rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfuhrumsatzsteuer bei illegal aus einem Drittland über Polen nach Deutschland geschmuggelten und hier sichergestellten Zigaretten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind unversteuerte und unverzollte Zigaretten illegal aus einem Drittstaat über Polen nach Deutschland verbracht und in Deutschland sichergestellt worden, so hat die deutsche Zollverwaltung nach Art. 215 Abs. 4 ZK neben dem auf die Tabakwaren entfallenden Zoll und der Tabaksteuer die Einfuhrumsatzsteuer auch dann festzusetzen, wenn lediglich die Zollschuld weniger als 5.000 EUR beträgt, die Einfuhrumsatzsteuer aber mehr als 5.000 EUR ausmacht (Anschluss an BFH v. 6.5.2008, VII R 30/07).

2. Auch die auf die Zigaretten entfallende Tabaksteuer ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer zu berücksichtigen, da es insoweit allein auf den Zeitpunkt des Entstehens der deutschen Einfuhrumsatzsteuer und nicht auf den Zeitpunkt der Einfuhr der Zigaretten nach Polen ankommt (gegen FG München v. 8.4.2010, 14 K 1009/09).

3. Die Befugnis zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer folgt grundsätzlich der Befugnis zur Erhebung des Zolls.

4. Der BFH hat die anschließende Revision mit Urteil v. 22.5.2012 (Az.: VII R 50/11) als unbegründet zurückgewiesen.

 

Normenkette

ZK Art. 202 Abs. 1, 3, Art. 217 Abs. 1 S. 1, Art. 215 Abs. 3-4; UStG § 11 Abs. 1, 3 Nr. 2, § 21 Abs. 2; TabStG § 19

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger zu Recht als Schuldner von Einfuhrabgaben und Tabaksteuer in Anspruch genommen wurde.

1.

Am 23. Februar 2007 wurde der Kläger, der einen Kastenwagen im Bereich X führte, auf einen Parkplatz durch Polizeibeamte kontrolliert. Auf der Ladefläche des Fahrzeugs befanden sich 40 Kartons mit je 25 Stangen Zigaretten zu je 200 Stück mit deutscher Beschriftung und ohne Steuerzeichen. Ein Karton war nicht verschlossen. Bei der anschließenden Durchsuchung des Wohnhauses des Klägers wurden eine weitere angebrochene Stange Zigaretten mit neun Schachteln zu jeweils 20 Stück und 1 angebrochene Schachtel Zigaretten mit 3 Stück aufgefunden. Auch diese Zigarettenschachteln wiesen keine Steuerzeichen auf.

Gegen den Kläger wurde ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, er wurde vorläufig festgenommen und noch am 23. Februar 2007 vernommen. Ausweislich der Vernehmungsniederschrift äußerte er sich zur Sache wie folgt:

„Vor ca. 1 Woche wurde ich von einem Bekannten angesprochen, ob ich nicht mithelfen könnte Gegenstände mit meinem Kastenwagen für ihn von einem Ort zu einem anderen zu bringen.

Diesen Bekannten kenne ich nur als A.

(…)

Auf meine Frage, was ich denn zu transportieren hätte sagte der A, dass ich Porzellanware fahren sollte.

(…)

Frage:

Wo und wann haben Sie die Kartons zum Transport übernommen?

Antwort:

Der A hat die Kartons mit einem Transporter morgen zu mir nach Hause gebracht und im Carport abgeladen.

Bei der Abladung war ich zugegen.

Das Kennzeichen des Transporters ist mir nicht bekannt.

Frage:

Wohin sollten Sie die Kartons bringen?

Antwort:

Die Kartons sollte ich auf den Parkplatz bringen.

Frage:

Haben Sie sich vom Inhalt der Kartons vergewissert?

Antwort:

Im Beisein von A habe ich einen Karton geöffnet und dabei festgestellt, dass sich darin nicht Porzellanwaren, sondern Zigaretten befinden.

Nachdem ich sagte, „Was soll der Scheiß?” wiegelte A ab und sagte „Bring die Kartons zum Parkplatz, für die halbe Stunde bekommst Du Dein Geld.”

Ich erhielt daraufhin 300 Euro, lud die Kartons in meinen Kastenwagen und machte mich auf den Weg zum Parkplatz.

Auf dem Parkplatz wurde ich dann von der Polizei kontrolliert.

Frage:

Was sollten Sie auf dem Parkplatz machen, auf wen sollten Sie warten?

Antwort:

Ich sollte mein Fahrzeug dort verlassen, abschließen und den Fahrzeugschlüssel auf den Vorderreifen Fahrerseite legen.

Von dort sollte ich zu Fuß nach Hause gehen (…). Den Fahrzeugschein hinterließ ich im Fahrzeug hinter der Sonnenblende.

A wollte dann später zusammen mit einer zweiten mir unbekannten Person das Fahrzeug abends wieder zu mir nach Hause bringen.

Frage.

Warum hatte A den Transport nicht eigenständig mit seinem Transporter durchgeführt?

Antwort:

Da es sich bei dem Transporter um ein Fahrzeug mit einem polnischen Kennzeichen handelt gehe ich davon aus, dass man mich zwischengeschaltet hat, da ein Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen ein geringeres Risiko einer Überprüfung hat.

(…).”

Die Zigaretten wurden noch am selben Tag beschlagnahmt

Nach dem Gutachten vom 27. Juli 2007 handelt es sich bei den Zigaretten um Fälschungen.

Das gegen den Kläger geführte Ermittlungsverfahren wegen Steuerhehlerei ist noch nicht abgeschlossen.

2.

Mit unter dem 15. Januar 2007 ergangenen Einfuhrabgabenbescheid setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Einfuhrabgaben i.H. von insgesamt EUR 38.491,83 fest (TabSt: EUR 27.338,99, Zoll: EUR 3.920,38 und EUSt: EUR 7.232,46).

An den Schachteln der insgesamt 200.183 Stück Zigaretten seien weder deutsche Steuerzeichen noch...

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