Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Absenkung des Investitionszulagensatzes nach Feststellung der Unvereinbarkeit mit EG-Recht. Investitionszulage 1997

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gesetzgeber verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Rückwirkung belastender Gesetze, wenn er wegen der Verletzung des EG-Rechts dazu verpflichtet war, das Investitionszulagenrecht rückwirkend dergestalt zu ändern, dass zumindest ab 1997 keine Investitionszulagen mit einem Zulagensatz von über 8 v.H. mehr gewährt werden durften bzw. eine Verlängerung der Investitionszulage i.H. von 8 v.H. für vor dem 1.7.1994 begonnene Investitionen nicht möglich war.

 

Normenkette

InvZulG 1996 § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 3 S. 1 Nr. 3; GG Art. 20 Abs. 3; Drittes Finanzmarktförderungsgesetz; EGVtr Art. 93 Abs. 3 (jetzt Art. 88 Abs. 3 EG); EG Art. 88 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.01.2004; Aktenzeichen III B 33/03)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob und inwieweit dem Kläger für Gerüstbauteile Investitionszulage zu gewähren ist.

Der Kläger ist Inhaber eines in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragenen Gerüstbauunternehmens. Hierfür erwarb er im Jahre 1997 Gerüstbauteile mit Anschaffungskosten von insgesamt 131.749 DM. Über diese Teile wurde bereits am 4. März 1994 ein sog. Kundenvertrag geschlossen. Darin heißt es, zur Lieferzeit: „… nach Anforderung durch den Kunden Fa. … 1997”. Die entsprechenden Rechnungen haben dem Beklagten nach Aktenlage vorgelegen.

Mit einem am 25. September 1998 beim Beklagten eingegangenen Antrag beantragte der Kläger Investitionszulage für die im Jahre 1997 unstreitig gelieferten Wirtschaftsgüter. Der Beklagte führte am 19. November 1998 eine Investitionszulagen-Sonderprüfung durch und versagte danach die Investitionszulage, soweit die erhöhte Zulage von 20% begehrt wurde. Mit Bescheid vom 29. Dezember 1998 setzte der Beklagte die Investitionszulage auf 1.085 DM fest, wobei er von einem Zulagensatz von 10 v. H. ausging und die Zulage nur für Gerüstteile gewährte, die im Jahre 1997 bestellt und geliefert worden waren.

Das Einspruchsverfahren ist erfolglos geblieben.

Der Kläger macht mit der Klage geltend, ihm stehe eine weitere Investitionszulage in Höhe von 20 v. H. aus Anschaffungskosten in Höhe von 129.908,80 DM zu. Es sei davon auszugehen, dass Bestellung und Investitionsbeginn im Begünstigungszeitraum erfolgt seien.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 29. Dezember 1998 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 2. August 1999 abzuändern und die Investitionszulage 1997 auf 12.918,30 Euro festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt.

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die umstrittenen Investitionen im Jahre 1994 mit der Bestellung begonnen und im Jahre 1997 mit der Lieferung der Gerüstbauteile abgeschlossen gewesen seien. Deshalb seien die vorgegebenen Investitionszeiträume des § 3 des Investitionszulagengesetzes 1996 (InvZulG 1996) nicht eingehalten worden. Der Kläger habe deshalb – von der bereits gewährten Zulage abgesehen – weder einen Anspruch auf die Grundzulage noch auf die erhöhte Zulage.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.

Dem Kläger steht weder eine erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 oder 3 InvZulG 1996 noch eine Grundzulage nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 i.V. m. § 3 Satz 1 Nrn. 3–5 InvZulG 1996 zu.

Voraussetzung für die Gewährung der auf 20 v.H. erhöhten Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 InvZulG 1996 ist, dass mit der Investition vor dem 01. Januar 1995 begonnen und sie vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen wurde. Der Kläger hat zwar bereits vor dem erstgenannten Stichtag, nämlich am 04. März 1994, mit den streitgegenständlichen Investitionen begonnen, sie jedoch nicht rechtzeitig abgeschlossen.

Begonnen wird eine Investition im hier allein entscheidungserheblichen Anschaffungsfalle in dem Zeitpunkt, in welchem das Wirtschaftsgut bestellt worden ist. Der Begriff der Bestellung ist nach Sinn und Zweck des Investitionszulagerechts originär steuerrechtlich zu bestimmen. Insoweit folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. BFH-Urteil vom 05. Februar 1998, III R 123/93, BFH/NV 1998, 1130). Danach setzt eine Bestellung voraus, dass sich der Investor bereits auf den Erwerb eines oder mehrerer konkreter Wirtschaftsgüter festgelegt hat. Im Streitfall konnte der Kläger lediglich noch den Lieferzeitpunkt im Jahre 1997 bestimmen. Der Senat hat jedoch entgegen der Ansicht des Klägervertreters, die dieser in der mündlichen Verhandlung noch einmal dargestellt hat, keinerlei Bedenken gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillens bereits im Zeitpunkt der Abfassung des Kundenvertrages vom 04. März 1994. Dieses Schriftstück enthält die übereinstimmenden Willenserklärungen des Klägers und der Lieferfirma … Baubedarf Gerüstbau GmbH, ist hinreichend bestimmt...

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