rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgelt für Tätigkeit als Beraterin in der Öffentlichen Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer Bremen nicht umsatzsteuerfrei

 

Leitsatz (redaktionell)

Die für eine juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeübte Tätigkeit einer selbständigen Rechtsanwältin als Beraterin in einer öffentlichen Rechtsberatung für Arbeitnehmer ist nicht „ehrenamtlich” und damit nicht gemäß § 4 Nr. 26 UStG umsatzsteuerfrei, wenn die Rechtsanwältin zum einen nicht gewählt oder öffentlich bestellt worden und zum anderen nicht unentgeltlich tätig geworden ist, sondern einen leistungs- und qualifikationsbezogenen Stundensatz erhalten hat, der mit 35 DM (bis zum Jahr 2001) bzw. 22,50 Euro (ab dem Jahr 2002) deutlich über der Entschädigung liegt, welche ehrenamtliche Richter nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz für ihre Zeitversäumnis pro Stunde erhalten (Ausführungen zum Begriff der „ehrenamtlichen Tätigkeit”).

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 26 Buchst. a, b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.04.2008; Aktenzeichen XI R 68/07)

 

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 13. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2004 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 5/6 und der Beklagte 1/6.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v. H. des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das von der Arbeitnehmerkammer Bremen an die Klägerin gezahlte Entgelt für ihre Tätigkeit als Beraterin in der Öffentlichen Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer Bremen gemäß § 4 Nr. 26 UStG umsatzsteuerfrei ist.

Die Arbeitnehmerkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Gesetz über die Arbeitnehmerkammer im Lande Bremen vom 28. März 2000, Brem.GBl. S. 83, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 20. Juni 2006, Brem.GBl. S. 291). Ihr sind Aufgaben der öffentlichen Rechtsberatung gemäß § 7 des Gesetzes über die öffentliche Rechtsberatung in der Freien Hansestadt Bremen (vom 1. Juli 1975, Brem. GBl. S. 297, zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Dezember 2001, Brem. GBl. S. 407) übertragen. Gemäß § 12 des Gesetzes über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (vom 18. Juni 1980, BGBl I 1980, 689, zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz vom 15. Dezember 2004, BGBl I 3392, Beratungshilfegesetz – BeratHiG) tritt in den Ländern Bremen und Hamburg die öffentliche Rechtsberatung an die Stelle der Rechtsberatung nach dem Beratungshilfegesetz. Das Land Bremen erstattet der Arbeitnehmerkammer die entstandenen Aufwendungen (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 26. Oktober 2004 1 A 282/03, NZA-RR 2005, 429).

Die Klägerin ist seit 1981 als Rechtsanwältin in eigener Kanzlei tätig. In den Streitjahren 1997 bis 2003 war sie als Beraterin in der Öffentlichen Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer Bremen tätig. Sie erhielt für ihre Tätigkeit in den Jahren 1997 bis 2001 für die volle Zeitstunde einen Betrag von DM 35,00 in den Jahren 2002 und 2003 pro Zeitstunde EUR 22,50. In den Streitjahren wurden folgende Entgelte gezahlt:

1997

DM 8.391,00

1998

DM 8.557,00

1999

DM 9.056,00

2000

DM 10.386,25

2001

DM 13.895,00

2002

EUR 9.250,41

2003

EUR 8.336,30

Die Klägerin behandelte diese Entgelte in ihren Umsatzsteuererklärungen als umsatzsteuerfrei. Für die Jahre 1997 bis 2001 stimmte der Beklagte den Umsatzsteuererklärungen zunächst zu.

Mit Prüfungsanordnung vom 16. Juni 2003 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung angeordnet, die sich auf die Zeiträume 1999 bis 2001 erstrecken sollte.

Der Bericht über die Außenprüfung vom 22. Oktober 2003 enthält Prüfungsfeststellungen für den Zeitraum 1997 bis 2001. Die Betriebsprüferin sah die von der Arbeitnehmerkammer Bremen erhaltenen Beträge als steuerpflichtige Umsätze an und lehnte die Anwendung von § 4 Nr. 26 UStG unter Hinweis auf Abschnitt 120 (3) der Umsatzsteuer-Richtlinien ab. Bei der Mitwirkung von Rechtsanwälten in Rechtsberatungsdiensten handele es sich nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit, weil Rechtsanwälte in diesen Fällen nicht außerhalb ihres Hauptberufs tätig würden.

Sie erhöhte die steuerpflichtigen Erlöse daher um die folgenden Beträge:

Jahr

15%

16%

1997

DM 7.296,52

1998

DM 2.853,26

DM 4.548,06

1999

DM 7.806,90

2000

DM 8.953,45

2001

DM 11.978,45

Mit den Umsatzsteuerbescheiden 1997, 1998, 2000 und 2001 vom 13. Januar 2004, dem Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 16. Januar 2004 und den Umsatzsteuerbescheiden 2002 und 2003 vom 12. Mai 2005 wurde die Umsatzsteuer entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung erhöht.

Die Klägerin legte am 9. Februar 2004 und 7. Juni 2005 Einsprüche ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung und Stundung. Sie machte geltend, dass die streitbefangenen Beträge umsatzsteuerfrei s...

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