Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitsbewertung des Grundvermögens, Festsetzung des Grundsteuermessbetrages und Erhebung von Grundsteuer verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Absehen von einer neuen Hauptfeststellung für das Grundvermögen führt noch nicht zu einem Verstoß der Einheitswerte gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte regelmäßig erheblich unter dem gemeinen Wert liegen und daher schwer vorstellbar ist, dass eine Neuregelung der Einheitsbewertung zu einer Herabsetzung der Einheitswerte führen würde.

Die unterschiedlichen Bewertungsnormen für die alten und neuen Bundesländer führen - bei zwar bestehender Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte - nicht zu einem verfassungswidrigen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da der unterschiedliche Rechtszustand sachlich durch die Wiedervereinigung für eine Übergangszeit gerechtfertigt ist.

Die Erhebung der Grundsteuer verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG.

 

Normenkette

BewG § 9 Abs. 2, § 21 Abs. 1, § 129; AO § 3 Abs. 2; GrStG §§ 2, 42; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 106 Abs. 6

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.10.2006; Aktenzeichen II B 10/06)

 

Tatbestand

Der Kläger hatte im Jahr 1994 das Grundstück Xxxxxxxxxxxxx in xxxxxxxxxxxx erworben. Nach Abriss des alten Gebäudes im Jahr 1995 bewertete der Beklagte im Wege der Wert- und Artfortschreibung mit Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1996 vom 11. März 1997 das Grundstück als unbebautes Grundstück, stellte einen Einheitswert von 18 700,00 DM fest (vorher: 50 700,00 DM) und führte entsprechende Änderungen im Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 1996 und bei der Grundsteuer 1996 durch. Bei der Einheitsbewertung legte der Beklagte eine Grundstücksgröße von 750 qm zu 25,00 DM zugrunde.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit seinem Einspruch und trug vor, dass eine Fläche von 119 qm laut Vormerkung des Landes Berlin als Straßenland ausgewiesen und diese Fläche von der Berechnung auszunehmen sei.

Der Beklagte erließ am 9. August 2005 eine dem Einspruch insoweit abhelfende Entscheidung, als er den als Straßenland ausgewiesenen Teil mit 10,00 DM pro qm bewertete, den Einheitswert auf den 1. Januar 1996 auf 8 640 Euro = 16 900,00 DM, den Grundsteuermessbetrag auf 30, 24 Euro feststellte und die Grundsteuer auf 181, 44 Euro festsetzte. Der Beklagte führte aus, dass die beiden Flurstücke, aus denen sich das Grundstück zusammensetze, im Liegenschaftskataster als Gebäude- und Freifläche ausgewiesen seien. Von der Grundsteuer befreit und damit von der Bewertung ausgenommen werden könnten indes nur solche Grundstücksteile, die bereits vor der Umwidmung und/oder Einziehung für den öffentlichen Gebrauch hergerichtet worden seien und durch die Öffentlichkeit genutzt würden. Solange dies nicht geschehen sei, könnten wegen der Sicherungsvormerkung des Landes Berlin allenfalls Abschläge vom Bodenpreis vorgenommen werden. Nach einschlägigen Erfahrungen werde im allgemeinen vom Land Berlin bei der Einziehung von Straßenland ein Preis von 10 DM/qm als Entschädigung gezahlt; mit diesem Quadratmeterpreis sei das abzutretende Straßenland im Streitfall bewertet worden.

Im Rahmen seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor allem verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einheitsbewertung des Grundvermögens und die Grundsteuer vor und führt aus: Zwar habe das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- mit seinen Beschlüssen zur Vermögensteuer und zur Erbschaft- und Schenkungsteuer die Abschaffung der Vermögensteuer und eine Neubewertung des Grundbesitzes für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer bewirkt (Beschluss vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, Sammlung der Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 93, 121; Bundessteuerblatt BStBl - II 1995, 655; 671), leider aber keine Aussage zur Grundsteuer getroffen, so dass diese zunächst weiter gelte, zumal der Versuch einer Neuregelung im Jahre 2000 gescheitert sei. Jedenfalls sei die Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen.

Zum einen gelte rd. 15 Jahre nach der Wiedervereinigung in beiden Teilen Deutschlands kein einheitliches Recht hinsichtlich der maßgebenden Wertverhältnisse. Schon die unterschiedlichen Stichtage auf den 1. Januar 1964 in den alten Bundesländern und auf den 1. Januar 1935 im Beitrittsgebiet seien eine nicht zu rechtfertigende, verfahrensmäßig sehr aufwändige Ungleichbehandlung, so dass - ungeachtet der Ausführungen des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteil vom 2. Februar 2005 II R 36/03, -BStBl- II 2005, 428) - von einer möglichen Verfassungswidrigkeit auszugehen sei. Die Wertverzerrungen bei der Grundsteuer würden letztlich dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit als Ausprägung des Art. 3 Grundgesetz -GG- nicht mehr gerecht. Mit dem Urteil des BFH werde ein kompliziertes, arbeits- und kostenintensives Feststellungsverfahren aufrecht erhalten, nur um die Grundsteuer für die Gemeinden zu erheben (rd. 1,77 % des gesamten Steuerau...

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