Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufzeichnungen über die Betriebseinnahmen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Einkommensteuer 1972 und 1973

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG, so ist er zur Führung von Einzelaufstellungen über die Betriebseinnahmen oder zur Erstellung täglicher Kassenberichte nicht verpflichtet. Ein tägliches Auszählen der Tageseinnahmen reicht aus.

2. Genügt der Steuerpflichtige seiner in LS 1 genannten Verpflichtung, so ist das Finanzamt nicht berechtigt, im Rahmen einer Betriebsprüfung Zuschätzungen wegen nicht ordnungsgemäßer Buchführung vorzunehmen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3; EStDV 1971 § 12 Abs. 3; AO 1977 § 162

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom 5. September 1977 wird aufgehoben. Unter Abänderung der Steuerbescheide vom 24. November 1976 wird die Einkommensteuer für 1972 auf 1.846 DM und für 1973 auf 1.926 DM festgesetzt.

Die Kosten fallen dem Finanzamt zur Last.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 388 DM festgesetzt

Die Revision nach § 115 Abs. 2 FGO an den Bundesfinanzhof in München wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt einen Hundepflegesalon mit angeschlossenem Ladengeschäft für Hundeartikel. Er ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Zu diesem Zweck führt er Kassenberichtszettel, in die er seine Tageseinnahmen und die Kassenausgaben einträgt. Seit dem 1. April 1974 benutzt er eine Registrierkasse.

Bei einer Betriebsprüfung für die Jahre 1972 bis 1974 wurde festgestellt, daß die Betriebseinnahmen weder durch Einzelaufzeichnungen noch durch tägliche Kassenberichte ermittelt worden waren. In den Kassenberichtszetteln wurden lediglich die täglichen Gesamteinnahmen verzeichnet. Eine Abstimmung der Kassensoll- mit den Istbeständen erfolgte in unregelmäßigen Abständen jeweils am Schluß eines Berichtszettels für mehrere Tage und an jedem Monatsende. Uraufzeichnungen über die Ermittlung der Tageseinnahmen wurden nicht aufgehoben.

Das Finanzamt (FA) sah die Aufzeichnungen des Klägers als nicht ordnungsmäßig und beweiskräftig an und erhöhte die veranlagten bzw. erklärten Gewinne um Hinzuschätzungsbeträge von 1.000 DM jährlich. – Für 1974 machte es im Hinblick auf die seit April dieses Jahres eingesetzte Registrierkasse und die seither vorliegenden Kassenrollen die Hinzuschätzung nach Klageerhebung wieder rückgängig.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage richtet sich hiernach nur noch gegen die Berichtigungsbescheide für 1972 und 1973. Der Kläger macht geltend, für diese Jahre lägen die gleichen Kassenberichte vor wie für 1974. Er habe seine Betriebseinnahmen am Ende eines jeden Tages durch Zählung ermittelt, wobei er die auf einem Zettel notierten Betriebsausgaben hinzugerechnet und einen immer gleichbleibenden, jeweils vor Geschäftsbeginn in die Kasse eingelegten Wechselgeldbestand berücksichtigt habe. Aus Ersparnisgründen habe er nicht für jeden Tag einen Kassenberichtszettel gefertigt, sondern die Einnahmen und Ausgaben mehrerer Tage datumsweise getrennt auf einem Kassenbericht aufgezeichnet. Nach fünf bis neun Tagen habe er dann die im Kassenberichtszettel vorgesehene Kontrolle der Kassensoll- mit den Istbeständen vorgenommen. Es sei nicht einzusehen, warum diese Aufzeichnungen nicht ausreichen sollten. Für Einzelhändler, die Waren an ihnen nicht bekannte Kunden gegen Barzahlung verkauften, bestehe keine Verpflichtung zu Einzelaufzeichnungen. Hier genüge eine summarische Ermittlung der Tageseinnahmen. Es seien in den geprüften Jahren auch keine auffallenden Umsatz- und Gewinnschwankungen festzustellen, die die Hinzuschätzungen rechtfertigen würden.

Der Kläger beantragt,

die berichtigten Einkommensteuerbescheide für 1972 und 1973 aufzuheben.

Das FA beantragt

Klagabweisung.

In seiner Klageerwiderung beruft es sich, wie schon in der Einspruchsentscheidung, auf § 12 Abs. 3 EStDV 1971 i.V. mit Abschn. 18 Abs. 2 EStR 1972. Danach sei eine summarische Ermittlung der Betriebseinnahmen durch tägliche Kassenberichte ohne Einzelbelege nur dann nicht zu beanstanden, wenn die Berichte Datum, Kassenbestand vom Ende des Vortags, die täglichen Entnahmen und Einlagen im einzelnen, die geleisteten Betriebsausgaben unter Angabe von Zweck und Empfänger sowie den Kassenbestand am Ende des Tages enthielten. Diesen Anforderungen genügten die vom Kläger angefertigten Kassenberichte nicht. Der täglichen Abstimmung des Soll- mit dem Ist-Kassenbestand komme gerade bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erhöhte Bedeutung zu, da nur der Ist-Kassenbestand Aufschluß über die Höhe der tatsächlichen Betriebseinnahmen geben könne. Unterbleibe die Kassenabstimmung – wie hier – für mehrere Tage, so müsse nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, daß die Bareinnahmen rein rechnerisch ermittelt seien und mit den tatsächlichen Einnahmen nicht übereinstimmten. Dafür spreche auch, daß häufig im Kassenbericht ein Kassenbestand ausgewiesen sei, obwohl dem anschließenden Kassenber...

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