Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung eines Land- und Forstwirts an einmal ausgeübtes Wahlrecht zur Aktivierung des Feldinventars auch bei Strukturwandel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. FinVerw. und höchstrichterliche Rspr. räumen bilanzierenden landwirtschaftlichen Betrieben mit jährlicher Fruchtfolge die Möglichkeit ein, von einer Aktivierung des Feldinventars und der stehenden Ernte abzusehen (R 14 Abs. 2 S. 3 EStR 2008). In dieser Vorgehensweise ist eine Billigkeitsmaßnahme i. S. v. § 163 AO zu sehen.

2. Grundsätzlich kann ein Landwirt deshalb einmalig bei Beginn der Bilanzierung wählen, ob er das Feldinventar aktivieren möchte oder nicht. Hat sich ein Landwirt einmal dafür entschieden, das Feldinventar zu aktivieren, so ist er daran grundsätzlich auch für die Zukunft gebunden und hat keinen Anspruch mehr darauf, später aus Billigkeitsgründen zu einem Verzicht auf die Bewertung wechseln zu können. Ein bloßer Strukturwandel der Art, dass sich am bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Charakter des Betriebes nichts ändert, genügt nicht, um die Wahlmöglichkeit erneut auszulösen. Allenfalls ein Strukturwandel derart, dass aus einem vormaligen Gewerbebetrieb ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb neu hervorgeht, könnte das Wahlrecht neu begründen.

3. Die bloße Aufgabe der Milchproduktion, selbst wenn es sich hierbei um einen mehr oder minder verselbständigten Teilbetrieb gehandelt haben sollte, führt nicht zu einem das Nichtaktivierungs-Wahlrecht (erneut) auslösenden Strukturwandel, wenn es sich sowohl vor als auch nach dieser Veränderung unstreitig um einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehandelt hat.

4. Die einem bestandskräftigen Feststellungsbescheid zugrunde liegende Zustimmung des FA zu der Nichtaktivierung des Feldinventars stellt keinen Dauerverwaltungsakt dar, dem Bindungswirkung für nachfolgende Veranlagungszeiträume zukäme.

 

Normenkette

EStG §§ 13, 4 Abs. 1; EStR 2008 R 14 Abs. 2 S. 3; AO § 163 Sätze 1-3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ihr Feldinventar im Streitzeitraum aktivieren muss oder nicht.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. An ihr sind diverse natürliche Personen als Kommanditisten sowie die A. GmbH als Komplementärin beteiligt. Die GmbH ist im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig und ermittelt ihren Gewinn seit ihrer Gründung durch Betriebsvermögensvergleich. Ihr Wirtschaftsjahr beginnt am 1. Juli eines jeden Kalenderjahres und endet jeweils zum 30. Juni des Folgejahres.

In ihren Bilanzen bis einschließlich zum 30. Juni 2008 hatte die Klägerin das Feldinventar aktiviert. Ab dem Bilanzstichtag 30. Juni 2009 aktivierte sie das Feldinventar nicht mehr. In den Angaben zur Bilanz heißt es hierzu: „Das Feldinventar wurde nicht bewertet. Aufgrund der Veräußerung des Teilbetriebes Milchviehhaltung und der damit zwangsweise verbundenen Umstrukturierung des Betriebes wurde von dem Wahlrecht der Abbewertung des Feldinventars Gebrauch gemacht”. Auch in den Bilanzen der Folgejahre wurde das Feldinventar nicht aktiviert.

Den von der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2010 eingereichten Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die auf den Bilanzen der jeweils zugehörigen Jahre basierten, folgte das Finanzamt durch den Erlass entsprechender Feststellungsbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen. Hinsichtlich der jeweiligen Nichtaktivierung des Feldinventars ergingen diese Bescheide jedoch ohne Widerrufsvorbehalt.

Am 4. April 2013 gab die Klägerin die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2011 ab. Der Erklärung war die Bilanz der Klägerin zum Stichtag 30. Juni 2012 beigefügt. Auch in dieser Bilanz war das Feldinventar nicht aktiviert.

Eine entsprechende Veranlagung erfolgte zunächst nicht, da der Beklagte bereits seit dem 4. Dezember 2012 eine bis zum Erklärungseingang noch nicht abgeschlossene Betriebsprüfung für die Jahre 2008 bis 2011 bei der Klägerin durchführte. Dabei gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Klägerin nicht berechtigt gewesen sei, das Wahlrecht zur Nichtaktivierung des Feldinventars zum Bilanzstichtag 30. Juni 2009 neu auszuüben. Deshalb aktivierte er das Feldinventar zwar in den von ihm aufgestellten Prüfungsbilanzen. Aus Billigkeitsgründen machte er dies jedoch für die Wirtschaftsjahre 2008/2009 bis 2010/2011 außerbilanziell wieder rückgängig. Erst zum Bilanzstichtag 30. Juni 2012 nahm er für die erste noch offene Veranlagung (2011 bzw. Wirtschaftsjahr 2011/2012) die erfolgswirksame Aktivierung des Feldinventars vor.

Daraufhin erließ der Beklagte am 25. Juli 2013 einen Bescheid, mit dem er die Genehmigung der Nichtaktivierung des Feldinventars zum 30. Juni 2012 ablehnte.

Außerdem erließ er am selben Tag einen weiteren Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen...

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