Entscheidungsstichwort (Thema)

Dachgeschossausbau als nicht nach § 7h EStG begünstigter Neubau: grundsätzliche Bindung des FA an die Bescheinigung der Gemeindebehörde, eigene Entscheidungsbefugnis des FA bei von Gemeindebehörde ausdrücklich nicht getroffener Entscheidung über das Vorliegen eines „Neubaus”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 7h EStG sind nur Herstellungskosten an einem im Sanierungsgebiet liegenden, bestehenden Gebäude begünstigt, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden. Entsteht durch den Ausbau eines Dachgeschosses erstmalig eine Wohnung, handelt es sich insoweit um einen Neubau, der nach § 7h EStG grundsätzlich nicht begünstigt ist.

2. Die zuständige Gemeindebehörde entscheidet mit der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG für die Finanzbehörden bindend über die in § 7h Abs. 1 EStG genannten Tatbestandsmerkmale. Dies schließt die Entscheidung der zuständigen Behörde darüber ein, ob ein Neubau in bautechnischem Sinne vorliegt. Die Bescheinigung unterliegt mit Blick auf die bescheinigten Tatbestandsmerkmale des § 7h Abs. 1 EStG weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden; vielmehr handelt es sich hierbei um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheides, an den die Finanzbehörden im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs gebunden sind.

3. Die Frage, wie weit die Bindungswirkung der von der Gemeindebehörde erteilten Bescheinigung im Einzelfall reicht, das heißt welche Sachverhaltselemente sie der städtebaulichen Beurteilung unterzogen hat, hängt aber vom jeweils konkreten Inhalt der Bescheinigung ab, der gegebenenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Entscheidet die Gemeindebehörde über ein Tatbestandsmerkmal nicht abschließend und überlässt sie die Prüfung der Finanzbehörde, so fällt die Entscheidungsbefugnis der Finanzbehörde zu (im Streitfall: ausdrücklich unterbliebene Entscheidung der Gemeindebehörde zur Frage, ob ein Dachgeschossausbau als „Neubau” zu beurteilen ist).

 

Normenkette

EStG § 7h Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2-3, § 10f; BauGB § 177; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.10.2017; Aktenzeichen X R 1/17)

BFH (Urteil vom 10.10.2017; Aktenzeichen X R 1/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Mit Kaufvertrag vom 30.07.2004 erwarb die C. GmbH und Co. KG, später umbenannt in D. GmbH und Co. KG, das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück E.-straße.

Nach Teilung in Wohnungs- und Teileigentum erwarben die Kläger mit Kaufvertrag vom 30.11.2005 die noch zu bildende Eigentumswohnung Nr. 31 im Dachgeschoss mit Bauverpflichtung. Im Zeitraum vom 12.10.2005 bis 22.12.2006 erfolgte die Sanierung des Gebäudes einschließlich der von den Klägern erworbenen Wohnung.

In der am 14.03.2007 beim Beklagten eingegangenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2005 und 2006, die von der D. GmbH & Co. KG eingereicht wurde, wurde für die WE Nr. 31 der Kläger erklärt:

Nr. 31

Anteil in 10.000-stel

Kaufpreis

Anteil Grund und Boden

Anteil Altbausubstanz zzgl. Modernisierung vor Vertragsabschluss

Anteil Sanierungskosten §§ 7h, 10f und 11b

209,23

300.000

45.000

0

255.000

Durch Feststellungsbescheid für 2005 und 2006 vom 15.05.2007, adressiert an die D. GmbH & Co. KG, stellte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung für die Wohnung Nr. 31 erklärungsgemäß fest.

Unter dem Datum vom 17.04.2008 erließ das Bezirksamt F. von Berlin gegenüber den Klägern eine Bescheinigung gemäß § 7h bzw. § 10f Einkommensteuergesetz (EStG). Bestätigt wurde, dass die Anlage in einem durch Rechtsverordnung förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegen sei. An dem Gebäude seien Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 Baugesetzbuch (BauGB) durchgeführt worden, sowie Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes dienen, das wegen seiner städtebaulichen sowie geschichtlichen Bedeutung erhaltenswert sei. Gegenstand der Bescheinigung seien diejenigen Maßnahmen, welche der Einheit Nr. 31 zugeordnet seien.

  1. Die durchgeführten Baumaßnahmen auf Grundlage des Generalübernehmer- bzw. -unternehmervertrages hätten zu anteilig nachgewiesenen begünstigten Bruttobauaufwendungen im Sinne des § 7h bzw. § 10f EStG in Höhe von 41.948,27 EUR geführt. Hingewiesen wurde auf beigefügte Hinweise 1 bis 4.
  2. Weitere Leistungen im Sinne des § 7h bzw. § 10f EStG hätten auf der Grundlage von Einzelrechnungen zu anteilig nachgewiesenen und begünstigten Bruttobauaufwendungen in Höhe von 2.708,73 EUR geführt. Hingewiesen wurde auf beigefügte Hinweise 1, 3 und 4.
  3. Nicht nach § 7h EStG begünstigte Maßnahmen hätten zu weiteren Bruttobauaufwendungen in Höhe von insgesamt 17.320,01 EUR geführt.
  4. Grundsätzlich nicht begünstigte Neubaukosten (Ausbaukosten bedacht) seien in Höhe von 103.826,55 EUR festgestellt ...

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