Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.1993; Aktenzeichen VII R 133/92)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine internationale Spedition, wendet sich gegen die Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer (Kfz-Steuer) für ihren mit dem amtlichen Kennzeichen HB … zugelassenen Sattelanhänger.

Sie führt diesen Rechtsstreit als Musterverfahren für die anderen Steuerpflichtigen, die von der Kraftfahrzeugsteuererhöhung in gleicher Weise betroffen sind.

Das beklagte Finanzamt (FA) hatte die Kfz-Steuer mit Bescheid vom 3. April 1989 auf jährlich DM 1.215,– festgesetzt. Diesen Bescheid änderte das FA mit Änderungsbescheid vom 25. Juli 1990 dahin, daß die Kfz-Steuer ab 1. Juli 1990 auf jährlich DM 300,– herabgesetzt wurde. Mit Änderungsbescheid vom 22. August 1991, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, setzte das FA die Kfz-Steuer ab 1. März 1991 wiederum auf jährlich DM 1.215,– fest. Die beiden Änderungsbescheide vom 25. Juli 1990 und vom 22. August 1991 beruhen auf folgenden Rechtsänderungen:

Durch das Gesetz über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen vom 30. April 1990 (BGBl I, 826) wurde eine ab 1. Juli 1990 zu erhebende Straßenbenutzungsgebühr eingeführt und gleichzeitig die Kfz-Steuer gesenkt. Die Senkung der Kfz-Steuer sollte zur Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zwischen einheimischen und gebietsfremden Straßengüterverkehrsunternehmen beitragen. Durch die Straßenbenutzungsgebühr sollte erreicht werden, daß der Wegekostenbeitrag für die einheimischen Fahrzeuge nicht verringert und der unzureichende Wegekostenbeitrag für die gebietsfremden Fahrzeuge erhöht wurde (so die Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf BT-Drucksache 11/6336 Seite 10). Die angestrebte Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zwischen einheimischen und gebietsfremden Straßengüterverkehrsunternehmen sollte in erster Linie durch die Senkung der Kfz-Steuer für Anhänger (Höchstsatz DM 300,– nach § 9 a Abs. 1 Nr. 2 KraftStG in der Fassung des Gesetzes vom 30. April 1990 BGBl. I, 826, 830) erreicht werden (Strodthoff, Kfz-Steuer, § 9 a Rdnr. 9 f., Stand Mai 1992). Die Erhebung der Straßenbenutzungsgebühr und die Senkung der Kfz-Steuer war auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1993 begrenzt worden, da die Bundesregierung davon ausging, daß bis zu diesem Zeitpunkt eine EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen auf diesem Gebiet vorliegen würde (BT-Drucksache 11/6336 Seite 20, zu Artikel 5).

Nach Verkündung des Gesetzes erhob die EG-Kommission beim EuGH Klage und beantragte den Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

Nachdem daraufhin bereits der Präsident des Europäischen Gerichtshofs mit Beschluß vom 28. Juni 1990 durch einstweilige Anordnung die Erhebung der Straßenbenutzungsgebühr vorläufig ausgesetzt hatte, wurde durch Beschluß des EuGH vom 12. Juli 1990 entschieden, daß die Bundesrepublik Deutschland die Erhebung der im Gesetz vom 30. April 1990 vorgesehenen Straßenbenutzungsgebühr für die in den anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeuge bis zum Erlaß des Urteils zur Hauptsache auszusetzen habe (Rs. C-195/90 R EuGHE 1990 I – 3351). Zur Begründung führte der EuGH aus, die Kommission habe gewichtige Gesichtspunkte für die dahingehende Auslegung des Art. 76 EWG-Vertrag angeführt, daß die Vorschrift jede einseitige nationale Maßnahme verbiete, die unmittelbar oder mittelbar zum Nachteil der anderen Mitgliedstaaten eine Veränderung der Bedingungen bewirke, unter denen derzeit der internationale Verkehr aus oder nach dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder der Durchgangsverkehr durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten abgewickelt werde. In dieser Weise könne sich auch eine von einem Mitgliedstaat eingeführte neue Straßenbenutzungsgebühr für schwere Lastfahrzeuge auswirken, wenn die Belastung für die inländischen Verkehrsunternehmer in erheblichem Maße durch eine Senkung der Kfz-Steuer kompensiert werde, der die Verkehrsunternehmer der anderen Mitgliedstaaten aufgrund von zweiseitigen Abkommen zwischen dem Staat, in dem sie niedergelassen sind und dem Staat, der die Gebühr eingeführt hat, nicht unterlägen (Absätze 27 und 28 des Beschlusses).

Am 18. Juli 1990 beschloß die Bundesregierung daraufhin, die Erhebung der Straßenbenutzungsgebühr ab sofort insgesamt – also auch für die in der Bundesrepublik zugelassenen Fahrzeuge – auszusetzen. In der Erwartung, daß bis zum 30. Juni 1991 eine europäische Regelung der Abgaben für den Straßengüterverkehr möglich sein würde, wurde in dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen vom 6. Dezember 1990 (BGBl. I, 2597) die Aussetzung der Straßenbenutzungsgebühr für alle Fahrzeuge bis zum 30. Juni 1991 angeordnet (vgl. dazu BR-Drucksache 299/91 GA II Bl. 57 ff.). Für den Fall, daß bis dahin der Rat der EG keine rechtliche Regelung getroffen haben würde, die die Erhebung der Geb...

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