.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1 S. 1, §§ 68, 66

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.06.2005; Aktenzeichen V R 23/03)

BFH (Beschluss vom 30.06.2005; Aktenzeichen V R 23/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klage fristgemäß erhoben wurde.

Da der Kläger zunächst keine Steuererklärung abgegeben hatte, veranlagte der Beklagte ihn mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schätzungsbescheid vom 05. Januar 1994 zur Umsatzsteuer 1992 und setzte Umsatzsteuer in Höhe von 10.000 DM fest. Den Einspruch dagegen wies er mit Entscheidung vom 09. Januar 1996, mit der er gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob, mangels Begründung zurück und gab dies der damaligen steuerlichen Vertreterin des Klägers, Frau Steuerberaterin … bekannt.

Am 05. Februar 1996 erging ein weiterer „Bescheid für 1992 über Umsatzsteuer” mit dem Inhalt, dass der Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid vom 05. Januar 1994 nach § 164 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) aufgehoben werde und 10.000 DM Umsatzsteuer festgesetzt worden seien. Der Kläger erhob Einspruch und kündigte zur Begründung die ausstehende Umsatzsteuererklärung an. Diesen Einspruch verwarf der Beklagte am 21. März 1997 als unzulässig, weil der Bescheid vom 05. Februar 1996 infolge seiner Nichtigkeit unanfechtbar sei. Die Nichtigkeit ergebe sich daraus, dass im Bescheid vom 05. Februar 1996 in einer Angelegenheit Stellung genommen wurde, über die bereits ein Bescheid ergangen sei, ohne dass zum Schicksal des ersten Bescheides eine Aussage gemacht worden sei. Dagegen hatte der Kläger Klage (damaliges Aktenzeichen: 3 (1) K 165/97) erhoben. Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung in diesem am 27. Januar 2000 die Aufhebung des Bescheides vom 05. Februar 1996 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 21. März 1997 zu Protokoll gegeben hatte, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Mit Schriftsatz vom 01. Februar 2000, bei Gericht eingegangen am 07. Februar 2000, hat der Kläger gegen den Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 05. Januar 1994 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 09. Januar 1996 Klage erhoben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er habe damals nicht fristgemäß Klage erhoben, weil seiner Ansicht nach der am 05. Februar 1996, das heißt innerhalb der Klagefrist, erlassene Bescheid den Umsatzsteuerbescheid vom 05. Januar 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung suspendiert habe und daher –ausschließlich– der Bescheid vom 05. Februar 1996 mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs habe angefochten werden müssen. Nachdem der Bescheid vom 05. Februar 1996 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung von dem Beklagten am 27. Januar 2000 aufgehoben worden seien, sei der erste Steuerbescheid wieder in Kraft getreten. Der Rechtsschutz des Klägers lebe wieder auf und er sei auch beschwert, weil materiell nicht über die Steuerfestsetzung endgültig entschieden worden sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2002 hat der Prozessvertreter des Klägers vorgetragen, dass es seiner Ansicht nach nicht mehr darauf ankomme, dass Wiedereinsetzung beantragt und gewährt werde, weil die Klagefrist zu dem Bescheid vom 05. Januar 1994 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 09. Januar 1996 nach der mündlichen Verhandlung zu 3 (1) K 165/97 am 27. Januar 2000 neu zu laufen begonnen habe, mithin die Klage innerhalb der Klagefrist erhoben worden sei.

Durch die Aufhebung des zweiten Bescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung sei das Verfahren bezüglich des nun angefochtenen Bescheides wieder aufgelebt, Zwar sei damals, nach Ergehen der Einspruchsentscheidung zum Erstbescheid, keine Klage erhoben worden, jedoch müsse man von einem Stillstand der Klagefrist ausgehen, weil es der Finanzbehörde andernfalls möglich sei, den Steuerpflichtigen d...

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