Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verlust des Rechts zur Aufrechnung bei monatelangem Stillschweigen zu einer Umbuchungsmitteilung. Maschinell erstellte Umbuchungsmitteilung als wirksame Aufrechnungserklärung. Zulässigkeit der Aufrechnung eines zur Masse gehörenden Umsatzsteuererstattungsanspruchs mit Insolvenzforderungen. Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 1. Quartal 2001

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird in einer Umbuchungserklärung zur umgehenden Mitteilung von anderen Buchungswünschen aufgefordert, ist dies jedenfalls bei einer fälligen Gegenforderung als bloße Absichtserklärung anzusehen, der kein Bindungscharakter zukommt. Die bloße Untätigkeit des Steuerpflichtigen stellt daher keine konkludente Willenserklärung dar und führt nicht den Verlust des Aufrechnungsrechts des Steuerpflichtigen herbei.

2. Eine Umbuchungsmitteilung des FA ist als Aufrechnungserklärung anzusehen, wenn der klare und unzweideutige Wille zur Tilgung und Verrechnung entnommen werden kann, weil die klare Aussage enthalten ist, dass hierdurch Haupt- und Gegenforderung getilgt werden sollen. Der in der Umbuchungsmitteilung enthaltene Hinweis, dass eine Berücksichtigung der Buchungswünsche des Steuerzahlers im Regelfall nur bei vorgenommenen Buchungen auf noch nicht fällige Forderungen möglich ist, führt nicht dazu, dass die Erklärung des FA unter einer Bedingung steht.

3. Da ein zur Masse gehörender Umsatzsteuererstattungsanspruch, der daraus resultiert, dass Forderungen des Schuldners aus vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen danach uneinbringlich geworden sind, zwar erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, insolvenzrechtlich aber bereits im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung und damit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde, kann das FA gegen diesen Steuererstattungsanspruch mit Insolvenzforderungen aufrechnen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 226, 355; InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 17 Abs. 1; BGB §§ 146, 147 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.07.2005; Aktenzeichen VII R 72/04)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Über das Vermögen der Firma X.. Maler und Fußbodenleger GmbH – Gemeinschuldnerin – wurde am 01.07.1999 durch Beschluss des Amtsgerichts L… vom 29.06.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin wurde zur Insolvenzverwalterin bestellt.

Mit Datum vom 09.04.2001 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Quartal 2001 zur sogenannten Massesteuernummer beim Beklagten ein. Die Voranmeldung wies einen Erstattungsanspruch in Höhe von 17.105,16 DM aus. Dieser beruhte auf einer Umsatzsteuerkorrektur gemäß § 17 Abs. 1 UmsatzsteuergesetzUStG – wegen uneinbringlicher Forderungen der Gemeinschuldnerin. Mit Begleitschreiben vom selben Tag wurde der Beklagte gebeten, das Guthaben auf das Masse-Sonderkonto einzuzahlen.

Mit Schreiben vom 14.05.2001 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Zustimmung im Sinne des § 168 Satz 2 AbgabenordnungAO – hinsichtlich der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Quartal 2001 noch nicht erteilt werden könne. In dem maschinell erstellten Schreiben vom 08.06.2001 erklärte der Beklagte Umbuchungen des Guthabens auf Umsatzsteuer April 1999 in Höhe von 8.210,50 DM, auf insoweit seit dem 10.06.1999 entstandene Säumniszuschläge in Höhe von 1.804 DM sowie auf einen Säumniszuschlag zur Körperschaftsteuer 1994 in Höhe von 5 DM, insgesamt 10.019,50 DM. Das Restguthaben aus der Umsatzsteuer 1. Quartal 2001 in Höhe von 7.085,66 DM wurde der Klägerin am 14.06.2001 auf dem Verwalter-Sonderkonto gutgeschrieben. In der Mitteilung heißt es ferner: „Sollten Sie mit den Buchungen nicht einverstanden sein, geben Sie bitte umgehend die beanstandeten Buchungen sowie Ihre Buchungswünsche mit Steuernummer, Steuerart/Abgabeart, Zeitraum und Betrag an. Eine Berücksichtigung Ihrer Buchungswünsche ist im Regelfall nur bei vorgenommenen Buchungen auf noch nicht fällige Forderungen möglich.”

Laut Schreiben vom 27.11.2001 widersprach die Klägerin der Umbuchungsmitteilung und erklärte gleichzeitig die Aufrechnung in Höhe des betreffenden Umsatzsteuerguthabens von 10.019,50 DM mit Körperschaftsteuerschulden 1998 in derselben Höhe.

Daraufhin erteilte der Beklagte am 07.01.2002 antragsgemäß einen Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2 AO über Umsatzsteuer 1. Quartal 2001. In dem Bescheid wurden die erfolgten Umbuchungen sowie die Erstattung festgestellt.

Dagegen erhob die Klägerin Einspruch und vertrat die Auffassung, dass Umbuchungsmitteilungen keine Aufrechnungserklärungen darstellten. Ein Aufrechnungswille des Beklagten lasse sich nicht konkret der Umbuchungsmitteilung entnehmen. Darüber hinaus verstieße eine Aufrechnung gegen § 96 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung – InsO –, da das Guthaben aus der Umsatzsteuer 1. Quartal 2001 erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sei.

Durch Entscheidung vom 04.06.2002 wies der Beklagte den Einspruch als...

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