Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für Lohnsteuerrückstände der GmbH; Wirksamkeit der Bestellung eines Geschäftsführers in einer Gesellschafterversammlung bei Abwesenheit eines nicht mit einer schriftlichen Vollmacht vertretenen Gesellschafters

 

Leitsatz (redaktionell)

Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für nichtabgeführte Lohnsteuerabzugsbeträge: Die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH in einer Gesellschafterversammlung kann auch dann wirksam erfolgen, wenn für einen nicht anwesenden Gesellschafter im Beschlusszeitpunkt zwar keine schriftliche Stimmrechtsvollmacht vorliegt, aber die mündlich oder konkludente Vollmachtserteilung sämtlichen Gesellschaftern bekannt ist und niemand Widerspruch wegen des Formmangels der fehlenden Schriftlichkeit erhebt.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 69, 34; GmbHG § 47 Abs. 3, § 46 Nr. 5; EStG § 41a Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger als Geschäftsführer der … …-GmbH für Lohnsteuerrückstände in Haftung genommen werden kann.

Am 30. August 1995 fand eine Gesellschafterversammlung der … … GmbH (nachfolgend: GmbH) statt, an welcher von deren Gesellschaftern, die Zeugen M. C. R. E. Und E. H. teilnahmen. In dieser Gesellschafterversammlung wurde beschlossen, dass der Geschäftsführer M. C. mit Wirkung vom 31. August 1995 als solcher abberufen werde und dass der Kläger als neuer alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer bestellt werde.

Die Rechtswirksamkeit dieses Gesellschafterbeschlusses ist zwischen den Beteiligten umstritten.

Für die Zeit von August bis Oktober 1995 wurden für die GmbH Lohnsteueranmeldungen – zum Teil verspätet – eingereicht, jedoch die Steuerabzugsbeträge nicht an den Beklagten abgeführt. Hierdurch liefen Rückstände an Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, Lohnkirchensteuer sowie Säumniszuschläge und Verspätungszuschläge zur Lohnsteuer in Höhe von insgesamt 30.338,36 DM auf.

Der Beklagte nahm den Kläger mit Bescheid vom 15. April 1997 in dieser Höhe in Haftung. Auf die Anlage zum Haftungsbescheid wird Bezug genommen.

Das Einspruchsverfahren ist erfolglos durchgeführt worden.

Im Einspruchsbescheid vom 13. Juli 1998 heißt es u. a., dass der Kläger nach dem Gesellschafterbeschluss vom 30. August 1995 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt worden sei. Er sei als solcher gemäß § 35 GmbH-Gesetz gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft und habe gemäß § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) die Pflichten der GmbH zu erfüllen gehabt.

Der Kläger behauptet, dass anlässlich der Gesellschafterversammlung der GmbH am 30. August 1995 eine schriftliche Vollmacht des Gesellschafters Herrmann Claus nicht vorgelegen habe. Es komme auch nicht darauf an, dass der Kläger sich selbst etwa als Geschäftsführer begriffen und tatsächlich als solcher gehandelt haben möge. § 47 Abs. 3 GmbH-Gesetz normiere die Schriftform der Vollmacht eines nicht anwesenden Gesellschafters als Wirksamkeitserfordernis und nicht lediglich als Legitimationsmittel. Auf Grund dessen sei die Inanspruchnahme des Klägers im Wege der Haftung auf der Grundlage des § 191 i.V.m. §§ 34, 69 AO rechtswidrig. Die im Klageverfahren vorgelegte Vollmacht stamme keinesfalls aus dem Jahre 1995, was durch ein grafologisches Gutachten zu beweisen sei.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 15. April 1997 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 13. Juli 1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass der Kläger rechtmäßig als Geschäftsführer bestellt worden sei, wie sich auch aus einer Verfügung des Amtsgerichts Leipzig – Registergericht – vom 20. September 1996 ergebe. Auf das in Kopie in den vom Beklagten vorgelegten Haftungsakten enthaltene Schreiben des Registergerichts wird Bezug genommen.

Die vom Kläger hilfsweise vorgetragene Begründung, die vorhandenen finanziellen Mittel hätten offensichtlich nicht zur Zahlung der Löhne und der Lohnsteuern ausgereicht, sei nicht zutreffend. Ausweislich eines in Kopie in den Haftungsakten befindlichen Kontoauszuges der … vom 06. September 1995 habe das Firmenkonto der GmbH damals noch ein Guthaben von 31.378,33 DM aufgewiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Gesellschafter der GmbH Hermann Claus seinem Sohn Michael Claus Stimmrechtsvollmacht für die Gesellschafterversammlung vom 30. August 1995 erteilt habe, durch Vernehmung der Zeugen H. und M. C. sowie E. H. und R. E.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 16. Mai 2000 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter ergehen, denn die Beteiligten haben sich hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt (§§ 79 a Abs. 3, 4; 90 Abs. 2 FGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger haftet gemäß § 69 AO in dem durch den Haftungsbescheid in Anspruch genommenen Umfange. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger Geschäftsführ...

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