Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrtkosten im Zusammenhang mit auswärtigen Fortbildungsmaßnahmen. Verlustfeststellung zur Einkommensteuer zum 31.12.1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Fahrtkosten (Fahrten zum Lehrgangsort sowie Wochenendheimfahrten) im Zusammenhang mit einer auswärtigen Fortbildungsmaßnahme sind nur bis zum Ablauf von drei Monaten nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten abziehbar. Nach Ablauf von drei Monaten an derselben Tätigkeitsstätte unterliegen die Fahrtkosten der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige während der Durchführung der Fortbildungsmaßnahme in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat.

 

Normenkette

EStG 1997 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1) ist Diplom-Chemiker. Er war vom 01.01.1998 bis 01.04.1998 als Umweltberater Abfalltechnik beschäftigt und anschließend arbeitslos. Vom 14.09.1998 bis zum 13.09.1999 nahm er an einer einjährigen Fortbildungsmaßnahme zum „Anwendungsberater EDV und Management im Umweltschutz” in L. teil und absolvierte anschließend vom 01.10.1999 bis 23.12.1999 ein Praktikum im Bereich „EDV-Dokumentation, Umweltmanagement” bei der Firma X. L. Vom 01.01.2000 an war er bei der Firma X. aushilfsweise als Technischer Angestellter beschäftigt.

Der Kläger zu 1) und seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), wurden im Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

In ihrer Einkommensteuererklärung 1999 machten sie Werbungskosten in Höhe von 21.957 DM und 6.318 DM geltend, die sich aus Fahrtkosten für Fahrten von der Nebenwohnung zur Schulungsstätte bzw. zum Trainingsbetrieb sowie für Wochenendheimfahrten und Verpflegungskosten zusammensetzten.

Der Beklagte setzte mit Einkommensteuerbescheid 1999 vom 11.10.2000 die Einkommensteuer auf 0,– DM fest, wobei er bei den Einkünften des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten in Höhe von 8.357,– DM berücksichtigte. Des weiteren stellte er mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 11.10.2000 einen verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 in Höhe von 4.892 DM fest.

Die Kläger erhoben dagegen Einspruch und beantragten, Werbungskosten in Höhe von 19.922,– DM zu berücksichtigen sowie den Verlustvortrag auf 16.457 DM festzustellen. Die geltend gemachten Werbungskosten setzen sich wie folgt zusammen:

Für den Zeitraum vom 04.01.1999 bis 13.09.1999 (km = Fahrtkilometer):

36 Heimfahrten × 1100 km × 0,52 DM = 20.592 DM abzüglich 3.762 DM Erstattung

175 Arbeitstage × 16 km × 0,52 DM = 1.456 DM abzüglich 1.064 DM Erstattung

Für den Zeitraum vom 01.10.1999 bis 23.12.1999:

12 Heimfahrten × 1100 km × 0,52 DM = 6.864 DM abzüglich 4.500 DM Erstattung

60 Arbeitstage × 40 km × 0,52 DM = 1.248 DM abzüglich 912 DM Erstattung.

Durch Einspruchsentscheidung vom 07.11.2001 wurde der Einspruch gegen die Verlustfeststellung als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung führte der Beklagte aus, der Besuch der Fortbildung sei gemäß Abschnitt 34 Satz 5 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) einer Auswärtstätigkeit im Sinne des Abschnitts 37 Abs. 2 LStR gleichgestellt und gelte als berufliche Tätigkeit. Da bei einer längerfristigen vorübergehenden auswärtigen Fortbildungstätigkeit an derselben Fortbildungsstätte nur für die ersten drei Monate eine Dienstreise anzuerkennen sei und die drei Monate bereits im September 1998 begonnen hätten, gelte von Beginn des Jahres 1999 die Fortbildungsstätte als regelmäßige Arbeitsstätte. Die Heimfahrten sowie die Fahrten zwischen Zweitwohnung und Fortbildungsstätte seien mit 0,35 DM je Fahrtkilometer zu berücksichtigen, wobei die Erstattungen des Arbeitsamtes abzuziehen seien.

Die Kläger haben am 27.11.2001 gegen den Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag Klage erhoben.

Sie tragen vor, der Kläger zu 1) habe während der Fortbildungsmaßnahme und des Praktikums neben der Hauptwohnung in M. eine Zweitwohnung in L. bewohnt.

Sie sind der Ansicht, die geltend gemachten, im Einspruchsschreiben neu berechneten Aufwendungen in Höhe von 19.922 DM seien in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Begrenzung der Kosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) greife nicht ein, weil dem vorliegenden Fall keine Fahrten zu einer Arbeitsstätte zugrunde liegen würden. Eine Arbeitsstätte setze Arbeitslohn und arbeitsvertragliche Pflichten voraus, die in einem Arbeitsvertrag geregelt seien. Daran fehle es hier. Es habe kein Arbeitsverhältnis bestanden, vielmehr habe der Kläger zu 1) nur Lohnersatzleistungen vom Arbeitsamt erhalten. Weder die Fortbildungsstelle noch das Praktikum seien auf Weisung eines Arbeitgebers aufgesucht worden. Auch der Bundesfinanzhof habe entschieden, dass bei täglichen, auch über längere Zeit durchgeführten Fahrten von der Wohnung zu Lehrgängen die Fortbildungsstätte nicht mit einer Arbeitsstätte vergleichbar sei.

Die Kläger beantragen,

abweichend von dem Beschei...

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