rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Vorläufigkeitsvermerks durch Erstreckung auf andere Streitpunkte in einem Änderungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein in einem Änderungsbescheid enthaltener Vorläufigkeitsvermerk, der an die Stelle eines bereits ergangenen Vorläufigkeitsvermerks tritt, bestimmt den Umfang der Vorläufigkeit neu und regelt abschließend, inwieweit die Steuer nunmehr vorläufig festgesetzt ist. Der Steuerpflichtige muss allerdings nach den ihm bekannten Umständen (seinem „objektiven Verständnishorizont”) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 133 BGB) in der Lage sein, die Änderung des ursprünglichen Vorläufigkeitsvermerks sowie den Umfang des neuen Vorläufigkeitsvermerks erkennen zu können.

2. Hat das FA während einer Betriebsprüfung die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Fondsgesellschaft sowie die Sonderwerbungskosten der Gesellschafter ohne Angabe von Beträgen mit der Begründung vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO festgestellt, dass noch ein allgemeiner Klärungsbedarf bestehe und eine abschließende Bearbeitung derzeit nicht möglich sei, und hat das FA in einem Änderungsbescheid nach Abschluss der Betriebsprüfung, ohne auf den unmittelbar vorangegangenen Bescheid Bezug zu nehmen, die Vorläufigkeit nach § 165 AO auf andere Punkte, nicht mehr aber auf die Sonderwerbungskosten der Gesellschafter bezogen, so kann dieser Änderungsbescheid nur so verstanden werden, dass die Vorläufigkeitsfestsetzung nunmehr geändert wurde und sich nur noch auf die in dem Änderungsbescheid ausdrücklich angesprochenen Punkte beschränken sollte.

 

Normenkette

AO § 165 Abs. 2 Sätze 1-2, § 124 Abs. 1 S. 2; BGB § 133

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.04.2013; Aktenzeichen IX R 3/12)

BFH (Urteil vom 16.04.2013; Aktenzeichen IX R 3/12)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Änderung eines Feststellungsbescheides betreffend das Jahr 1997 gemäß § 165 Abs. 2 AbgabenordnungAO – noch möglich ist.

Die Klägerin gehört zur E-Unternehmensgruppe und erzielt Einkünfte aus der Vermietung eines Grundstücks in F.

Mit der am 17. April 2000 beim Finanzamt G eingegangenen Feststellungserklärung 1997 machte die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 4.338.829,00 DM geltend, die danach auf mehr als 80 Gesellschafter zu verteilen waren. Mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom 9. August 2000 folgt das Finanzamt G im Wesentlichen der Erklärung und stellte negative Vermietungseinkünfte in Höhe von 4.337.144,82 DM fest.

Am 6. November 2000 begann das Finanzamt G mit einer Außenprüfung bei der Klägerin betreffend die Feststellungseinkünfte 1995 – 1997. Nach dem vorliegenden Bericht vom 5. Juni 2001 sowie dem Ergänzungsbericht vom 1. September 2005 endete die Prüfung mit Unterbrechungen erst am 22. März 2005.

Unter Tz. 21 führte der Prüfer in beiden Berichten die Gesellschafter auf, bei denen eine Kürzung der Sonderwerbungskosten vorzunehmen war. Unter den 12 Gesellschaftern, die der Prüfer im Jahr 1997 aufführte, befanden sich auch die Beigeladenen. Die Höhe der gekürzten Sonderwerbungskosten entspricht dabei dem im Klageverfahren geltend gemachten Änderungsantrag. Unter Tz 24 des Ergänzungsberichts führte der Prüfer aus, dass der zu erlassende Bescheid hinsichtlich der Feststellungen der auf Gesellschaftsebene erzielten Werbungskostenüberschüsse vorläufig ergehen solle. Zur Begründung gab er an, dass ungewiss sei, ob nicht doch antragsgemäß die Rechtsprechung des BFH zur Behandlung von Provisionsnachlässen des Kapitalvertriebs an Anleger geschlossener Fonds auf Gesellschafterebene anzuwenden sei und dementsprechend Konsequenzen auf Gesellschaftsebene zu ziehen seien. Mit Bestandskraft der Feststellung auf Gesellschafterebene sei die Vorläufigkeit aufzuheben.

Mit Änderungsbescheid vom 25. April 2003 änderte der zuständig gewordene Beklagte die ursprüngliche gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 9. August 2000 betreffend das Jahr 1997 für die Klägerin aufgrund nachgemeldeter Sonderwerbungskosten der Eheleute H. (1208,33 DM statt 0 DM). Der Bescheid erging vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 AO im Hinblick auf die Anwendung des § 32c Einkommensteuergesetz – EStG –. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Änderungen im Hinblick auf die Außenprüfung erfolgten nicht. Es ergaben sich somit negative Vermietungseinkünfte von 4.338.353,15 DM.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 schlug die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts G, die für die Prüfung der E-Unternehmensgruppe zuständig war, der damals bevollmächtigten P GbR vor, wegen der strittigen Bauherreneigenschaft diverser von ihr vertretener Fondsgesellschaften und wegen einer Abstimmung nachgemeldeter Sonderwerbungskosten eine einheitliche Schlussbesprechung durchzuführen. Daraufhin teilten die damals zuständigen Bevollmächtigten der Fondsgesellschaften mi...

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