Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Qualifizierung eines Raumes als „häusliches Arbeitszimmer“ i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist es ohne Bedeutung, ob der Raum eine Betriebsstätte nach § 12 AO darstellt. Die Abzugsbeschränkung greift als Spezialvorschrift dann ein, wenn die gesetzlich normierten Tatbestandsmerkmale für den Begriff „Arbeitszimmer“ erfüllt sind.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, Abs. 4; AO § 12

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für einen Büroraum als Betriebsausgaben der Klägerin.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GbR ein Ingenieurbüro. Gesellschafter der Klägerin sind je zur Hälfte Herr xxx Wxxx Gxxx und seine Ehefrau Cxxx Dxxx-Gxxx. Der Gewinn der GbR aus selbstständiger Arbeit wird einheitlich und gesondert festgestellt und den Gesellschaftern hälftig zugerechnet. Die GbR, die in den Streitjahren bis zu 7 Mitarbeitern beschäftigt hatte, betreibt ihr Unternehmen hauptsächlich in gemieteten Büroräumen in der Wxxx x/Exxx xxx xx in Berlin. Dort befinden sich die Arbeitsplätze von Herrn xxx Gxxx und sämtlicher Angestellten.

Im Jahr 1993 errichteten die Gesellschafter der Klägerin einen Anbau an ihr privates Einfamilienhaus, xxxl xx, in Berlin. Dieser Gebäudeteil diente seit seiner Errichtung als Geschäftsraum der GbR und war in den Streitjahren der ausschließliche Arbeitsplatz der Gesellschafterin Frau Dxxx-Gxxx, von dem aus diese für die GbR tätig war. Im Kellergeschoss des Anbaus befindet sich außerdem das Archiv der Klägerin. Der streitbefangene Anbau an das Einfamilienhaus verfügt über einen separaten Eingang und zudem über eine Durchgangstür in die Privaträume. Das Büro ist mit typischen Büromöbeln wie Schreibtisch, Regalen usw. möbliert. Einrichtungsgegenstände, die der Privatsphäre zuzurechnen wären, befinden sich unstreitig nicht in diesem Raum.

Neben seiner Frau nutzte auch Herr xxx Gxxx, dessen Hauptarbeitsplatz sich während der Streitjahre in den gemieteten Räumen befand, den Anbau an den Wochenenden und zuweilen auch an anderen Tagen, in erster Linie um Objekte des Unternehmens zu demonstrieren. Insgesamt haben die Gesellschafter angegeben, das Büro sei - gemessen an der Gesamtnutzung - zu 90 % von Frau Dxxx-Gxxx und zu 10 % von Herrn xxx Gxxx genutzt worden.

Die Klägerin verbuchte seit Errichtung des Anbaus alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dessen Nutzung angefallen waren, als Betriebsausgaben. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß.

Im Jahr 2002 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Streitjahre statt. Der Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, dass der Anbau Sonderbetriebsvermögen der Klägerin darstelle. Es handele sich dabei um ein Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz -EStG-. Den Betriebsausgabenabzug beurteilte der Betriebsprüfer wie folgt:

Da der Anbau im gemeinschaftlichen Eigentum der Eheleute stehe, seien die diesbezüglichen Aufwendungen jedem Ehegatten zur Hälfte zuzurechnen. Die von Frau Dxxx-Gxxx getragenen Aufwendungen (50 % der Gesamtaufwendungen) seien zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen, da bezüglich dieser Gesellschafterin die Voraussetzungen für den vollen Betriebsausgabenabzug im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG gegeben seien. Denn für Frau Dxxx-Gxxx sei das Arbeitszimmer der Mittelpunkt ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit. Eine Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs komme daher nicht in Betracht.

Die auf Herrn xxx Gxxx entfallenden Aufwendungen (50 % der Gesamtaufwendungen) seien dagegen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Mittelpunkt der freiberuflichen Tätigkeit von Herrn xxx Gxxx befinde sich in den angemieteten Geschäftsräumen der GbR in der Wxxx xxx, wo Herr xxx Gxxx seinen regelmäßigen Arbeitsplatz habe. Die Tätigkeit in dem streitbefangenen Anbau mache weniger als 50 % von dessen Gesamttätigkeit aus. Nach den gesetzlichen Bestimmungen komme somit ein Betriebsausgabenabzug für die von Herrn xxx Gxxx getragenen Aufwendungen nicht in Betracht.

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ der Beklagte geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre vom 4. Dezember 2002, mit denen er dementsprechend nur 50 % der Gesamtaufwendungen für den Anbau zum Abzug als Betriebsausgaben zuließ.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass der Anbau an das Einfamilienhaus nicht etwa ein Arbeitszimmer beherberge, sondern eine Betriebsstätte der Klägerin. Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG könne schon aus diesem Grunde im Streitfall nicht eingreifen. Hilfsweise berief sich die Klägerin darauf, dass der Betriebsausgabenabzug in voller Höhe zu gewähren sei, weil Frau Dxxx-Gxxx als Gesellschafterin der Klägerin in dem Büroraum ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003 wies der Beklagte den Einspruch...

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